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Schweizer Soldaten für Stabilität in Bosnien

SFOR wird zur EUFOR: Die EU übernimmt die Leitung der Friedensmission in Bosnien. Keystone

Die EU hat am Donnerstag das Kommando über die Friedenstruppe in Bosnien übernommen, an der sich 11 Länder beteiligen, unter ihnen auch die Schweiz.

Der Einsatz von Schweizer Soldaten an der internationalen Friedensmission «Althea» ist vor allem in rechtsbürgerlichen Kreisen stark umstritten.

Der Übergang des SFOR-Militäreinsatzes der NATO in Bosnien-Herzegowina auf die EU und ihre EUFOR-Truppe soll möglichst «reibungslos» verlaufen. Mit Ausnahme geänderter Abzeichen werde es keine Unterschiede geben, hatte der EUFOR-Oberkommandierende General John Reith im Vorfeld des Kommandowechsels erklärt.

Der Oberkommandierende der EUFOR heisst David Leakey. Insgesamt 22 EU-Staaten sowie 11 Nicht-EU-Länder stellen etwa 7000 Soldaten, um den bisherigen SFOR-Einsatz zunächst in gleicher Grösse weiterzuführen. Zu den Nicht-EU-Staaten in der EUFOR-Truppe gehört auch die Schweiz.

Eine der Aufgaben des «Althea» getauften EU-Einsatzes sei, Bosnien-Herzegowina näher an die EU heranzuführen, sagte EU-Ministerrat Pieter Feith.

Dazu bedürfe es allerdings einer besseren Kooperation der Behörden mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, machte Feith vor allem in Richtung der serbischen Teilrepublik klar.

Ziel sei es, den Einsatz stärker auf zivile Aufgaben auszurichten. Dafür sei ein Zeitraum von drei Jahren vorstellbar.

Umstrittener Militäreinsatz

Während die Mission in der EU unumstritten ist, wird das Projekt in der Schweiz vor allem von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) kritisiert.

Verteidigt wird es dagegen auf diplomatischer Ebene. Benedikt Wechsel, Schweizer Diplomat bei der EU spricht von einer «Volks-Legitimität»: Das Schweizer Stimmvolk habe bewaffneten Einsätzen im Ausland zugestimmt. Auch die Armee XXI, bei der solche Aktionen vorgesehen sind, sei akzeptiert worden.

Für den abgetretenen Chef der Schweizer Mission in Brüssel, Dante Martinelli, stand fest: Die Sicherheit der Schweiz, im «weitesten Sinne», wird auch in Sarajevo verteidigt. Durch ihre Anwesenheit auf dem Balkan wolle die Schweiz jeglichen Flächenbrand vermeiden, der sich bis in die Schweiz ausbreiten könnte.

Doppelte Premiere

Diese Sicherheits-Doktrin tritt mit der EU-Mission «Althea» in eine neue Phase. Zum ersten Mal stehen Schweizer Soldaten unter der EU-Flagge, während die EU ihrerseits in Bosnien-Herzegowina erstmals eine so grosse friedenserhaltende Operation verwirklicht.

Denn die Einsätze in Mazedonien und im Kongo waren kleiner. Die Truppenzahl in Bosnien-Herzegowina soll gleich bleiben wie bisher bei der SFOR: 7000 Soldatinnen und Soldaten.

Die Schweiz schickt voraussichtlich bis zu zwanzig Soldaten nach Bosnien. Dabei hat sie auch ihre eigenen Interessen im Auge.

Bleibt es in Bosnien ruhig, kann die Schweiz weiterhin Flüchtlinge zurückschaffen. Zudem kann sie eine neuerliche Krise zu vermeiden helfen, bei der wiederum viele Leute flüchten müssten.

Kritik der SVP

Diese Politik der Militäreinsätze vor Ort wird in der Schweiz vor allem von der SVP abgelehnt. Diese Zusammenarbeit koste zwar etwas, bringe aber nichts, erklärt der Zürcher SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer.

«Wir sind zwar vor Ort, haben aber nicht die geringste politische Perspektive» wie die Krise gemeistert werden könnte, sagt Schlüer. Das Argument der Stabilität lässt er auch nicht gelten. Er fragt zurück, was Stabilität denn heisse, «wenn man vor Ort ist und der Vollendung der ethnischen Säuberungen zuschaut»?

swissinfo und Agenturen

Der Bundesrat bewilligte der EU-Truppe in Bosnien ein maximales Kontingent von 20 Schweizer Soldaten und Offizieren.
In der serbischen Provinz Kosovo sind bis zu 220 bewaffnete Freiwillige aus der Schweiz stationiert.
Einsätze von Schweizer Stabsoffizieren und Militärbeobachtern im Ausland gab es bisher im Nahen Osten, Kongo, in Georgien, Äthiopien, Eritrea und Afghanistan.

Die Schweiz steht im Balkan nicht zum ersten Mal im Einsatz.
Seit 1999 gehört sie zum internationalen Kontingent der KFOR in Kosovo (Swisscoy).
In Mazedonien beteiligen sich drei Schweizer Polizisten an einer Polizeioperation der EU.
Von 1996 bis 2000 unterstützten die Schweizer «Gelbmützen» die NATO in Bosnien.
2001 stimmte das Schweizer Volk bewaffneten Auslandeinsätzen von Schweizer Soldaten zu.

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