Slobodan Milosevic ist tot
Jugoslawiens Ex-Präsident Slobodan Milosevic ist tot in seiner Zelle aufgefunden worden, wie das UNO-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag mitteilte.
Milosevic wurde 64 Jahre alt. Er litt an Herzproblemen und Bluthochdruck.
Der frühere jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic ist im Gefängnis des UNO-Kriegsverbrechertribunals in Scheveningen bei Den Haag gestorben. Das Tribunal bestätigte entsprechende serbische Medienberichte.
Zuvor hatte der Belgrader Radiosender B92 unter Berufung auf inoffizielle Kreise berichtet, Milosevic sei am Samstag leblos im seiner Zelle aufgefunden worden.
Es seien Ermittlungen zu den Todesumständen angeordnet worden, teilte das Gericht mit. Das Tribunal erklärte, der Gefängniswärter habe sofort seine Vorgesetzten und einen Arzt informiert. Dieser habe den Tod von Slobodan Milosevic festgestellt. Die Todesurache sei natürlich gewesen. Milosevics Familie sei informiert worden.
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Milosevic wurde 1999 als erstes amtierendes Staatsoberhaupt wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Tribunal in Den Haag angeklagt. Im Herbst 2000 wurde er als serbischer Präsident abgewählt und im Juni 2001 auf internationalen Druck hin ausgeliefert.
Milosevic musste sich wegen Verbrechen während der Balkankriege Mitte der 1990er-Jahre vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verantworten.
Als Folge der Auseinandersetzungen flüchteten auch Zehntausende aus den Kriegsgebieten in die Schweiz.
Dem früheren Präsidenten Serbiens und später Jugoslawiens wurden insgesamt 66 Kriegsverbrechen in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und im Kosovo zur Last gelegt.
Gesundheitliche Probleme
Milosevic hatte schon seit einigen Jahren grosse gesundheitliche Probleme, weshalb der Prozess öfter unterbrochen werden musste. Seinen Antrag, sich wegen Herzproblemen in Moskau behandeln zu lassen, lehnte das Gericht erst kürzlich ab.
In Russland lebt Milosevics Bruder, auch seine Frau und sein Sohn werden dort vermutet.
Reaktionen
Die UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte bedauert Milosevics Tod. Sie zeigte sich überzeugt, dass der Prozess zu einem Ende gekommen und Milosevic verurteilt worden wäre. Dazu seien genug Beweise vorgelegt worden.
«Ich bedauere es auch für die Opfer, die Tausenden von Opfer, die auf Gerechtigkeit warteten», sagte die gebürtige Tessinerin.
«Diejenigen, die an den Ereignissen in jener Zeit beteiligt waren, müssen sich für ihre Taten verantworten», unterstrich das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in einer Reaktion auf den Tod von Milosevic.
Das EDA wird keine offizielle Mitteilung zum Tod von Slobodan Milosevic veröffentlichen.
Das Ableben des von der UNO als Kriegsverbrecher angeklagten Milosevic entbinde Belgrad nicht von der Verantwortung, weitere gesuchte mutmassliche Kriegsverbrecher an das UNO-Tribunal in Den Haag auszuliefern, sagte die amtierende EU-Ratsvorsitzende und österreichische Aussenministerin Ursula Plassnik am Rande eines Aussenministertreffens der Europäischen Union (EU) in Salzburg.
«Politisch ändert sich nichts daran, dass sich Belgrad dem Vermächtnis der Balkankriege stellen muss», sagte Plassnik. «Das ist eine der grössten
Herausforderungen für die gesamte Region.»
Der serbische Aussenminister Vuk Draskovic hat an diesem Treffen zurückhaltend auf Milosevics Tod reagiert. «Ich kann nur sagen, es ist schade, dass er sich der Justiz jetzt nicht mehr stellen muss», sagte Draskovic.
Zweiter Todesfall in einer Woche
Erst vor einer Woche war in dem gleichen Gefängnis in Scheveningen
bei Den Haag einer der Hauptzeugen gegen Milosevic, der wegen Kriegsverbrechen verurteilte frühere kroatische Serbenführer Milan Babic, tot aufgefunden worden.
Er hatte in seiner Zelle Selbstmord begangen. Der 50-Jährige war 2004 zu 13 Jahren Haft verurteilt worden.
Meistgesuchte Kriegsverbrecher noch flüchtig
Flüchtig sind nach wie vor die meistgesuchten mutmasslichen Kriegsverbrecher, der frühere bosnisch-serbische Präsident Radovan Karadzic und Exgeneral Ratko Mladic.
Die EU hat Serbien und Bosnien wiederholt dazu aufgefordert, für die Überstellung der beiden an das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu sorgen.
swissinfo und Agenturen
Der ehemalige jugoslawische Präsident Slobodan Miloseviv ist in seiner Gefängniszelle in Den Haag tot aufgefunden worden.
Milosevic war 64 Jahre alt und litt an Herzproblemen und Bluthochdruck.
Er musste sich seit dem 12. Februar 2002 wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen während des Bürgerkriegs verantworten, der Jugoslawien anfangs der 1990er-Jahre erschütterte.
Das Internationale Tribunal für das ehemalige Jugoslawien (TPIY) wurde gemäss der Resolution 827 des UNO-Sicherheitsrates eingerichtet.
Diese Resolution wurde am 25. Mai 1993 angenommen.
Sie war eine Antwort auf die Bedrohung für den Frieden und die internationale Sicherheit durch die schweren Übertretungen des internationalen humanitären Rechts, die seit 1991 auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens begangen worden waren.
Der TPIY hat seinen Sitz im niederländischen Den Haag.
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