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Symbolische Geste bei erstem Armenienbesuch

Keystone

Micheline Calmy-Rey, die höchste helvetische Diplomatin, hat Armenien einen offiziellen Besuch abgestattet - den ersten eines Schweizer Regierungsmitglieds überhaupt.

Die Aussenministerin hat an der Erinnerungsstätte des Genozids der Türken an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges einen Kranz niedergelegt.

Nach ihrer Israel-Visite am Wochenende hat die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey am Montag Armenien einen Besuch abgestattet.

Calmy-Rey führte beim offiziellen Arbeitsbesuch Gespräche mit ihrem Amtskollegen Vardan Oskanian, Ministerpräsident Andranik Margarian und Staatspräsident Robert Kotscharian.

Die Bundesrätin sprach dabei auch die politische Situation in der Region an, einschliesslich der Frage von Nagorno-Karabach.

Die Schweiz messe dem Südkaukausus eine wachsende Bedeutung bei und sei an der Schaffung stabiler und demokratischer Verhältnisse in der Region interessiert, teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Montag mit.

Kranz für Genozid-Opfer

Calmy-Rey hat in den Gesprächen auch die Massendeportationen und die Massaker erwähnt, die das Ende des Osmanischen Reichs prägten. Sie ehrte die armenischen Opfer, indem sie an der «Erinnerungsstätte für den Genozid» einen Kranz niederlegte und einen Baum pflanzte.

Die Türkei weigert sich, den Völkermord anzuerkennen und reagiert jeweils empfindlich, wenn andere Staaten dies tun. In der Schweiz hat der Nationalrat den Genozid als solchen anerkannt – nicht jedoch die Landesregierung.

Bescheidene bilaterale Beziehungen

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern seien noch bescheiden, hielt das Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA weiter fest. Der juristische Rahmen und damit das Potenzial würden jedoch bestehen.

Seit 2000 ist ein Abkommen über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit in Kraft. Seit 2002 ein Abkommen über den Schutz von Investitionen und neu nun ein Doppelbesteuerungsabkommen, das am Montag zwischen den beiden Staaten unterzeichnet wurde.

UNO-Reformprojekte

Die beiden Aussenminister sprachen auch über die Reformprojekte der UNO. Beide begrüssten die Schaffung des neuen Menschenrechtsrates.

Ein weiteres Thema war der Resolutionsentwurf über die Arbeitsmethoden des UNO-Sicherheitsrates. Diesen haben die Schweiz und vier andere Staaten, die so genannten «Small Five», bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen eingereicht.

Wichtiger Israel-Besuch

Zuvor hatte am Sonntag die Schweizer Aussenministerin ihre israelische Amtskollegin Tzipi Livni getroffen. Im Mittelpunkt der Gespräche in Tel Aviv stand die 29. Internationale Konferenz des Roten Kreuzes am 20. Juni in Genf.

Bei der Konferenz geht es um die Einführung des Roten Kristalls als drittes Emblem der Rotkreuz-Bewegung. Das Emblem soll Israel 58 Jahre nach der Staatsgründung den Beitritt ermöglichen.

Eine entsprechende Übereinkunft hatten Vertreter des Magen David Adom, des israelischen Rote Davidsterns, und des palästinensischen Roten Halbmonds Ende November 2005 in Genf unterzeichnet.

Calmy-Rey, die vom Präsidenten der ständigen Kommission des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes, Hohammed El-Hadid, begleitet worden war, traf am Sonntag auch die Präsidenten von Magen David Adom und des palästinensischen Roten Halbmondes, Novam Yifrach und Younis al Khatib.

Bedauern über zivile Opfer

Bei ihrem Treffen mit der israelischen Aussenministerin Livni brachte Calmy-Rey auch ihr Bedauern über die zivilen Opfer durch die jüngsten israelischen Artillerieangriffe im Gaza-Streifen zum Ausdruck.

Sie meldete zudem Zweifel an, ob der Einsatz von Artillerie angesichts der dichten Besiedlung im Gaza-Streifen vereinbar mit internationalen humanitären Gesetzen ist. Auch die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit von gewählten Vertretern der palästinensischen Behörden wurde von Calmy-Rey thematisiert.

Im Vorfeld der Reise nach Israel war ein Treffen mit dem Präsidenten der Palästinensischen Behörde, Mahmud Abbas, kurzfristig abgesagt worden. Calmy-Rey führte mit ihm jedoch ein längeres Telefongespräch.

swissinfo und Agenturen

Die ehemalige sozialistische Sowjetrepublik Armenien ist seit 1991 unabhängig. Der südliche Teil des ehemaligen Armeniens bleibt von türkischem Territorium umschlossen.

Die Beziehungen zwischen dem Land im Südkaukasus und der Schweiz bestanden bereits zu Zeiten der Sowjetrepublik.

1988 hat die Schweiz Armenien nach dem schrecklichen Erdbeben Nothilfe geleistet

Seither unterstützte die Schweiz das Land im Rahmen der Kooperation und Zusammenarbeit mit über 30 Mio. Franken.

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) unterhält ein Büro vor Ort.

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