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Schweizer Ski-Feuerwerk auch am Lauberhorn?

Der Eiger und der Rennfahrer: Ambrosi Hoffmann im Dienstags-Training. Keystone

Mit einem Doppelsieg sind die Schweizer Skifahrer am letzten Samstag in Adelboden zur Berner Oberländer Weltcup-Woche gestartet. Am Lauberhorn in Wengen wollen sie nachdoppeln.

Cheftrainer Martin Rufener zieht vor dem Heimauftritt eine «phantastische» Saison-Zwischenbilanz. Er machte aus den Buhmännern von 2005 die Skihelden von heute.

Knapp drei Jahre ist’s her, seit die Schweizer Skirennfahrer ganz unten waren: Als Versager der Nation, ohne eine einzige Medaille kehrten sie von den Weltmeisterschaften aus Bormio zurück.

Doch im Sport wendet sich das Blatt zuweilen rasch. Zum Glück für die Fahrer, die Fans und das Wintersportland Schweiz: Nach gut einem Drittel dieses Weltcup-Winters sind die Schweizer schon elfmal auf dem Podest gestanden, fünfmal gar als Sieger.

Riesen-Feuerwerk

Den jüngsten Grosserfolg verbuchten Marc Berthod und Daniel Albrecht am letzten Samstag beim Riesenslalom von Adelboden. Mit ihrem Doppelsieg verzückten die Schweizer «Ski-Zwillinge» – beide mit 1983er-Jahrgang – 23’000 Fans vor Ort und Hunderttausende vor dem Fernseher.

Der Mann, der die Wende einleitete, ist Herren-Cheftrainer Martin Rufener. «Wir hatten einen phantastischen Saisonstart», bilanziert der Berner Oberländer aus Unterseen gegenüber swissinfo.

Aus heiterem Himmel

Die Erfolge bei den Auftakt-Rennen in Übersee setzte der Bündner Marc Gini in Europa fort: mit seinem sensationellen Sieg Anfang November im Slalom auf der österreichischen Reiteralm.

Rufener, der im Februar 49 Jahre alt wird, bezeichnet Ginis Coup als weiteren Durchbruch nach den sechs Schweizer Medaillen an der WM 2007 in Are. «Er zeigt, dass wir nicht nur einen oder zwei Siegfahrer haben, sondern mehrere, und in verschiedenen Disziplinen.»

Doch trotz breiterer Spitze macht sich der Cheftrainer keine Illusionen. «Im Vergleich mit Österreich ist sie immer noch schmal», relativiert Rufener. Weiteres Handicap: «Unsere zweite Garde ist zu weit von der Spitze weg.»

Herausforderung angenommen

Der Chefcoach hatte nach Wanderjahren als Trainer in den USA und in Kanada im Berner Oberland in der Helikopterbranche Fuss gefasst. Weil sein Herz aber nach wie vor für den Skisport schlug, reizte ihn 2004 die Herausforderung, das verlorene Schweizer Häufchen zu einem Siegerteam zu formieren.

«Trotz der Talfahrt hatten Bruno Kernen, Didier Cuche, Didier Defago, Ambrosi Hoffmann und Silvan Zurbriggen das Zeug zu Höchstleistungen,» lautete Rufeners damalige Analyse. Er sollte Recht behalten.

Eingeschliffenes Team

Zentraler Baustein seiner Arbeit ist die Kontinuität, namentlich im Betreuer-Team. «Wir stehen gemeinsam in der vierten Saison, das heisst intensiverer und individuellerer Kontakt zwischen Athlet und Betreuer.»

Darauf kommt es insbesondere in der Vorbereitungsphase an. Rufener: «Wir konnten Defizite der Fahrer genau orten und gezielt an der Behebung arbeiten.»

Strategisch geschickt war auch seine Einteilung der Fahrer in drei Trainingsgruppen. Gab’s vormals zwei zu grosse Gruppen, trainieren die Fahrer jetzt in einer Kombinierer-Gruppe um Didier Cuche, im jungen Techniker-Team mit Albrecht, Berthod und Gini sowie in der Abfahrtsgruppe um Ambrosi Hoffmann und Tobias Grünenfelder.

Vorteil der neuen Struktur neben der spezifischeren Betreuung: die grössere interne Konkurrenz.

Gute Kombi-Chancen

In der Abfahrt, der traditionellen Paradedisziplin, siegte heuer noch kein Schweizer. Ein Triumph im neu auf Sonntag angesetzten Klassiker käme trotz guten Trainingsleistungen von Cuche überraschend.

Sieges-Chancen bestehen dagegen in der Super-Kombination vom Freitag, die aus einer verkürzten Abfahrt und einem Slalom-Lauf besteht. Kombinations-Weltmeister Albrecht und der WM-Dritte Berthod zählen zum Favoritenkreis. Im auf Samstag vorgezogenen Slalom ruhen die Hoffnungen auf Marc Gini.

Perspektive Gesamtweltcup

Auch wenn für Rufener und sein Betreuerteam der Heimauftritt in Wengen im Vordergrund steht, hat der Coach stets die Zukunft vor Augen. In den nächsten drei Wintern stehen drei Grossanlässe an, zwei Weltmeisterschaften und die Olympischen Spiele 2010 in Vancouver.

Und dann gibt es noch den Weltcup. Rufener, der das Potenzial seiner Fahrer genau kennt, hält einen Sieg in der Gesamtwertung für möglich. «Vielleicht in zwei Jahren», sagt er.

Vielleicht weiss Martin Rufener insgeheim auch schon, ob der Sieger der grossen Kristallkugel dann Daniel Albrecht oder Marc Berthod heissen wird.

swissinfo, Renat Künzi

Das Lauberhorn-Programm:

Freitag: Super-Kombination mit Abfahrt (Start 10.30) und Slalom (13.30).

Samstag: Slalom (1. Lauf 9.45, 2. Lauf 12.30).

Sonntag: Abfahrt (13.00).

Cheftrainer Martin Rufener formierte die Schweizer Skirennfahrer wieder zu einem Siegerteam.

An den Weltmeisterschaften 2005 in Bormio gewannen die Männer (wie die Frauen) keine Medaille.

Es war eine der grössten Niederlagen der Ski-Nation Schweiz. Derweil räumten die Österreicher mit 13 Medaillen ab.

An den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin zeigte die Formkurve mit drei Medaillen wieder aufwärts.

Die «Wiederauferstehung» folgte im Februar 2007 an der WM in Are: Die Schweiz gewann sechs Medaillen. Nur Österreich (9 Medaillen) und Schweden (7) lagen vor ihr.

Die Lauberhorn-Abfahrt ist zusammen mit der Streif in Kitzbühel der Klassiker des Skirennsports.

Der Status ist vergleichbar mit Wimbledon (Tennis), Monte Carlo (Formel 1) und Paris-Roubaix (Rad).

Die Abfahrt vor der Kulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau ist ein wichtiger Motor für den Tourismus im Berner Oberland.

Dank der TV-Übertragung präsentiert sich die Jungfrau-Region einem internationalen Publikum als Ski- und Feriendestination.

2007 war das Lauberhorn-Rennen mit über einer Million Zuschauer und einer Einschaltquote von 80% die meistgesehene Sportsendung am Schweizer Fernsehen.

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