Terence Billeter, Schweizer «Monsieur Olympia» in Peking
Seit sechs Jahren im diplomatischen Dienst, hat Terence Billeter kürzlich seine Arbeit in der Schweizer Botschaft in Peking aufgenommen.
Der Genfer mit Schweizer Vater und chinesischer Mutter amtet gleichzeitig als Kulturattaché und auch als Beauftragter für die Olympischen Spiele 2008 – eine Begegnung in Chinas Hauptstadt.
«Leben Sie lieber gefährlich und sparen damit eine Viertelstunde?», fragt Terence Billeter beiläufig, als wir aus der Schweizer Botschaft in Peking auf die Strasse treten.
Sinn erhält seine Frage erst einige hundert Meter weiter, als wir uns auf der Fahrbahn zwischen vier Reihen von Autos hindurch schlängeln, um schneller zur anderen Strassenseite zu gelangen.
Der Umweg über eine Überführung wäre umständlich und langwierig gewesen, denn das kleine Restaurant befindet sich gleich gegenüber der Botschaft auf der anderen Strassenseite, im schattigen Grün gelegen.
Wie ein Fisch im Wasser
Obschon erst seit zwei Monaten in Chinas Hauptstadt, fühlt sich Billeter in Peking bereits wie ein Fisch im Wasser. «Ich reise nach China, seit ich fünf Jahre alt bin», sagt er. «Die ganze Familie mütterlicherseits lebt hier, so dass ich mich auf ein beachtliches Netzwerk abstützen kann.»
Auch wenn er die Stadt und das Land gut kenne, bleibe China faszinierend und halte immer neue Überraschungen bereit. Der Umstand, die Sprache zu sprechen, sei eben schon ein grosser Vorteil, so Billeter.
«Ehrlich gesagt könnte ich nirgends nützlicher sein als hier. Dennoch empfinde ich die Ernennung nicht als eine Rückkehr ins Reich meiner Vorjahre.»
Es habe den China-Aufenthalt einfach gebraucht nach dem Studium. Das Praktikumsjahr in Taiwan habe ihm klar gemacht, dass er eben kein Chinese sei. «Meine Wurzeln sind schweizerisch, oder liegen zumindest in Europa.»
«Es bleibt die Tatsache, dass ich mich mit meiner Ehefrau hier wiederfinde, mit dem Auftrag, unter anderem die Olympischen Spiele vorzubereiten – was mir sehr viel Freude macht.»
Noch im Planungsstadium
In seiner Arbeit stellt Billeter von Tag zu Tag mehr Bezüge rund um die Spiele her. Chinesischerseits befindet sich die Organisation des Anlasses noch im Stadium der Planung.
Auf die ausländischen Botschaften warten noch etliche grosse Informations-Veranstaltungen. Zur Zeit gehe es darum, jene wichtigen Punkte zu identifizieren, die in naher Zukunft noch Probleme bereiten könnten.
«Noch bleibt mir ein bisschen Zeit, mich etwas mehr mit der Sprache auseinander zu setzen», sagt Billeter. Zum Beispiel, um unterschwelligen Humor zu verstehen oder um das Leben der Ausländer in den Restaurants, den Läden und den dazu gehörigen Luxushotels zu erkunden.
«Das ist eine andere Spielart des Lebens in der Hauptstadt, von der ich bis vor kurzem noch wenig wusste.»
Die Olympischen Spiele im Visier
So zeigt sich im kommenden Jahr der Monat August als sehr befrachtet für die Botschafts-Angestellten: Erwartet werden zahlreiche Schweizer Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft und eine Masse von Touristen. Viel Arbeit steht also bevor.
Die Zeit, die Terence Billeter deshalb persönlich beim Zuschauen der Spiele verbringen wird, dürfte knapp werden. «Zwar habe ich einige Tickets für Sportarten reserviert, die mich interessieren, wie Beach-Volley, Taekwondo, Leichtathletik oder Kunstspringen,» sagt er. «Aber ich fürchte jetzt schon, zum gegebenen Zeitpunkt passen zu müssen.»
Es würden wohl eher die Kulissen rund um die Olympischen Spiele sein als die Spiele selbst, die er zu sehen bekomme.
Für die Schweiz sei dieser Anlass eine ideale Plattform, um sich dem chinesischen Publikum zu präsentieren. So findet denn auch eine ganze Palette von mit der Schweiz verbundenen Events rund um die Spiele statt: Zentral ist die Eröffnung des «House of Switzerland».
Schweizerisch-chinesische Beziehungen
«Die Spiele sind meiner Meinung nach eine wichtige Messlatte der schon langjährigen Beziehung zwischen China und der Schweiz,» sagt Billeter. Die Schweiz sei 1950 eines der ersten westlichen Länder gewesen, das die Volksrepublik anerkannt habe.
Seit der Öffnung des Landes 1979 und dem Beginn der Reformpolitik seien die Beziehungen geprägt von einer ausserordentlichen Dynamik – auch politisch, wissenschaftlich und kulturell, aber in erster Linie doch wirtschaftlich.
Der Handel der Schweiz mit China wächst mit Exportzunahmen von 30% schneller als der Handel der Schweiz mit dem Ausland generell, und die Schweiz kann für sich gar einen Exportüberschuss verbuchen.
Ausserdem haben zur Zeit fast 300 Schweizer Unternehmen mehr als fünf Milliarden Franken in China investiert. Sie beschäftigen dabei 55’000 chinesische Mitarbeitende.
Für Chinas Entwicklung bewirkten die Spiele positives, so Billeter. Sie sollen aber in erster Linie der Welt zeigen, was chinesische Dynamik wirklich heisse.
«Die nächste Etappe wird dann die Weltausstellung von Schanghai 2010 sein.»
swissinfo, Mathias Froidevaux, Peking
(Übertragung aus dem Französischen: Alexander P. Künzle)
Terence Billeter kommt 1969 als Kind einer chinesischen Mutter und eines Schweizer Vaters in Kyoto zur Welt. Zurück in der Schweiz, lebt er erst in Basel, dann in Genf.
Dort besucht er von 1988 bis 1992 die Universität und macht das Lizenziat (Philosophie und Sinologie). Es folgt ein Jahr Chinesisch-Praktikum in Taiwan.
Billeter macht am Genfer Institut universitaire de hautes études internationales den Master und doktoriert darauf 2001 am Pariser Institut politique in politischer Wissenschaft.
Im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) absolviert er zuerst ein einjähriges Praktikum im Bereich Europa, und arbeitet ein weiteres Jahr in Libanon.
Seit Mitte 2007 arbeitet der viersprachige Billeter als Kultur- und Medienattaché in der Botschaft in Peking.
Gleichzeitig versieht er seinen Dienst als «Olympic Officer» für die nächsten Olympischen Spiele, die 2008 in Chinas Hauptstadt stattfinden.
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