Über 200 Personen bei Anti-WEF-Demo festgenommen
Bei einer unbewilligten Demonstration gegen das Weltwirtschaftsforum (WEF) sind am Samstag in Bern 242 Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen worden. Das Forum beginnt in vier Tagen.
Trotz massivem Polizeiaufgebot lieferten sich die Demonstranten in der unteren Altstadt ein Katz- und Mausspiel mit den Sicherheitskräften. Dabei kam es auch zum Einsatz von Tränengas.
Mehrere hundert Demonstrierende nahmen am Samstag an der unbewilligten Kundgebung in Bern teil.
Bei den zahlreichen guerillaartigen Aktionen der Demonstrierenden setzte die Polizei laut Beobachtern Reizgas und Gummischrot ein. Am frühen Abend begann sich die Lage zu beruhigen.
Ihr erklärtes Ziel, eine Demonstration gänzlich zu verhindern, erreichte die Polizei nicht.
Das sei eine Frage «von Bewegung und Gegenbewegung», sagte Stefan Blättler, Kommandant der Kantonspolizei Bern, vor den Medien.
Die Einsatzkräfte wurden mit Flaschen und Rauchpetarden beworfen. Sie reagierten ihrerseits mit Reizgas und Gummischrot.
Organisator festgenommen
Es kam zu 242 vorübergehenden Festnahmen, wie die Polizei bekanntgab. Darunter befanden sich 49 Frauen und 50 Jugendliche sowie führende Leute aus der Aktivistenszene. Sie wurden noch am Samstagabend alle wieder auf freien Fuss gesetzt.
Die Polizei ging davon aus, dass der Straftatbestand des Landfriedenbruchs mehrfach gegeben war (Zusammenrottung, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalt angedroht oder verübt wird).
Organisator Giovanni A. Schumacher befand sich nach Angaben eines Augenzeugen unter den Festgenommenen. Das «Bündnis für globalen Widerstand» bestätigte dies am Abend. Schumacher sei um 15 Uhr an einer Medienkonferenz auf dem Waisenhausplatz festgenommen worden, teilte es mit.
Grösseren Sachschaden verhindert
Es handelte sich um die erste grosse Bewährungsprobe für die neue Berner Einheitspolizei in der Stadt Bern, die auf Anfang Jahr die Stadtpolizei abgelöst hat.
Sie konnte zwar die Demonstration nicht verhindern, erreichte aber, dass es im Gegensatz zur unbewilligten Demo gegen die Schweizerische Volkspartei (SVP) am 6. Oktober 2007 nur wenig Sachschaden gab.
Zuerst bewilligt, dann verboten
Das Hin und Her um die Bewilligung hatte im Vorfeld zu etlicher Nervosität geführt. Im Einvernehmen mit der Kantonspolizei erteilte das städtische Polizei-Inspektorat Anfang Woche eine Bewilligung, widerrief diese aber am Donnerstag, weil sich die Organisatoren nicht zur Gewaltlosigkeit bekennen wollten.
In der neuen Lagebeurteilung ging die Kantonspolizei, die für das polizeitaktische Dispositiv verantwortlich ist, von einer nationalen Mobilisation und einem hohen Gewaltpotenzial aus.
Die Berner Kantonspolizei wurde beim Grosseinsatz von einer nicht bekannt gegebenen Zahl von Polizisten aus dem Konkordat Nordwestschweiz verstärkt. Der Einsatz werde so lange wie nötig weitergeführt, sagte der Kommandant. Der Auftrag der Behörden laute, dass in der Stadt Bern Ruhe herrsche.
Ruhig in St. Gallen
In St. Gallen demonstrierten etwa 120 Personen friedlich gegen das World Economic Forum. Der Protestmarsch war von den Behörden bewilligt worden. Dutzende von Polizisten beobachteten die Demonstration.
Mit Transparenten und Lautsprechern zogen die WEF-Gegner vom Bahnhofplatz durch die Gassen der Innenstadt und wieder zurück. Es kam zu keinerlei Zwischenfällen.
swissinfo und Agenturen
Der 38. WEF-Anlass findet vom 23. bis zum 27. Januar in Davos statt.
27 Staats- oder Regierungschefs werden erwartet, 113 Minister, Leiter diverser internationaler Organisationen, 1370 CEOs, darunter 74 der weltgrössten 100 Unternehmen, und 340 Vertreter der Zivilgesellschaft.
Alle Schweizer Bundesräte ausser Eveline Widmer-Schlumpf sind ebenfalls mit von der Partie.
Unter dem Motto «Macht der gemeinschaftlichen Innovation» werden Meinungsführer über Wirtschaft, Geopolitik, Ökologie, Unternehmensführung, Technologie und Gesellschaft debattieren.
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