Tierschützer kritisieren Gesetzesentwurf
Das Schweizer Tierschutz-Recht gerate international ins Hintertreffen, sagt der Schweizer Tierschutz. Der hängige Gesetzesentwurf sei unbefriedigend.
Gesetze und Verordnungen in Österreich, Italien, Schweden und Norwegen gehen erheblich weiter als in der Schweiz.
Der beim Nationalrat hängige Tierschutz-Gesetzesentwurf sei unbefriedigend, sagte der Schweizer Tierschutz (STS) am Montag in Bern vor den Medien.
In wenigen Tagen wird die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) des Nationalrats ihre Beratung des Tierschutz-Gesetzesentwurfs fortsetzen. STS-Geschäftsführer Hansueli Huber fürchtet, die Schweiz habe ihre führende Rolle im Tierschutz verloren.
«Tierausnützer-Lobby» am Werk
Denn die «Tierausnutzer-Lobby» habe ethisch und wissenschaftlich begründete Verbesserungen verhindert. Das seit 1981 geltende Tierschutzgesetz lasse eine Reihe von Tierquälereien zu.
Der vom Ständerat im vergangenen Oktober verabschiedete Gesetzesentwurf zur Revision beinhaltet eine massvolle Verschärfung des Tierschutzgesetzes. Doch den Tierschützern geht dieser indirekte Gegenvorschlag zur STS-Volksinitiative «Tierschutz-Ja» nicht weit genug.
Neuste wissenschaftliche Erkenntnisse sowie die gesteigerte Bewusstseinsbildung der Gesellschaft für das Leiden der Tiere würden nicht berücksichtigt. Ein Brief an die WBK-Mitglieder enthält zehn Forderungen des STS zur Revision des Tierschutzgesetzes.
Zwar sei der Ständerat den Tierschutzanliegen in verschiedenen Punkten entgegen gekommen. So beim Verbot der Ferkelkastration ohne Betäubung und einer verbindlicheren Regelung der Aus- und Weiterbildung der Branche.
Als Gegenvorschlag zur STS-Volksinitiative
Um den Gesetzesentwurf als valablen indirekten Gegenvorschlag zur STS-Volksinitiative annehmen zu können, seien für den STS aber weitere Verbesserungen nötig.
Unter anderem sollen das Kriterium der wirtschaftlichen Tragbarkeit bei der Festlegung von Mindestanforderungen zur Nutztierhaltung gestrichen, Grundsätze zur Haltung von Wild- und Heimtieren definiert und Schlachttiertransporte durch den Bund beschränkt werden. Mindestens müsse der Bundesrat einen verbindlichen Regelungsauftrag erhalten.
Kantonale Tierschutzanwälte
Laut STS sollen in den Kantonen Tierschutzanwälte eingesetzt werden, um das Vollzugsdefizit bei der strafrechtlichen Verfolgung von Tierquälerei zu beheben. Der Kanton Zürich kennt bereits seit Jahren einen Kantonalen Anwalt für Tierschutz in Strafsachen.
Der STS will auch schwere Tierversuche per Gesetz durch Alternativmethoden ersetzen lassen. Die Dokumentations-Stelle für Tierversuche und Alternativmethoden, die vom Bundesrat aus dem Gesetzesentwurf gestrichen worden sei, solle weitergeführt werden, hiess es weiter.
Tierschutz-Ombudsleute in Österreich
An der Medienkonferenz wurde hervorgehoben, dass Österreich Anfang Jahr ein neues Tierschutzgesetz eingeführt habe, das auf Ebene der Bundesländer weisungsunabhängige Tierschutz-Ombudsleute und auf Bundesebene einen Tierschutzrat gebracht habe. In der Schweiz sei nichts derartiges vorgesehen.
Zudem sei wie in Deutschland ein alle zwei Jahre zu publizierender Tierschutzbericht vorgeschrieben. Die STS-Juristin Sibylle Horanyi bedauerte, dass solches im neuen Schweizer Tierschutzrecht nicht Eingang finden solle.
swissinfo und Agenturen
Das geltende Tierschutzgesetz stammt aus dem Jahr 1978.
Es trat am 1. Juli 1981 in Kraft.
Seither wurde es fünf Mal geändert, zum letzten Mal im Juni 2003 (Einfuhr von Koscher- und Halalfleisch).
Hauptziele: Verbesserte Information der Öffentlichkeit und Ausbildung der Tierhaltenden. Verbesserter Vollzug durch die Kantone.
Am 6. Oktober 2004 beschloss der Ständerat das revidierte, leicht verschärfte Gesetz.
Gleichzeitig empfahl er die Ablehnung der Volksinitiative «Tierschutz – Ja!»
Der Schweizer Tierschutz (STS) wurde 1861 ins Leben gegründet. STS-Sektionen sind praktisch in allen Kantonen der Schweiz tätig.
Er nimmt wegen dieser breiten Verankerung seine Aufgaben auch auf nationaler und internationaler Ebene wahr.
Der STS ist Mitglied der Welttierschutzgesellschaft und der EuroGroup, einer Vereinigung der grossen nationalen Tierschutz-Organisationen Europas.
Er finanziert sich über Gönnerbeiträge und Spenden. Er erhält keine Subventionen oder staatliche Zuwendungen.
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