Schweizer an Obdachlosen-Weltmeisterschaft
Zum dritten Mal findet diesen Sommer die Fussball-Weltmeisterschaft der Obdachlosen statt. Diesmal vom 20. bis 24. Juli im schottischen Edinburgh.
Unter den 27 teilnehmenden Staaten ist auch die Schweiz, mit einer Mannschaft, die durch das Arbeits- und Obdachlosenmagazin «Surprise» unterstützt wird.
Bereits dreimal war die Schweiz dabei an der Obdachlosen-Fussball-Weltmeisterschaft, die dieses Jahr ebenfalls zum dritten Mal stattfindet. Ein Wettkampf, der bereits viele seiner Teilnehmer zu Veränderungen in ihrem Leben motiviert hat.
In einem strikten Auswahlprozedere unter Trainer René Fiechter haben die acht Spieler des Schweizer Teams ihr Können, ihre Fitness und ihr Engagement unter Beweis gestellt.
Vom 20. bis 24. Juli gilt es nun ernst. An der bisher grössten Ausgabe dieses Wettkampfes messen sich 216 Spieler aus 27 Ländern.
Letztes Jahr konnte das Schweizer Team, das unter der Flagge des Obdachlosen-Magazins «Surprise» spielte, zwei Siege einspielen. Dem gegenüber standen aber neun Niederlagen und total 104 Gegentreffer.
Jeder Teilnehmer gewinnt
Doch für Tom Wiederkehr, Koordinator des Teams, stehen Siege nicht im Zentrum. «Jede Person, die an der Obdachlosen-WM teilnimmt, gewinnt etwas im Leben», sagt er. «Das Turnier gibt den Menschen die Energie, ihr Leben zu verändern, oder zumindest die Einsicht, dass sie etwas ändern müssen.»
Verschiedene Faktoren spielten dabei eine Rolle. «Sie sind Mitglieder eines Teams und müssen miteinander und füreinander arbeiten, was ihnen eine neue Art Motivation gibt.»
Weiter müssten sie lernen, die Autorität des Trainers zu akzeptieren. «Viele Leute, die auf der Strasse leben, haben in ihrem Alltag Mühe mit Autoritätspersonen.»
Erfolgsgeschichten
Die Teilnahme bringt vielen mehr als nur etwas Spass und eine Reise ins Ausland. So haben zwei der Spieler von letztem Jahr einen Job gefunden. Der eine als Koch, der andere auf einem Bauernhof. Ein weiterer Teilnehmer schaffte es nach mehreren Jahren, vom Alkohol wegzukommen.
Von den 204 Spielern des letzten Turniers haben 92% gemeldet, dass sie eine neue Motivation für ihr Leben gefunden haben. 38% haben eine Beschäftigung gefunden und 27% konnten ihre Drogenabhängigkeit in den Griff bekommen.
«Ich realisierte, wie gut wir es in der Schweiz haben», erklärte etwa Rael Fiechter vom Schweizer Team in einem Report der Organisatoren.
«Durch die Freundschaft mit dem Team von Namibia hörten wir Geschichten aus ihrem Alltag. Das öffnete mir die Augen für vieles. Nun sehe ich meine Probleme in einem anderen Licht.»
Nur Obdachlose, Asylsuchende ohne Arbeitsbewilligung und Personen, die vom Verkauf von Strassen-Magazinen leben, sind zum Turnier zugelassen. Bei den ersten beiden Wettbewerben war das Schweizer Team jeweils nur durch Magazin-Verkäufer vertreten.
Weltmeisterschaft 2008 in der Schweiz?
Die Organisation in-kick.org (Integration durch Sport), im Herbst 2004 gegründet, koordiniert nun Training und Auswahl für das Nationalteam. Die Spieler kommen aus diversen Mannschaften, welche dieses Jahr an der ersten Schweizer Obdachlosen-Meisterschaft teilgenommen haben.
Dadurch ist der Obdachlosen-Fussball seither auf mehr Interesse gestossen und findet mehr Sponsoren, die das Jahresbudget von in-kick.org über 150’000 Franken berappen.
Die Organisation hat nun ambitiöse Pläne, die WM 2008 in die Schweiz zu holen. Sie würde mit der offiziellen Fussball Europameisterschaft zusammenfallen, die in der Schweiz und Österreich ausgetragen wird.
Doch nun gehört die Bühne den Leuten wie Micheal Omlin, 32, einem der Glücklichen, die es ins Nationalteam geschafft haben. «Fussball lenkt mich von den Schwierigkeiten des Alltags ab», sagt er. «Die Möglichkeit, für das Nationalteam zu spielen freut mich sehr und motiviert mich zugleich.»
swissinfo, Matthew Allen
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)
Die Obdachlosen-WM in Edinburgh ist bereits die dritte. 2003 fand die erste in Graz statt, letztes Jahr in Göteborg.
216 Spieler aus 27 Ländern nehmen teil. Teams aus Kamerun, Nigeria, Sambia Burundi und Kenia haben jedoch von den britischen Behörden keine Visa erhalten.
Trotzdem ist es die bisher grösste Obdachlosen-Weltmeisterschaft.
Spieler müssen Obdachlose, Asylsuchende ohne Arbeitsbewilligung oder Verkäufer von Strassen-Magazinen sein, um sich zu qualifizieren.
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