Sextouristen in Thailand härter anpacken
Die Schweiz will einen Polizeioffizier in Thailand stationieren. Dieser wird eng mit den Polizeibehörden des Landes zusammenarbeiten.
Damit soll der Sextourismus und insbesondere die Pädophilie der zahlreichen Schweizer in Thailand effizienter bekämpft werden.
Die Schweiz kann mit dem revidierten Strafgesetzbuch den Sextourismus künftig besser bekämpfen. Im Vordergrund steht dabei die Pädo-Kriminalität, namentlich in Thailand. Dazu wird dort ein Verbindungsoffizier stationiert.
Die Schweizer Behörden bereiten sich vor, einen Polizeiattaché nach Bangkok zu entsenden. Bis zum Einsatzbeginn im Herbst 2003 werde der Experte noch ausgebildet, erklärt der im Bundesamt für Polizei (fedpol.ch) für die Attachés Zuständige Markus Klauenbösch.
Vereinfachte Verfolgung
Die eben im Parlament bereinigte Revision des Strafgesetzbuches wird die Verfolgung von Sexualdelikten im Ausland vereinfachen. So erlaubt ein neuer Artikel die Anwendung des Schweizer Rechts bei pädophilen Praktiken, auch wenn dies im betreffenden Land nicht strafbar sein sollte.
Der Verbindungsoffizier soll vor allem dazu beitragen, den Informationsaustausch zwischen den Schweizer Polizeistellen und jenen Thailands zu verbessern. Für Asien wird er der erste Verbindungsoffizier sein.
Die zahlreichen Schweizer in Thailand sowie das vorherrschende Drogenproblem in diesem Land hätten zum Entscheid geführt, einen Polizeiattaché dorthin zu schicken, heisst es beim Bundesamt für Polizei. Die Schweiz hat bereits fünf Verbindungsoffiziere in Europa und den USA.
Direktere Zusammenarbeit
Der Experte in Asien wird die Arbeit übernehmen, für welche bisher Interpol zuständig war. Der Umweg über die internationale Behörde habe zu viel Zeit in Anspruch genommen, sagt Klauenbösch.
Die Präsenz vor Ort sollte die Verfahren voran bringen, da der Attaché über Informationen aus erster Hand verfügen wird. Klauenbösch schloss nicht aus, dass die Zahl der Strafverfahren gegen Schweizer wegen Sexualdelikten im Ausland steigen könnte.
Beziehungsnetz
Die Co-Leiterin Kinderschutz Schweiz, Katrin Hartmann, zeigte sich «sehr erfreut» über die Schweizer Pläne. Der Polizeiattaché könne sich ein Beziehungsnetz mit lokalen Polizisten und Dolmetschern aufbauen. Auch werde es einfacher sein, Anklage zu erheben, ist sie überzeugt.
Auch wenn die Schweizer Polizei wisse, dass jemand der Pädophilie verdächtigt werde, sei es heute oft schwierig, von hier aus eine Untersuchung zu führen.
Dafür seien auch technische Probleme verantwortlich, etwa der Mangel an Übersetzern sowie Faxe oder E-Mails, die nicht eintreffen würden.
Vertrauensperson für beide Seiten
Die thailändische Polizei gebe ihre Informationen nicht an jeden beliebigen Schweizer Kollegen am anderen Ende der Telefonlinie weiter, erläutert Klauenbösch die Ausgangslage.
Mit dem neuen Verbindungsoffizier verfügen beide Seiten über eine Vertrauensperson. Das Bundesamt für Polizei strebt langfristig sogar einen Austausch von Polizeibeamten an.
Freie Wahl der Gesprächspartner
Auf die Frage, ob die weitverbreitete Korruption die Arbeit des Schweizer Experten beeinträchtigen könnte, verwies Klauenbösch auf andere ausländische Verbindungsleute in Thailand. Deren Arbeit zeuge von einer wirkungsvollen Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei.
Der Schweizer Polizeiattaché könne seine Gesprächspartner frei wählen, fügte Klauenbösch an. Katrin Hartmann vom Kinderschutz Schweiz schränkt aber ein, viele Pädophile entgingen einer Festnahme, da sich das Schweigen der Polizei leicht kaufen lasse.
Sie hält den thailändischen Behörden jedoch zu Gute, das Problem der sexuellen Ausbeutung von Kindern erkannt zu haben. Daher verlagere sich die Pädophilie nach Kambodscha und Laos.
Vorrang für Schweizer Recht
Ein Schweizer, der im Ausland ein Sexualdelikt wie Pädophilie begangen hat, kann schon heute von der Schweiz strafrechtlich verfolgt werden. Die Revision des Strafgesetzbuches (StGB) will die bisherige Praxis verschärfen.
Mit Artikel 6 des StGB können Schweizerinnen und Schweizer heute für im Ausland begangene Delikte in der Schweiz verurteilt werden. Allerdings gibt es Einschränkungen.
Das Vergehen muss in beiden Ländern strafbar sein, was etwa bei Pädophilie auf Thailand und die Schweiz zutrifft. Und das Gesetz des anderen Staates muss zur Anwendung kommen, wenn es für den Beschuldigten vorteilhafter ist.
Dies soll sich nun ändern. Der neue Artikel 5 des revidierten Strafgesetzbuches gibt dem Schweizer Recht den Vorrang. Alle im Ausland straffällig gewordenen Schweizer können künftig nach Schweizer Gesetzen verfolgt werden. Dies gilt auch für den Fall, wenn das Vergehen im betreffenden Land nicht strafbar ist.
Unabhängig von seiner Nationalität oder seinem Hauptwohnsitz kann ferner ein Delinquent verfolgt werden, sobald er Schweizer Hoheitsgebiet betritt.
Schwierige Umstände
Das Bundesamt für Justiz (BJ) weist jedoch darauf hin, dass es sehr schwierig sei, von der Schweiz aus Strafverfahren einzuleiten. Dazu müsse sich jemand vor Ort begeben und dort Beweise sammeln sowie Gespräche führen, erläutert BJ-Sprecher Folco Galli.
Wenn ein Land ein Verfahren aufnehme, ziehen es die Schweizer Behörden in der Regel vor, dem anderen den Vortritt zu lassen. Die Schweiz wird erst aktiv, wenn der ausländische Staat auf ein Verfahren verzichtet, wie Galli erklärt.
Nach seinen Aussagen ziehen es etliche Nichtregierungs-Organisationen vor, dass Pädo-Kriminelle im Land verfolgt werden, wo sie die Taten begingen.
Dies habe eine abschreckende Wirkung. Die prekären Haftbedingungen in den oft armen Ländern könnten Sextouristen entmutigen.
Spitze des Eisbergs
Im Jahr 2000 wurden in der Schweiz acht Verfahren wegen Pädophilie im Ausland eröffnet, wie Katrin Hartmann ausführt. Dies ist ihrer Meinung nach nur die Spitze des Eisbergs.
swissinfo und Agenturen
Die Schweiz erhält mit dem revidierten Strafgesetzbuch eine griffigere Handhabe zur Bekämpfung des Sextourismus.
Für die von Schweizern im Ausland begangenen Sexualdelikte, hauptsächlich im Bereich der Pädo-Kriminalität, soll das Schweizer Recht angewendet werden, auch wenn dies im betreffenden Land nicht strafbar sein sollte.
In Thailand soll ab Herbst 2003 ein Verbindungsoffizier die Arbeit zwischen der örtlichen und der Schweizer Polizei vereinfachen.
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