Swiss Society New York ehrt Ex-Astronaut Nicollier
Ehrengast beim Ball der Swiss Society in New York war dieses Jahr der ehemalige Schweizer Astronaut Claude Nicollier, der als Professor an den ETH in Lausanne und Zürich sein Wissen für die Suche nach neuen Horizonten an jüngere Generationen weitergibt.
Wie schon letzten Jahr stiess der Ball im legendären Hotel Pierre an der 5th Avenue am Central Park auf grosses Interesse. Mehr als 300 Gäste waren der Einladung gefolgt. «Damit konnten wir an die Rekordbeteiligung vom vergangenen Jahr anknüpfen», freute sich Beat Reinhart, der Präsident der Swiss Society.
Unter den Gästen waren im Vergleich mit früheren Jahren auch deutlich mehr junge Leute zu sehen. Die Swiss Society bemüht sich aktiv darum, den Ball auch für Junge attraktiv zu machen: Die Late Night, der zweite Teil des Abends, richtet sich speziell an die jüngere Generation – mit Musik und Tanz bis in die frühen Morgenstunden.
Die Kraft von Träumen
Der Ball stand unter dem Patronat des Schweizer Generalkonsuls in New York, Botschafter François Barras. «Nach einer Reise in die Vergangenheit im letzten Jahr mit Albert Gallatin, dem Schweizer unter Amerikas Gründervätern, steht heute mit unserem Ehrengast Claude Nicollier die Reise in die Zukunft im Zentrum», erklärte Barras zur Begrüssung.
«Claude Nicollier lässt auch uns träumen, und Träume sind ein wichtiger Bestandteil im Leben der Menschen, sie helfen uns, neue Grenzen zu erforschen.» Nicollier, der Pilot, Astronaut, Lehrer und Mentor, sei eine Quelle der Inspiration. Barras verwies darauf, dass Nicollier auch bereit wäre zur Teilnahme an einer «One-Way-«Mission zum Mars.
Nicollier verdiene Dank für seinen Mut, für seine Determination und seine Fähigkeit, Träume zu verwirklichen und mit anderen zu teilen, sein Wissen weiterzugeben, und immer wieder neue Herausforderungen anzunehmen, schloss der Botschafter.
Worauf von einem Tisch her «Freude herrscht» ertönte, die Worte, mit denen der damalige Bundesrat Adolf Ogi im Sommer 1993 Nicollier bei einer Direktschaltung ins All begrüsst hatte.
Zwei Männer im All
Nicollier war an dem Abend nicht der einzige Astronaut. Unter den Gästen befand sich auch Jeffrey Hoffman, heute Professor am renommierten MIT in Cambridge (Massachusetts). Nicollier und Hoffman waren drei Mal miteinander auf einer Shuttle-Mission: 1992 mit der Atlantis, 1993 mit der Endeavour und 1996 mit der Columbia.
Dass sie nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde sind, zeigte sich bei dem folgenden Gespräch, in dem sie über gemeinsame Erfahrungen sprachen – ernsthaft, aber auch mit Humor und Schalk. So, als Hoffman bedauerte, dass Nicollier leider sein Alphorn nicht habe mit an Bord nehmen können.
«Die bedeutendste unserer gemeinsamen Missionen war wohl die vom Dezember 1993», erinnerte sich Hoffman. «Es war die Mission zur Instandstellung des Weltraumteleskops Hubble, dessen Spiegel nicht fokussieren konnten.»
Nicollier war zuständig für das Manövrieren des Roboterarms, mit dem Hubble eingefangen werden musste. «Ich war draussen im All auf dem Arm, den Claude mit Schweizer Präzision manövrierte.» Es seien aufregende, anspruchsvolle Momente gewesen. Man spürte, dass die beiden mehr als nur die gemeinsame Arbeit im Weltraum verbindet.
Grosses Lob für Nicollier
Gegenüber swissinfo.ch erklärte Hoffman, heute sei die internationale Weltraum-Zusammenarbeit etabliert. In den 1980er-Jahren sei das alles noch ganz anders gewesen.
«Es war nicht einfach. Wir NASA-Astronauten waren praktisch alle US-Militärpiloten, als Nicollier als erster Europäer für das NASA-Astronautentraining für Raumfahrtmissionen zu uns stiess. Dank seinem Wesen, seiner Kompetenz und dem Respekt, den er sich damit verdiente, hat er den Weg für das internationale Astronauten-Corps geebnet.»
Ein purer Handschlag
Nicollier erklärte gegenüber swissinfo.ch, er erachte es als Privileg, von der Swiss Society als Ehrengast empfangen worden zu sein. «Es ist fantastisch, in dieser dynamischen Stadt zu sein. Und auch etwas über die Raumfahrt sprechen zu können. Das ist ja etwas, das hier – anders als in Texas oder Florida – nicht im Zentrum steht.»
Zu den Spannungen zwischen den USA und der Schweiz im Steuer- und Finanzbereich habe er aus seiner Warte nichts zu sagen, wolle kein Urteil abgeben. Sein Interesse gelte der Zusammenarbeit in Sachen Weltraum – zwischen der EPFL und dem MIT, zwischen Professoren und Studierenden aus der Schweiz und aus den USA.
«Es geht um einen puren Handschlag zwischen unseren beiden Seiten. Um die noble Idee, das wir etwas unternehmen müssen, um das Problem des Weltraumschrotts im Orbit zu lösen. Denn das ist etwas, das wir nicht länger ignorieren dürfen.»
Der jährliche Ball ist die grösste gesellschaftliche Veranstaltung der Swiss Society. Sie dient zugleich als Fundraising Event.
Ein Teil der Einnahmen kommen dem Swiss Fellowship Prize zu Gute. Der Preis geht an Personen oder Organisationen, die im Feld des jeweiligen Ehrengasts aktiv sind.
In diesem Jahr unterstützt die Swiss Society mit dem Fellowship Prize ein neues Forschungsgebiet, ein Projekt der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL), das sich dem Problem des Weltraumschrotts im Orbit befasst – und nach Wegen sucht, diesen Müll beseitigen zu können.
Claude Nicollier wurde am 1. September 1944 in Vevey im Kanton Waadt geboren.
Hochschulabschluss als Physiker und Astrophysiker.
Zudem wurde Nicollier Militärpilot(1966) und Pilot bei der Swissair (1974), später machte er die Ausbildung zum Testpilot.
1976 erhielt Nicollier ein Stipendium von der europäischen Weltraum-Agentur ESA und gehörte zwei Jahre später zur ersten Gruppe der Astronauten aus Europa.
1980 begann seine Ausbildung zum ersten ausländischen Missions-Spezialisten bei der NASA.
Es folgten 4 Flüge ins Weltall: 1992 (Atlantis), 1993 (Endeavor), 1996 (Columbia) und 1999 (Discovery). Bei seiner letzten Mission war Nicollier rund 8 Stunden auf «Weltraum-Spaziergang». Besondere Schlagzeilen machten bei seinen Missionen die Reparaturen am Weltraum-Teleskop Hubble.
2007 gab er seine Stelle bei der ESA auf und kehrte in die Schweiz zurück.
Nicoller hat bisher insgesamt rund 6600 Flugstunden hinter sich, davon 4000 im Jet und rund 1000 an Bord der Raumfähre. Noch immer liebt er es, eine Hawker Hunter zu fliegen.
Heute lehrt er Raumfahrttechnik an der Eidgenössisch Technischen Hochschule (EPFL) in Lausanne und der ETH in Zürich.
Gemeinsam mit Bertrand Piccard arbeitet er zudem am Projekt Solar Impulse, dem ersten Flugzeug, das die Welt allein mit Solarantrieb umrunden soll.
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