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Schweizer Engagement für Palästinenser

Palästinensische Kinder sind ständig mit dem Thema Gewalt konfrontiert. Keystone

Der neue Chef des DEZA-Koordinationsbüros für die palästinensischen Gebiete, Mario Carera, bewundert die Stärke der palästinensischen Zivilgesellschaft.

Die Schweiz hilft in Gaza und Westjordanland mit Entwicklungsprogrammen und humanitärer Hilfe.

Stürmischer Arbeitsauftakt: Der neue Chef des Koordinationsbüros für die palästinensischen Gebiete der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Mario Carera trat seine Stelle zehn Tag vor dem Tod von Palästinenserführer Yassir Arafat an.

Trotz der angespannten und kritischen Situation in den besetzten Gebieten überraschte ihn vor allem die Dynamik in der palästinensischen Gesellschaft, wie er in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda sagte.

Seit einigen Jahren fordern weite Kreise im Ausland aber auch in den palästinensischen Autonomiegebieten mehr Transparenz, mehr Demokratie, bessere Regierungsführung. Gemäss Mario Carera wollen die Palästinenser hier nun vorwärts machen.

Carera hat sich seit seiner Ankunft mit verschiedenen Ministern getroffen, unter anderem auch mit dem palästinensischen Arbeitsminister Ghassan el Khatib. Ein Schwerpunkt der DEZA im Gazastreifen und im Westjordanland ist die Verstärkung der beruflichen Ausbildung.

In den palästinensischen Autonomiegebieten sind schätzungsweise 60% der Bevölkerung jünger sein als 20 Jahre. Nach Careras Ansicht ist das palästinensische Schulsystem gut.

Nach dem Verlassen der Schule seien die Jugendlichen zum einen wegen der sehr hohen Arbeitslosigkeit frustriert und zum anderen von der israelischen Besatzung. So trieben die fehlenden Perspektiven viele junge Menschen in die Arme radikalen Bewegungen.

Drohende Verschlechterung

Die Palästinenser erwarteten viel von ihrem zukünftigen Präsidenten. Auch an den Staat Israel knüpfen sie grosse Erwartungen, obwohl sie dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon kein Vertrauen entgegenbrächten, meint Carera.

Und so könnte sich die Situation nach den Wahlen noch weiter verschlechtern, befürchtet er.

Es gebe keinen Ausweg, wenn Israel und die internationale Völkergemeinschaft nicht konkrete Anstrengungen unternähmen, um die Bewegungsfreiheit der Menschen zu verbessern.

Carera zeigte sich nach seinem ersten Monat im Amt über die Organisation und Stärke der palästinensischen Zivilgesellschaft überrascht. Die bisher blockierte Politik könne jedoch mit der gesellschaftlichen Dynamik nicht mithalten. Es fehle den Behörden schlicht an den nötigen Mitteln.

Mehr Transparenz

Um die Arbeit der Behörden transparenter zu machen, unterstützt die Schweiz eine Stiftung, welche Klagen gegen die palästinensischen Behörden aufnimmt und die Bevölkerung über ihre Rechte aufklärt.

Die Schweizer Unterstützung für Gaza und das Westjordanland betragen jährlich 24 Mio. Franken. Sie unterstützt damit unter anderem 25 Entwicklungsprogramme mit 10 Mio. Franken. Der Grossteil der Gelder fliesst jedoch in die humanitäre Hilfe (14 Mio.), vor allem in Erziehungs- und Gesundheitsprogramme.

«Phänomenale psychologische Widerstandsfähigkeit»

Seit dem Ausbruch der zweiten Intifada sind die Aufwendungen für die humanitäre Hilfe stetig gestiegen. Die Arbeitslosenrate bewegt sich nun schon im Bereich von 40 bis 50%, in Gaza sei sie noch höher. Carera sagt, die Bevölkerung halte diesen Schockzustand nur durch eine «phänomenale psychologische Widerstandsfähigkeit» aus.

Die israelische Armee hat die Übergänge nach Gaza abgeriegelt, rund 50 Checkpoints fragmentieren das Westjordanland. Zudem ist mit dem Bau des Sperrwalls das Reisen im Inneren der Gebiete und nach Jerusalem noch schwieriger geworden. Diese «Reisebeschränkungen behindern auch unsere Arbeit», sagt Carera.

Trotz Protest: DEZA bleibt in Ost-Jerusalem

Die Schweizer Präsenz in Ost-Jerusalem war in den letzten Jahren nicht unumstritten. 2001 wurde das Schweizer Verbindungsbüro auf israelischen Druck nach Ramallah verlegt.

Entgegen den israelischen Wünschen ist ein DEZA-Ableger jedoch in der Heiligen Stadt geblieben.

Wahlbeobachter für die besetzten Gebiete

Die Schweiz würde der Europäischen Union für die Präsidentenwahl 14 Wahlbeobachter zur Verfügung stellen. Die EU wird 170 Beobachter stellen. Vier Mitarbeiter würden ein bis zwei Monate vor Ort bleiben, die anderen zehn würden nach den Wahlen wieder in die Schweiz zurückkehren.

Bisher habe Brüssel noch nicht auf das Angebot der Schweiz reagiert.

swissinfo und Agenturen

Einige Schwerpunkte der Entwicklungs-Zusammenarbeit:

– Unterstützung des Berufsbildungssystems

– Förderung eines Programms für internationale Beziehungen an der Uni Bir Zeit.

– Wiedereingliederung ehemaliger politischer Gefangener

– Unterstützung von Kindern und Jugendlichen

– Beiträge zum Aufbau einer pluralistischen Gesellschaft

– Bekämpfung der Desertifikation und Umweltschutz.

– Beiträge an die UN-Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sowie an verschiedene Nicht-Regierungs-Organisationen.

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