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Schweizer Hilfe in Libanon vor grossen Problemen

Libanesin wartet in Tyrus mit ihrem Kind darauf, evakuiert zu werden. Keystone

Die Verteilung der notwendigsten Hilfsgüter und Medikamente in Libanon funktioniert nur schleppend, und die Unterbringung der Flüchtlinge gestaltet sich schwierig.

Besonders dramatisch ist die Lage im Süden des Landes. Die anhaltenden schweren Kämpfe machen die Verteilung der Hilfsgüter äusserst schwierig.

«Libanon befindet sich in einem humanitären Notstand», sagt Roland Huguenin, Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Tyrus, gegenüber swissinfo. Fast eine Million Menschen, also ein Viertel der Bevölkerung, sei durch den Krieg vertrieben worden.

«Es ist eine Katastrophe jenseits des Vorstellbaren. Um all diesen Leuten helfen zu können, müssten wir überall gleichzeitig sein», so Huguenin weiter.

«Die Lage bleibt sehr unsicher und der Konflikt kann noch länger andauern – das erschwert die Hilfe für die Vertriebenen enorm», erklärte Toni Frisch, der Chef des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH).

Die Schweiz hat vorgeschlagen, die Flüchtlinge gemäss dem Konzept «Cash for Shelter» (Bargeld für Unterkunft) bei anderen Familien unterzubringen. Die libanesische Regierung sei an diesem Ansatz interessiert, sagte Frisch. Ein Pilotprojekt solle in einer oder zwei Wochen starten.

Zeltlager bei Beirut

«Cash for Shelter» hat den Vorteil, dass Zehntausende Menschen relativ günstig und ohne Materialverlust ein Obdach erhalten», erklärte der SKH-Chef. Ein weiterer Vorteil sei, dass keine Zelte besetzt würden, die im zerstörten Süden Libanons gefragt seien.

Gemeinsam mit den libanesischen Behörden evaluiert die Schweiz zurzeit jedoch Plätze für Zeltlager in der Gegend der Hauptstadt Beirut. Ein erstes Lager für rund 100 Familien wurde bei einem Fussballstadion erstellt.

In Zusammenarbeit mit den Behörden sollen weitere Camps in der Umgebung von Beirut entstehen, für die geeignete Plätze bereits ausgemacht wurden.

Weiter soll am kommenden Samstag eine erste Hilfslieferung an die Gebirgsregion Chouf erfolgen, wo tausende Vertriebene Schutz suchen. Untergebracht bei Familien oder in Schulen sollen sie mit Matratzen, Wolldecken, Hygieneartikeln und weiterem aus lokalen Märkten versorgt werden.

Besonders dramatische Situation in Südlibanon

Im Süden des Landes, in der Region um Tyrus, hat die Bevölkerungszahl laut dem IKRK-Sprecher Huguenin radikal abgenommen. «Wenn die Luftangriffe für 48 Stunden aufgehoben wurden, ergriffen die Leute die Chance, so schnell wie möglich zu fliehen.»

Somit seien in Tyrus selbst nur noch 25’000 Menschen und in der Region 100’000 zurück geblieben.

«Für diese stellen wir weiterhin Konvoys zur Verfügung, um Nahrungsmittel und Treibstoff für Generatoren zu verteilen», sagt Huguenin. «In Tyrus sind praktisch alle Geschäfte geschlossen, die Stadt ist buchstäblich im Belagerungszustand.»

Am Donnerstag hat der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz die Armee aufgerufen, sich für einen möglichen Vorstoss bis zum libanesischen Fluss Litani vorzubereiten, im so ganz Südlibanon unter israelische Kontrolle zu bringen.

swissinfo und Agenturen

Seit Beginn des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah am 12. Juli hat die Schweiz dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) 5,2 Mio. Franken für dessen Hilfe im Krisengebiet zur Verfügung gestellt.

Ausserdem schickte Bern 800 Kilo Medikamente und 7 Tonnen Hilfsgüter nach Libanon. Weiteres Material erstand das SKH vor Ort. Rund zehn Personen sind für das Hilfskorps im Einsatz.

Seit dem Beginn des Konflikts sind insgesamt 920 Schweizerinnen und Schweizer aus Libanon evakuiert worden. 15 Personen haben das Land am Donnerstag verlassen. Es handelt sich dabei um die letzte Evakuierungsaktion für Schweizer.

Die Schweiz unterstützt ausserdem die Abklärungen des UNO-Umweltprogramms (UNEP) über die Umweltschäden, die nach dem Beschuss eines Öllagers südlich von Beirut an der libanesischen Küste entstanden sind.

Israel hatte seine Angriffe gegen Südlibanon nach der Entführung von zwei israelischen Soldaten durch die Hisbollah und als Reaktion auf Raketenbeschuss der schiitischen Miliz ins Gebiet des jüdischen Staates begonnen.

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