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Streubomben-Verbot rückt einen Schritt näher

Streubomben sind auch eine grosse Gefahr für Kinder. (reuters)

Der Einsatz von Streumunition soll eingeschränkt werden, haben 46 Staaten, darunter die Schweiz, an einer zweitägigen Konferenz in Oslo beschlossen.

Die Schweizer Delegationsleiterin wertet es als Erfolg, dass die Dringlichkeit erkannt worden sei, ein international rechtsverbindliches Instrument einzuführen.

In einer Abschlusserklärung hielt die Konferenz am Freitag fest, dass Produktion, Einsatz Transfer und Lagerung von Streumunition, mit inakzeptablen Folgen für die Zivilbevölkerung, verboten werden soll. Gleichzeitig wurden die Regierungen aufgerufen, auf nationaler Ebene geeignete Massnahmen zu ergreifen.

Kein absolutes Verbot

«Es ist ein guter Schritt vorwärts, indem wir gemeinsam den Wunsch ausdrückten, zu einem rechtsverbindlichen internationalen Instrument zu kommen», sagte die Schweizer Delegationsleiterin Christine Schraner Burgener gegenüber swissinfo. Die Schweiz begrüsse die verabschiedete Erklärung.

Positiv sei auch die Tatsache, dass mit Grossbritannien und Kanada Staaten die Erklärung unterstützten, die in diesem Bereich ein Gewicht hätten.

Die Forderung «ist nicht bindend, aber sie ist eine politische Willenserklärung», kommentiert Steve Goose von der Organisation Human Rights Watch. Bei den Genfer Abrüstungsverhandlungen im November 2006 waren keine Fortschritte in der Frage erzielt worden.

Ohne USA, Russland und China

Ein absolutes Verbot von Streumunition stand jedoch nicht zur Diskussion. Die USA, Russland und China, drei gewichtige Staaten, die Streumunition produzieren und zum Teil verwenden, nahmen nicht an der Konferenz teil.

Das geplante Verbot beziehe sich unter anderem auf Streumunition mit zu vielen Blindgängern. Welche Folgen für die Zivilbevölkerung als inakzeptabel betrachtet würden, müssten an weiteren Treffen definiert werden, sagte die stellvertretende Direktorin der Direktion für Völkerrecht im Eidg. Departement für auswärtige
Angelegenheiten (EDA) weiter.

Die insgesamt 49 Teilnehmerstaaten der Osloer Konferenz wollen sich im Mai in Lima wieder treffen, im November in Wien und Anfang 2008 in Dublin.

Langfristige Gefahr

Streubomben zerspringen in viele kleine Einzelbomben, die schwere Verletzungen hervorrufen und als Blindgänger ähnlich wie Minen auch noch lange nach einem Konflikt Menschen gefährden können. Sie wurden zuletzt von Israel im jüngsten Libanonkrieg eingesetzt.

Die norwegische Regierung wollte mit der Regierungskonferenz einen Prozess mit dem Ziel einleiten, Streumunition zu ächten. Vorbild für das angestrebte Verbot soll das 1997 in der kanadischen Hauptstadt Ottawa vereinbarte Verbot von Antipersonenminen (Landminen) sein.

Mehrere grosse EU-Länder treten für einen neuen Anlauf im Rahmen der Verhandlungen zur UNO-Konvention über inhumane konventionelle Waffen (CCW) ein.

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Die Schweiz befürwortet eine internationale Regelung, die den Gebrauch in dichtbesiedelten Gebieten verbietet. Ganz verbieten will die Schweiz unzuverlässige Streumunition. Die Schweizer Haltung deckt sich mit jener des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK).

Der Nichtregierungsorganisation Handicap International geht diese Position zu wenig weit. Die Schweiz müsse sich , obwohl sie selber solche Waffen besitzt, den Ländern anschliessen, die für einen völligen Verzicht auf Streubomben plädierten.

«Die Schweizer Erklärung klingt hohl, wenn Norwegen und Österreich ein sofortiges Moratorium verlangen», fügt der freisinnige Genfer Nationalrat John Dupraz gegenüber swissinfo hinzu. Er ist der Autor einer parlamentarischen Initiative für ein Verbot der Waffenart.

«Das grosse Problem der Schweiz ist, dass das Militär durch die Idee, solche Waffen abzuschaffen, frustriert ist», so Dupraz weiter. So verbaue sich das Land eine historische Chance, um ihre humanitären Werte in einer konkreten Sache durchzusetzen.

swissinfo und Agenturen

Kein internationaler Vertrag, einschliesslich die Genfer Konvention, verbietet spezifisch den Gebrauch von Streubomben.

Die Genfer Konventionen umreissen jedoch die Gesetze, die Zivilpersonen während eines Konflikts schützen sollen.

Trotzdem, weil nach einem bewaffneten Konflikt oft Teile von Streubomben zurückbleiben – wie auch Landminen – wird ihr Einsatz von Menschenrechtsgruppen scharf kritisiert.

Der Nationalrat, die grosse Kammer, wird am 6. März die Initiative des freisinnigen Nationalrats John Dupraz diskutieren, die ein Verbot solcher Waffen fordert.

Die Schweizer Armee besitzt rund 200’000 Streumunitionssysteme.

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