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Strafvollzug: Vor allem Ausländer bleiben hinter Gitter

Drei Viertel der inhaftierten Ausländer sind in der Schweiz weder niedergelassen noch wohnhaft. Keystone

Fast vier Fünftel der Gefängnis-Insassen in der Schweiz sind laut einer Studie der Universität Bern Ausländer.

Zum grossen Teil geht dies auf den Umstand zurück, dass Schweizer und Niedergelassene ihre Strafe immer öfter im offenen Vollzug verbüssen.

Der hohe Ausländeranteil in geschlossenen Strafanstalten entsteht vor allem durch ungleiche Behandlung: Wegen Fluchtgefahr werden ausländische Verurteilte häufiger in den geschlossenen Vollzug geschickt als Kriminelle aus der Schweiz.

Der Ausländeranteil in den geschlossenen Strafanstalten der Schweiz liegt seit Anfang der 90er-Jahre zwischen 70 und 80%.

Forscher der Universität Bern zeigen nun anhand einer Untersuchung in den geschlossenen Berner Strafanstalten Hindelbank und Thorberg, wie sich dieser hohe Anteil erklären lässt.

Der Hauptgrund ist nicht etwa ein markanter Unterschied in den Kriminalitätsraten, wie aus einem Communiqué der Uni Bern vom Montag hervorgeht.

Vielmehr werden ausländische Kriminelle häufiger in den geschlossenen Strafvollzug eingewiesen als Schweizer.

Fluchtgefahr

Da Frauen und Männer ausländischer Herkunft nach der Verbüssung ihrer Strafe in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden können, nehmen die kantonalen Behörden bei ihnen meist «Fluchtgefahr» an.

Deshalb müssen diese Verurteilten ihre Strafe in der Regel in einer geschlossenen Anstalt verbüssen.

Weder Aufenthalts- noch Niederlassungs-Bewilligung

Zwei Drittel der ausländischen Strafgefangenen in den beiden Berner Gefängnissen verfügen weder über eine Aufenthalts- noch über eine Niederlassungsbewilligung. Sie müssen deshalb die Schweiz nach ihrer Entlassung auf alle Fälle verlassen.

Schwerverbrecher werden zudem auch dann meist ausgewiesen, wenn sie eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung haben.

Tendenz bei Schweizern: Raus aus Haftanstalt

Bei schweizerischen Verurteilten hingegen stellen die Forscher eine gegenteilige Tendenz fest: Immer häufiger werden Strafen im offenen Vollzug oder alternative Sanktionsformen angeordnet.

Deshalb gelangen immer weniger Schweizer Straftäter in den geschlossenen Vollzug.

Die Forscher gingen auch der Frage nach, wie die Strafanstalten mit der multikulturellen Zusammensetzung der Häftlinge umgehen können. Der Landesverweis erschwert laut der Studie die Wiedereingliederung.

Einsatz von Dolmetschern als Vorschlag

Die Resozialisierung beschränkt sich deshalb auf Bemühungen innerhalb der Anstalt. Nicht selten sind auch Kommunikationsprobleme.

Laut der Studie ist in nächster Zeit kein Rückgang des hohen Ausländeranteils im geschlossenen Strafvollzug zu erwarten. Die Forscher fordern verschiedene Instrumente, um die Insassen besser auf das Leben nach der Haft vorzubereiten.

Denkbar seien der Einsatz von Dolmetschern, der Einbezug in Rückkehrprogramme oder eine individuelle Vollzugsplanung.

swissinfo

In dem meisten europäischen Ländern nimmt die Zahl der ausländischen Strafgefangenen zu.

Mit einem Anteil über der Hälfte weist die Schweiz einen der höchsten Quoten auf.

Je nach Vollzugsform variiert der Anteil der Ausländer erheblich.

Da bei nicht niedergelassenen Ausländern von erhöhter Fluchtgefahr ausgegangen wird, werden sie in der Regel in geschlossene Anstalter eingewiesen.

Das führt zu ihrer deutlichen Übervertretung in dieser Vollzugsform.

Die Zahl der Insassen in Schweizer Gefängnissen ist von rund 5000 im Jahr 2002 auf mehr als 6000 im Jahr 2005 angestiegen.
Der Anteil der Ausländer liegt bei 65%, dazu kommen 6%, die in Auslieferungs- oder Ausschaffungs-Haft sitzen.
Nur 5% der Inhaftierten sind Frauen.
Insgesamt verfügen die Haftanstalten über 6540 Plätze.
Der Anteil der Inhaftierten an der Gesamtbevölkerung stieg seit 2003 um 12%.
Damit kamen im September 2005 83 Häftlinge auf 100’000 Einwohner. Im europäischen Durchschnitt sind es 97 Häftlinge.

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