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Unesco-Welterbe – ein begehrtes Markenzeichen

Keystone

Die Welterbe-Idee der Unesco gilt als einmalige Erfolgsgeschichte. Die Liste der Welterbe-Stätten hat einen wahren Run auf weitere Kandidaturen ausgelöst. Doch wie sind die Auswahlkriterien und was bringt die Auszeichnung einer Region?

Egal, ob es sich um einen Geniestreich von Menschen handelt, um ein einzigartiges Zeugnis einer Zivilisation oder um einen ökologischen Prozess, der besonders wichtig ist:

Das Welterbe, das in der Unesco-Liste aufgezeichnet ist, spiegelt Reichtum und Breite der kulturellen und natürlichen Hinterlassenschaften auf unserem Planeten. Sie sind derart wertvoll, dass die Menschheit ihren Schutz und ihre Bewahrung garantieren muss.

Dieses Erbe umfasst jenes Vermächtnis aus der Vergangenheit, von dem wir auch heute täglich zehren. Deshalb sind wir aufgerufen, es intakt an die kommenden Generationen weiterzugeben.

Appelliert wird dabei an die Kollektiv-Verantwortung. Formell wurde dieser Aufruf 1972 als internationales Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturgutes der Welt lanciert. 1975 ratifizierte die Schweiz diese Konvention als eines der ersten Länder. Und bereits 1978 figurierten 12 Stätten auf der Liste.

Ein Erfolg gleich von Beginn an war der Unesco-Konvention jedoch nicht beschieden. Erst im vergangenen Jahrzehnt hat sich dann fast schon so etwas wie ein Run auf die «Marke» Unesco entfesselt. Wohl deshalb, weil diese international anerkannte Auszeichnung für den Tourismus und die lokale Wirtschaft ein glaubwürdiges Qualitätsmerkmal abgibt.

Zur Zeit gehören rund 900 Stätten zur Welterbe-Liste, die meisten davon befinden sich in Europa. Allein Italien kann 40 davon beanspruchen, Deutschland und Frankreich je rund 30. Afrika hingegen ist als Kontinent noch stark untervertreten.

Auf der Suche nach einem neuem Gleichgewicht

In der Überzahl sind die religiösen Denkmäler, meist christlichen Ursprungs, wie gotische Kirchen und romanische Klosteranlagen. Der Grund liegt für Oliver Martin vom Bundesamt für Kultur auf der Hand: «Die Unesco-Kriterien sind in Übereinstimmung mit westlichen Werten festgelegt worden, was Kultur, Schönheit und Ausserordentlichkeit betrifft.»

«Es verwundert deshalb nicht, dass andere Kategorien wie moderne oder Industrie-Architektur oder gewisse Kulturgüter erst später miteinbezogen wurden – im Bemühen, das entsprechende Defizit zu füllen.»

Zur Sorge Anlass gibt jedoch nicht nur dieses geografische und thematische Ungleichgewicht. Eine zu starke Verbreitung des Markenzeichens «Unesco» könnte zudem die Aussergewöhnlichkeit des Welterbes verwässern. Deshalb wurde die Anzahl neu aufzunehmender Stätten auf jährlich 45 eingeschränkt, und ein Land darf nicht mehr als 3 Kandidaturen offen haben.

In jüngster Zeit wurden weiter grenzüberschreitende Stätten höher bewertet. So auch Kultur- und Naturgüter, die aus verschiedenen Elementen zu einem Thema zusammengesetzt sind: Zum Beispiel die franko-schweizerische Kandidatur «Le Corbusier». Das entsprechende Dossier umfasst Gebäude in sieben Ländern – Frankreich, Schweiz, Deutschland, Belgien, Argentinien, Indien und Japan.

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Welterbe (Unesco)

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Zu den Zielen, die sich die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) gesetzt hat, gehören auch die Bewahrung des Weltkultur- und Weltnaturerbes, das einen «aussergewöhnlichen universalen Wert» aufweisen muss. 1972 sind die Mitgliedstaaten der Unesco in einer internationalen Konvention übereingekommen, eine Welterbe-Liste zu erstellen. Die Staaten verpflichteten sich, die Natur- und…

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Aufgabenverteilung

Das Einzigartige der Unesco-Konvention besteht in der Kombination von Schutz von Kultur und Natur, wobei die Verantwortung der gesamten Menschheit übertragen wird. Die 186 Länder, die signiert haben, sind somit aufgerufen, sich einerseits für den Schutz des Erbes der gesamten Welt einzusetzen. Anderseits sind sie nur befugt, innerhalb ihrer jeweiligen Grenzen Kandidaturen aufzustellen.

Die Projekte können zwar von lokalen Behörden aufgestellt werden. Doch an die Unesco übergeben wird die Kandidatur nur über offizielle Instanzen. In der Schweiz sind dies die Bundesämter für Umwelt einerseits und für Kultur andererseits, sowie die nationale Unesco-Kommission und der Unesco-Koordinationsdienst des Aussenministeriums.

Eine Lebensaufgabe

Die Bewahrung des Welterbes ist ein ständig weiterlaufender Prozess. Hat die Stätte das Markenzeichen einmal erhalten, heisst das nicht, dass die Arbeit erledigt ist.

Es braucht eine ständige Kontrolle und Überwachung. Dazu kommt, dass zur Beachten der Konvention auch eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit gehört.

Mit «Unesco» lässt sich einerseits ein Kloster, ein Berg oder eine Eisenbahnstrecke auch über die Werte des gemeinsamen Erbes oder der gemeinsamen Identität promoten. «Eine Stärke für die Schweizer Stätten», unterstreicht Oliver Martin, «die aus diesem Markenzeichen ein Prestigeinstrument der Destinationswerbung gemacht hat».

Für Entwicklungsländer bedeutet die Akzeptanz durch die Unesco auch Zugang zu Geldern. Mit dem Fonds für das Welterbe wird etwa Forschung unterstützt, technische Geräte angeschafft und Personal ausgebildet.

In erster Linie jedoch werden mit diesem Geld jene Stätten, die gefährdet sind, konserviert.

Stefania Summermatter, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Italienischen: Alexander Künzle)

Die Unesco ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Sie ist eine internationale Organisation und gleichzeitig eine Sonderorganisation der UNO.

Ihr Sitz ist in Paris. Darin vertreten sind 193 Staaten.

Zu den Aufgaben der Unesco gehören die Förderung von Bildung («Bildung für alle»), Wissenschaft (Zwischenstaatliche Zusammenarbeit) und Kultur sowie Kommunikation und Information.

Das «World Heritage Comittee» verwaltet das Welterbe der Menschheit.

Dieses setzt sich aus Weltkulturerbe und Weltnaturerbe zusammen.

Insgesamt umfasst die Unesco-Liste des Welterbes fast 900 Denkmäler in über 140 Ländern.

Davon sind 679 als Kulturdenkmäler und 174 als Naturdenkmäler gelistet.

Weitere 25 Denkmäler werden sowohl als Kultur- als auch als Naturerbe geführt.

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