Schweizer für Sterbehilfe und gegen Sterbetourismus
Laut Umfragen verschiedener Sonntagszeitungen stösst die Sterbehilfe in der Schweiz mehrheitlich auf Zustimmung.
Eine Mehrheit der Befragten spricht sich jedoch gegen Sterbetourismus aus.
Die Forschungs-Institute Demoscope und Isopublic haben Anfang Oktober unabhängig voneinander Umfragen bei je 500 Personen durchgeführt.
Gemäss Demoscope sind nur gerade 15% der Ansicht, dass Sterbehilfe in der Schweiz grundsätzlich verboten sein soll, 27% sind grundsätzlich dafür.
Die Mehrheit von 53% ist aber nur für Sterbehilfe, wenn eine ausweglose gesundheitliche Lage besteht. Für sich selbst würden 54% diese Dienste in Anspruch nehmen, wie beide Umfragen belegen.
Und immerhin 45% der Befragten würden laut Isopublic auch Nahestehende entscheiden lassen, wenn die Betroffenen dazu nicht mehr fähig sind.
Bei der Frage, ob Ausländer zum Sterben in die Schweiz kommen sollen, ist die Haltung kritischer. So lehnen in der Demoscope-Umfrage 54% der Befragten den Sterbetourismus ab.
Die Isopublic-Erhebung zeigt für die Deutschschweiz eine 49% Ablehnung, während knapp 46% dafür sind.
Westschweiz positiver eingestellt
In der Westschweiz dagegen wird Sterbetourismus von über 56% der Befragten befürwortet, während nur knapp 37% dagegen sind.
Nach den Diskussionen über die Sterbewohnungen der von Ludwig A. Minelli gegründete Organisation Dignitas fragte Isopublic auch nach dem bevorzugten Ort für den Freitod.
Dabei sprachen sich knapp 63% für die Wohnung des Sterbewilligen aus. 46% würden die Liegenschaft einer Sterbehilfeorganisation wählen, aber möglichst auf dem Lande und ohne direkte Nachbarn.
Der Sterbehilfe-Verein Dignitas sucht in der Stadt Zürich und in der Region seit Tagen nach Lokalitäten, wo er seine Aktivitäten ausüben kann. Dignitas begleitet vor allem Ausländer in den Freitod.
Blocher: gesetzlicher Rahmen reicht
Anwohner und Gemeinden wehren sich gegen die Sterbewohnungen. Exit, die andere Sterbehilfe-Organisation in der Schweiz, kennt das Problem der Wohnungssuche nicht.
Die Leute, die sie in den Freitod begleitet, wohnen nicht im Ausland, sondern in der Schweiz. Sie werden entweder bei sich zu Hause oder in Altersheimen in den Tod begleitet. In der Stadt Zürich zum Beispiel ist dies erlaubt.
Um dem «Sterbe-Tourismus» in die Schweiz, der sich aus dem Verbot in Deutschland und andern Ländern ergibt, Einhalt zu gebieten, fordern die Zürcher seit langem ein (landesweit gültiges) Bundesgesetz.
Doch laut dem Schweizer Justizminister Christoph Blocher ist der bestehende gesetzliche Rahmen ausreichend.
swissinfo und Agenturen
Schweiz: Sehr liberale Praxis. Passive Euthanasie (Einstellen einer Therapie, Abstellen von Maschinen) nicht strafbar.
Aktive Euthanasie gilt als Tötung und ist strafbar.
Deutschland: Suizidbeihilfe ist Ärzten untersagt.
Frankreich: Passive Euthanasie ist Ärzten und Angehörigen künftig erlaubt. Aktive Euthanasie aber weiterhin verboten.
Italien: Weder aktive noch passive Sterbehilfe sind erlaubt.
Niederlande und Belgien: Aktive Euthanasie ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt.
England: Restriktivste Regelung in Europa. Sterbehilfe ist gesetzlich nicht vorgesehen («Sterbetourismus»).
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