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Stöckli, die Schweizer Spur im Schnee

Allein auf weiter Flur: Die einzige Schweizer Skifirma Stöckli. stoeckli.ch

Nur Stöckli hat als Skihersteller in der Schweiz überlebt: Mit der Strategie, auf eine breite Produktepalette und eigene Läden zu setzen.

Noch vor 20 Jahren gab es eine ganze Reihe von bekannten Schweizer Firmen, so Attenhofer, Authier, Schwendener oder Streule.

«Die Skistationen werden immer mehr zum Tummelplatz», sagt Sepp Odermatt, Business Coordinator von Stöckli, dem einzig verbliebenen Schweizer Skihersteller. Skifahren ist dort aber Schnee von gestern.

Carving, Freeride und Ski Cross heissen die neuen und weniger neuen Spielarten auf zwei Brettern. Der Fun besteht aus Kurvenfahrten mit viel Speed, riskanten Abfahrten ausserhalb der präparierten Pisten und trickreichen Ritten gegen direkte Konkurrenten. Wer dem Lifestyle auf der scharfen Kante frönt, schnallt sich vornehmlich Geräte aus Österreich, Frankreich, Deutschland, Slowenien oder den USA an die Füsse.

Nur jeder 10. Schweizer Käufer entscheidet sich für ein Schweizer Produkt, sprich einen Stöckli-Ski. «Wir könnten problemlos 100’000 oder 200’000 Paar pro Jahr herstellen», so Odermatt. Und auch verkaufen, gerade im Export. Stöckli bleibt aber auf die Business-Strategie «Klein, aber fein» fokussiert.

Rund zwei Drittel der heuer produzierten 45’000 Paar setzt das Entlebucher Unternehmen im eigenen Land ab, in 8 eigenen Geschäften im Flachland sowie bei 23 Händlern in den Skiorten. Ein Drittel wird exportiert, vor allem in die USA. Wichtiges Detail: Der Umsatz wird nur zu 30% mit Skis erzielt, den Rest machen Mode, Skischuhe und –bindungen sowie Mountain Bikes aus.

Praktisch alles unter Kontrolle

«Stöckli als gleichzeitiger Produzent und Händler kann die Margen selber generieren», erklärt Odermatt. Dabei stehe aber nicht die Quantität, sondern der Verdienst im Vordergrund. «Stöckli geht ganz klar nicht in die Mengen», umschreibt Odermatt das Credo. Weiterer Vorteil: Der Hersteller setze sich so nicht dem Diktat des Handels aus.

Dass die Philosophie aufgeht, anerkennt auch die Konkurrenz. Zum Beispiel Walter Tresch, der heute bei Völkl unter anderem die Grosskunden betreut und zu Zeiten Bernhard Russis der erfolgreichste Schweizer Slalom- und Riesenslalom-Fahrer war. «Stöckli verkauft seine Nischenprodukte zu einem Grossteil in eigenen Läden, als eine Art moderner Outlet», so Tresch. Auch dadurch habe sich die Firma als eigenständige Marke positionieren können.

Weltcup-Engagement vital

Laut Odermatt sei für die erfolgreiche Strategie aber der Einstieg Stöcklis in den Weltcup-Zirkus im Skirennsport vor einem Jahrzehnt gewesen. Neben dem Commitment, «den Rennsport als Passion zu leben», geht es um Handfestes: «50% des Engagements sind Marketing, Werbung und PR. Die anderen 50% sind Forschung und Entwicklung», macht Odermatt klar.

Nach vier Weltcup-Siegen durch Urs Kälin und Didier Plaschy in Riesenlalom und Slalom sowie mehreren WM-Medaillen haben sich die Innerschweizer Skibauer für die eben angelaufenen Saison einen Weltcup-Sieg in der Abfahrt zum Ziel gesetzt. Den Stöckli-Traum erfüllen soll der Bündner Ambrosi Hoffmann, der an der WM in St. Moritz als Vierter das Podest nur hauchdünn verpasst hatte.

Strukturelle Schwächen

Als Schweizer Ski könnte eigentlich auch Völkl durchgehen, denn es waren Schweizer Investoren, welche die kriselnde Marke übernommen und gerettet hatten. «Wir bleiben aber beim Made in Germany, weil sich Völkl auf dem Markt als deutsches Qualitätsprodukt etabliert hat», so Tresch.

Laut Tresch, der dem Ski-Business seit seiner Zeit im Weltcup vor über 30 Jahren treu geblieben ist, waren es vor allem strukturelle Schwächen, welche in den 80er und 90er Jahren das Ende der Skiproduktion in der Schweiz eingeläutet hatten. «Die Schweizer konnten mit ein paar Tausend produzierten Skis nicht mehr mithalten, es hat sich einfach nicht mehr gerechnet», blickt er zurück.

Von der Krise vor dem Snowboard- und Carving-Boom sei zwar die Skiindustrie als Ganzes betroffen gewesen, denn alle Hersteller seien in einer ähnlichen Situation gewesen: «An der Spitze der bekannten Firmen standen alles Pioniere, die sich an traditionellen Konzepten festhielten, dabei aber den Zug in die Moderne verpassten», so Tresch. Im Unterschied zu den grossen Marken in Österreich und Frankreich seien in der Schweiz aber keine Banken oder internationale Investoren als Retter eingesprungen. Mit Völkl als der obligaten Ausnahme.

Das Beispiel Streule

Hanspeter Streule war einer jener Schweizer Fabrikanten, dessen Familienbetrieb in der Skiproduktion tätig war. «Zu den besten Zeiten verliessen 11’000 Paar die Fabrik», blickt der Zürcher zurück. 1985 hatte er das Geschäft in Schlieren von seinem Vater übernommen und zum Handelsbetrieb ausgebaut, der auch Helme und Skistöcke vertrieb.

Dann seien die schlechten Winter 1989 und 1990 gekommen. «Ein grosses Engagement für weitere Investitionen wäre nötig gewesen», so Streule. Weil zudem keiner seiner beiden Söhne habe einsteigen wollen und für Areal und Maschinen gute Offerten vorgelegen hätten, habe er sich 1994 für den Verkauf entschieden.

«Ich musste nicht aufhören, sondern hörte selber auf», hält Streule fest. Das Unternehmen habe keine roten Zahlen geschrieben, und alle seine Mitarbeiter hätten neue Stellen gefunden. Im Gegensatz dazu sei Authier «bös Konkurs gegangen», nachdem sie noch gross in den Rennsport eingestiegen seien.

Zu schnell gewachsen

Eine weitere «leidige Geschichte» sei Schwendener gewesen. Das Unternehmen wurde laut Streule schnell sehr gross. Mit einer Jahresproduktion von 60’000 bis 70’000 Paar Ski sei aber die Abhängigkeit vom Export zu stark gewesen. Attenhofer schliesslich sei am Mangel einer tragfähigen Nachfolgeregelung gescheitert.

Die Aufgabe des vom Vater gegründeten Betriebes habe ihm schon schwer zu schaffen gemacht, so Streule. Doch der ehemalige Skifabrikant kann heute mit einem lachenden Auge nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in Gegenwart und Zukunft blicken: Streule ist heute begeisterter und erfolgreicher Leiter der Abteilung Export und Handel bei Stöckli in Wolhusen.

swissinfo, Renat Künzi

Internationaler Skimarkt heute: Jahresproduktion 5 Mio. Paar.
Die grössten Hersteller: Atomic (840’000), Rossignol (830’000), Salomon (825’000), Head (560’000), Fischer (500’000) und Völkl (450’000).
Stöckli ist mit 45’000 Paar ein kleiner Hersteller, angesiedelt im gehobenen Segment.
Jahresumsatz: 40 Mio. Franken (1/3 Skis, 2/3 Mode, Schuhe, Bindungen, Bikes)
Kosten Engagement Ski-Weltcup: rund 1 Mio. Fr. pro Saison.

Stöckli ist im Skibusiness ein kleiner Nischenplayer mit eigenen Verkaufsläden (System «moderner Outlet»).

Im Gegensatz zu Stöckli sind die Schweizer Skimarken Attenhofer, Authier, Schwendener und Streule verschwunden.

Sie überlebten die Krise der Branche vor dem Snowboard- und Carving-Boom nicht.

Im Gegensatz dazu wurden die meisten ausländischen Traditionsmarken von Investoren gerettet.

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