Schweizer von Korruption stark betroffen
Schweizerinnen und Schweizer fühlen sich sowohl in Beruf als auch in der Politik stark von korrupten Machenschaften betroffen.
Dies zeigt ein neuer Korruptionsindex der Organisation Transparency International. Die Schweizer Sektion bezeichnete die Resultate als überraschend.
Die im weltweiten Kampf gegen die Korruption engagierte Transparency International (TI) veröffentlichte am Donnerstag erstmals ein so genanntes «Global Corruption Barometer», das die Wahrnehmung der Korruption in 47 Ländern misst und vergleicht. Das Barometer beruht auf einer Gallup-Umfrage im Jahre 2002.
Korrupte Politik, korrupte Geschäftswelt
72,9% der Schweizer Befragten glauben demnach, dass die Korruption in ihrem Privat- und Familienleben keine bedeutende Rolle spielt.
Über 86% sagten aber gleichzeitig aus, dass die Geschäftswelt in der Schweiz bedeutend oder sehr bedeutend von der Korruption betroffen sei.
Und fast 80% der Befragten fanden, dass die Korruption auch im politischen Leben in der Schweiz eine bedeutende oder sehr bedeutende Rolle spiele.
Zunahme der Korruption erwartet
Die Politik wurde zudem bei einer weiteren Frage in den Vordergrund gerückt: Nach jener Institution befragt, die sie mit einem Zauberstab in erster Linie von der Korruption befreien möchten, nannten die Befragten die politischen Parteien mit 23% klar am häufigsten. Es folgten mit 13,6% das Gesundheitswesen und mit 11,5% das Einwanderungs- und Passwesen.
Gut vier Fünftel der Befragten äusserten ausserdem die Auffassung, dass die Korruption in der Schweiz in den nächsten drei Jahren gleich bleiben oder sogar zunehmen werde.
Vertiefung der Ergebnisse geplant
«Das Resultat ist sehr überraschend», erklärt Philippe Lévy, Präsident der Schweizer der TI-Sektion, gegenüber swissinfo. Besonders die Wahrnehmung der Korruption in der Politik, sei für ein Land wie die Schweiz aussergewöhnlich.
Er wolle die Seriosität der Umfrage nicht in Zweifel stellen. Doch wolle man das Ergebnis vertieft untersuchen. Vor allem auch, was die Einschätzung über korrupte Praktiken bei den Parteien und in der Politik betreffe.
«Noch vor 10 Jahren hätten die Leute gesagt, es gibt keine Korruption in der Schweiz.» Was sich in den letzten Jahren verändert habe, sei wohl mehr das Bewusstsein, dass es Korruption gebe, als das politische Leben selbst. Massgeblich zu diesem Bewusstseinswandel beigetragen habe die Berichterstattung der Medien.
Keine korruptionsfreie Zone
Der Präsident und Gründer der weltweiten Organisation, der Deutsche Peter Eigen, bezeichnete das Gesamtergebnis als klare Botschaft an die politischen Führer, dass sie das Vertrauen im einfachen Volk zurückgewinnen müssten.
Keine korruptionsfreie Zone
Schon die früheren Umfragen von Transparency International zeigten, dass die Schweiz keine korruptionsfreie Zone ist. Im letztjährigen «Corruption Perceptions Index 2002» (CPI) rangierte die Schweiz zusammen mit Norwegen auf dem zwölften Platz.
Die ersten Plätze belegten Finnland, Dänemark, Neuseeland und Island.
swissinfo und Agenturen
Korruption spielt bedeutende Rolle:
Schweiz:
Privat- und Familienleben: 27%
Geschäftswelt: 86%
Politik: 80%
Deutschland:
Privat- und Familienleben: 24%
Geschäftswelt: 84%
Politik: 89%
Österreich:
Privat- und Familienleben: 34%
Geschäftswelt: 79%
Politik: 88%
Italien:
Privat- und Familienleben: 44%
Geschäftswelt: 92%
Politik: 95%
Das Global Corruption Barometer 2003 ist nach dem Corruption Perceptions Index (CPI), dem Bribe Payers Index (BPI) und dem Global Corruption Report das neueste von TI entwickelte Instrument, mit welchem sich die Korruptions-Wahrnehmung in verschiedenen Ländern messen und vergleichen lässt.
Die Daten für das Global Corruption Barometer 2003 stammen aus einer Befragung von über 40’000 Personen in 47 Ländern, die Gallup International im Auftrag von TI im Jahr 2002 durchführte.
In der Schweiz wurde die Befragung vom Institut Isopublic bei 490 Personen durchgeführt.
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