Ständerat verschärft Asylrecht
Der Ständerat hat das neue Asylrecht ganz auf der Linie von Justizminister Blocher verschärft. Damit will er die Attraktivität der Schweiz als Asylland brechen.
Die Kleine Kammer dehnte den Fürsorgestopp aus, strich die humanitäre Aufnahme und stimmte einer neuen Durchsetzungshaft zu.
Der Ständerat folgte am Donnerstag ausnahmslos den verschärften Anträgen des Bundesrates und hiess auch jene Wünsche von Justizminister Christoph Blocher gut, die dem Gesamtbundesrat noch zu weit gegangen waren.
So stimmte er für eine Durchsetzungshaft von maximal 18 Monaten, um abgelehnte Asylbewerber zur Ausreise zu bewegen. Auch die Ausschaffungshaft wurde auf maximal 18 Monate verdoppelt. Insgesamt sollen renitente Ausländer maximal zwei Jahre inhaftiert werden können.
Humanitäre Aufnahme gestrichen
Praktisch diskussionslos strich der Rat die humanitäre Aufnahme, die Bundesrat und Nationalrat vorgeschlagen hatten.
Er will verhindern, dass Asylbewerber ohne Aufenthaltsbewilligung, deren Wegweisung unzulässig, unzumutbar oder unmöglich ist, ihre Familien nachziehen können.
Ausdehnung des Fürsorgestopps
Mit 25 zu 11 Stimmen dehnte die Kleine Kammer den umstrittenen Fürsorgestopp auf alle abgelehnten Asylbewerber aus. Die Sozialhilfe sei ein zu grosser Grund zum Bleiben, sagte Justizminister Blocher. Zudem sei der bisherige Fürsorgestopp für Bewerber mit Nichteintretens-Entscheid äusserst erfolgreich gewesen.
Christiane Brunner von der Sozialdemokratischen Partei (SP) wandte ein, die betroffenen Personen würden dann untertauchen, und es drohe mehr Schwarzarbeit und Kleinkriminalität.
Darüber hinaus will der Rat auch eine beschränkte Nothilfe erlauben. Wer die Ausreise verweigert, dem sollen die Behörden die Nothilfe streichen können. Auch die Pflichtleistungen der Krankenversicherung sollen eingeschränkt werden können.
Verschärfung der Nichteintretens-Gründe
Gegen den Willen der Linken verschärfte der Rat die Nichteintretens-Gründe. Auf Gesuche von Asylbewerbern, die bei der Einreise nicht innerhalb von 48 Stunden Papiere vorweisen können, soll nicht mehr automatisch eingetreten werden. Die Bewerber müssen glaubhaft darlegen, dass sie nicht selber am Papierverlust schuld sind.
«Die Papiere werden in der Hauptsache versteckt und vernichtet», erklärte Bundesrat Blocher. Kein Flüchtling müsse aber Angst haben, weil er keine Papiere habe. Trotzdem sagte Eugen David von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), dies bedeute die endgültige Abkehr von der humanitären Tradition der Schweiz.
Heftige Wortgefechte
Die Revision, die im Vorfeld von Kirchen, Hilfswerken und Professoren begleitet wurde, sorgte in der Kleinen Kammer für heftige Wortgefechte. Die Linke warf Bundesrat Blocher vor, die Vorlage im Schnellzugstempo mit zahlreichen völkerrechtswidrigen Anträgen verschärft zu haben. Michel Béguelin (SP) drohte gar mit zivilem Ungehorsam, sollten die Verschärfungen allesamt durchgehen.
Bürgerliche Redner drängten dagegen auf eine rigorosere Missbrauchs-Bekämpfung. Die internationale Asylmafia habe das zu milde Schweizer Asylrecht schamlos ausgenützt, sagte Maximilian Reimann (SVP).
«Wir müssen uns kein schlechtes Gewissen einreden lassen», ergänzte Carlo Schmid (CVP). Justizminister Blocher versicherte, die vom Bundesrat vorgelegten Vorschläge seien alle völkerrechtskonform. Es gehe darum, die Attraktivität der Schweiz für Asylbewerber ohne richtigen Grund zu brechen.
In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Rat die Revision mit 27 zu 11 Stimmen. Sie geht nun wieder in den Nationalrat, der zum ersten Mal die verschärften Anträge des Bundesrats beraten wird.
swissinfo und Agenturen
Asylgesuche im Jahr 2004: 14’250
Rückgang der Gesuche gegenüber 2003: 32%
Gutgeheissene Gesuche 2004: 1550 (2003: 1640)
Ablehnende Entscheide in 10’080 Fällen
Der Ständerat ist bei der neuen Asylpolitik stramm dem Blocher-Kurs gefolgt. Er beschloss in der Frühlings-Session mehrere Verschärfungen, welche die Linke als verfassungswidrig bezeichnete.
So kippte die Kleine Kammer die humanitäre Aufnahme, dehnte den Fürsorgestopp aus und stimmte für eine neue Beugehaft.
Die von viel öffentlicher Kritik begleitete Revision des Asylgesetzes führte am Donnerstag in der Kleinen Kammer zu einer hitzigen Debatte.
Die Linke kritisierte verschiedene Gesetzesteile als verfassungswidrig und verlangte eine Rückweisung an den Bundesrat. Bürgerliche Ständeräte entgegneten, der Rat dürfe sich kein schlechtes Gewissen einreden lassen. Sie unterstützten die Stossrichtung von Justizminister Blocher.
Die Vorlage geht nun wieder in den Nationalrat.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch