Schweizer von US-Soldaten im Irak erschossen
Bern hat die USA aufgefordert, den Tod des schweizerisch-irakischen Doppelbürgers aufzuklären, der am Dienstag in Bagdad erschossen worden war.
Bei dem Opfer handelt es sich um den Genfer Sozialdemokraten und Akademiker Salah Jmor. Er hatte sich aktiv für die Kurden im Irak engagiert.
Jmor war in den Irak gereist, um seinen Bruder und seinen Vater zu besuchen. «Laut der Familie fuhren die beiden Brüder am Dienstag in einem angemeldeten Fahrzeug nach Bagdad», sagte Ivo Sieber, Sprecher des Eidg. Departementes für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Samstag. Als sie einen US-Konvoi mit drei Fahrzeugen passierten, hätten die US-Soldaten das Feuer eröffnet.
Mord oder Irrtum?
Verwandte des Verstorbenen sprachen am Samstagabend gegenüber der Tagesschau des Westschweizer Fernsehens TSR von einem «Mord». «Ein US-Scharfschütze hat unseren Angehörigen ins Visier genommen», erklärte ein Cousin.
Die Westschweizer Zeitungen «24 Heures» und «La Tribune de Genève» beriefen sich auf einen Informanten im Irak und schrieben von «Querschüssen». Eine amerikanische Soldatin habe den Schweizer versehentlich getötet.
Appell an die USA
Aussenministerin Micheline Calmy-Rey zeigte sich vom Tod ihres Genfer Parteifreundes betroffen. Sie erwarte, dass die Vereinigten Staaten den Vorfall gründlich untersuchten, erklärte Calmy-Rey gegenüber dem Westschweizer Radio RSR.
Das Verbindungsbüro der Schweiz in Bagdad hat sich laut Sieber mit dem irakischen Aussenministerium in Verbindung gesetzt, um eine Kopie des Polizeirapports zu erhalten. Die US-Botschaft in Bagdad sei aufgefordert worden, eine Untersuchung zu eröffnen.
Die US-Botschaft in Bern habe reagiert und ihr Bedauern über den Vorfall ausgedrückt. Ferner sicherten sowohl die Botschaft als auch das US-Verteidigungsministerium ihre Kooperation mit den Schweizer Behörden zu.
Politisch engagiert im Irak
Der Verstorbene war vor 25 Jahren als irakisch-kurdischer Flüchtling in die Schweiz gekommen. Nach Angaben der Genfer Sozialisten war der Mann seit fünf Jahren SP-Mitglied und hatte im März 2003 erfolglos an den Gemeindewahlen im Genfer Vorort Lancy teilgenommen.
Der promovierte Politologe soll sich seit dem Sturz von Saddam Hussein stark für die Sache der Kurden im Irak eingesetzt haben. Nach Informationen der «NZZ am Sonntag» war er von der Demokratischen Partei Kurdistans als Handelsminister für die teilautonome Regierung der kurdischen Gebiete im Irak vorgeschlagen gewesen. Nach Agaben von Dilschad Barsani, dem Bruders des irakisch-kurdischen Präsidenten, hätte er das Amt in ein bis zwei Wochen antreten sollen.
swissinfo und Agenturen
Salah Jmor, ursprünglich irakischer Kurde, lebte seit 25 Jahren in der Schweiz.
Er hatte am Genfer Hochschulinstitut für internationale Studien mit einer Doktorarbeit über die Kurden-Frage im Irak promoviert.
Seit fünf Jahren war er Mitglied der Genfer Sozialdemokratischen Partei (SP).
Unter anderem publizierte er wichtige politische Abhandlungen wie der «Der Ursprung der Kurden-Frage» und «Die Kurdistan-Affäre in den internationalen Beziehungen 1914- 1925» – nur in Französisch.
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