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Tyler Hamilton vom IOC freigesprochen

Radprofi Tyler Hamilton im Phonak-Dress. Keystone

Der Radrennfahrer des Schweizer Phonak-Teams und Zeitfahr-Olympiasieger Tyler Hamilton kann seine Goldmedaille von Athen behalten.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) stellte die Doping-Ermittlungen ein. Der Internationale Radsport-Verband UCI hält die Anklage jedoch aufrecht.

Wie das IOC in Lausanne zur Begründung mitteilte, habe das Ergebnis der B-Probe das Resultat der positiven A-Probe nicht bestätigen können. Gegen Hamilton werden keine Sanktionen verhängt.

Zuvor hatten zwei verschiedene Laborresultate der Gegenprobe Verwirrung gesorgt; Hamilton hatte immer seine Unschuld beteuert.

Wie das IOC am Abend erklärte, muss die am Mittwoch vorgenommene B-Probe als ergebnislos betrachtet werden, da nicht genug rote Blutkörperchen für die Analyse vorhanden waren.

Die ergebnislose Gegenprobe stelle die Sorgfalt beim Labortest der A-Probe am 19. August in Athen aber keinesfalls in Frage. Radprofi Hamilton hatte am am 18. August Gold im Zeitfahren erkämpft.

Verwirrung

Vor der IOC-Entscheidung hatten zwei unterschiedliche B-Proben-Ergebnisse am Donnerstag zunächst für Verwirrung gesorgt.

Hamiltons Arbeitgeber Phonak hatte von einer «negativen» B-Probe gesprochen.

Eine Gegenanalyse der bei der Spanien-Rundfahrt (8. Etappe am 11. September) bestätigte jedoch das positive Resultat der A-Probe und damit den Verdacht auf Blutdoping.

Der Internationale Radsport-Verband UCI hat die Verantwortlichen der Schweizer Sportgruppe Phonak bereits informiert und die Unterlagen an den amerikanischen Verband (USADA) weitergeleitet.

Hamilton fuhr mit einer amerikanischen Lizenz und muss demzufolge von den Instanzen seines Landes bestraft werden. Das Strafmass kann bis zu einer Sperre von zwei Jahren gehen, womit die Laufbahn des 33-jährigen Radprofis zu Ende sein dürfte.

Wissenschafts-Gremium

«Ich habe den Verdacht, dass an Hamilton ein Exempel statuiert werden muss, um zu zeigen, dass der Test funktioniert», erklärte Phonak-Patron Andy Rihs.

Die Phonak-Verantwortlichen kündigten deshalb die Bildung eines Gremiums von Wissenschaftlern an, das sich mit dem neu entwickelten Blutdoping-Nachweisverfahren intensiv befassen soll.

Das Ziel lautet, weitere Klarheit über die von Australiern entwickelte Test-Methode zu schaffen.

In einer weiteren Erklärung beteuerte Hamilton, unschuldig zu sein. Der 33-Jährige bezog sich dabei jedoch ausdrücklich auf das olympische Zeitfahren («Diese Goldmedaille lasse ich mir nicht nehmen»), nicht auf die Vuelta.

Trotz seiner Suspendierung bleibt Hamilton im Tagesgeschäft mit Phonak verbunden und versicherte, das firmeneigene Wissenschaftler-Gremium unterstützen.

Zwei A-Tests positiv

Mit dem Gewinn der olympischen Goldmedaille im Zeitfahren in Athen hatte der Amerikaner vor einem Monat seinem Schweizer Arbeitgeber den bislang grössten Erfolg beschert.

Die Hinweise auf Blutdoping beim Amerikaner lieferten gleich zwei Tests: Der erste war am 19. August an den Olympischen Spielen in Athen vorgenommen worden, der zweite am 11. September an der Spanien-Rundfahrt, nachdem Hamilton dort ebenfalls das Zeitfahren gewonnen hatte. Fünf Tage später musste er die Rundfahrt aufgeben, angeblich wegen Magenbeschwerden.

«Normale» Reaktion

«Ich bin zu 100 Prozent unschuldig», wies Hamilton am Dienstagabend bei einer Pressekonferenz in Regensdorf die Vorwürfe zurück. «Die Ergebnisse kamen für mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Mit einer Bluttransfusion riskiere ich weder mein Leben noch dasjenige meiner Frau. Es muss irgendeine Manipulation vorliegen», erklärte der 33-Jährige.

Auf die Frage, wie er sich den positiven Befund erkläre, wenn er unschuldig sei, erklärte der Phonak-Teamcaptain, er habe keine Ahnung, was geschehen sei. Hamilton schloss eine Manipulation nicht aus.

Andy Rihs, der Verwaltungsratspräsident des Hörgeräte-Unternehmens aus Stäfa, stellte sich hinter seinen Fahrer. Er werde Hamilton bei all seinen weiteren Demarchen unterstützen.

Am Mittwoch wurde Hamilton von seinem Arbeitgeber Phonak vorläufig und bis auf Widerruf suspendiert. Wenn Hamilton seine Unschuld nicht beweisen kann, wird sein Vertrag sistiert, sagte Rihs.

Neue alte Methode

Unter Blutdoping wird die Zuführung von Blut, roten Blutzellen oder anderen Blutzellprodukten verstanden, deren Ursprung nicht für eine medizinische Behandlung vorgesehen ist.

Als «Pioniere» des Blutdopings gelten finnische Ausdauer-Athleten der 70er-Jahre, so etwa der Langstreckenläufer Lasse Viren, der an den Olympischen Spielen von 1972 und 1976 jeweils Doppel-Olympiasieger über 5000 und 10’000 Meter geworden war.

Die grosse Nummer geplatzt

Hamilton war letztes Jahr bei der dänischen Sportgruppe CSC unter Vertrag gestanden und wurde von Phonak auf diese Saison hin verpflichtet, um dem Hörgeräte-Hersteller aus Stäfa die erstmalige Teilnahme an der Tour de France zu sichern. Bis 2002 war er als Edelhelfer von Lance Armstrong im Dienste des Teams US Postal Service aktiv.

Hamilton gab im Sommer die bedeutendste Rundfahrt der Welt in der 13. Etappe in den Pyrenäen auf, weil ihm die Folgen eines Sturzes, in den er sechs Tage vorher verwickelt war, zu stark zu schaffen machten.

Fall Nr. 2

Die Teamleitung von Phonak hatte sich erst vor wenigen Wochen schon mit einem Dopingfall befassen müssen. Der Schweizer Ex-Weltmeister Oscar Camenzind war am 22. Juli in einer Trainingskontrolle hängen geblieben.

Dem Schwyzer konnte die Verwendung der verbotenen Substanz Erythropoietin (EPO) nachgewiesen werden. EPO ist ein Hormon, welches die Sauerstoff-Aufnahmekapazität des Blutes vergrössert. Aufgrund des positiven Testergebnisses trat Camenzind mit sofortiger Wirkung vom Profiradsport zurück.

swissinfo und Agenturen

Der 33-jährige Hamilton startete seine Profi-Karriere 1995.

Von 1996 bis 2001 fuhr er für das Team US Postal, danach für das dänische Team CSC.

Hamilton gilt als Spezialist für die grossen Rundfahrten. Er musste aber seine Ambitionen immer wieder aufgrund von Stürzen und Verletzungen begraben.

Auf diese Saison wurde er von Phonak-Boss Andy Rihs verpflichtet, womit sich die Schweizer Equipe das Ticket für die Teilnahme an der Tour de France sicherte.

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