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Verbraucherschutz in der Schweiz noch nicht top

Mit den Konsumentenrechten steht es in der Schweiz noch nicht zum Besten. Keystone

In Sachen Konsumentenrechte gilt die Schweiz bei Konsumentenschützern als Entwicklungsland. Bezüglich Lebensmittel-Sicherheit schneidet sie jedoch besser ab als die EU.

Für Schweizer Konsumenten wirkt sich die Marktöffnung positiv aus: Sie profitieren vom EU-Binnenmarkt und werden es noch mehr tun, wenn das Cassis-de-Dijon-Prinzip eingeführt ist.

«Beim Vergleich der Konsumentenlage in der Schweiz und im Ausland geht es um den Vergleich der Standards und der Preise», sagt Jean-Marc Vögele, Chef des Eidgenössischen Büros für Konsumentenfragen, gegenüber swissinfo.

Ob überhöhte Medikamentenpreise, unklare Herkunftsdeklaration oder missbräuchliche Allgemeine Geschäftsbedingungen: Der Schutz des Konsumenten misst sich immer am Durchsetzen von Standards für Sicherheit, Recht und Transparenz.

Parallel zum Aufbau des Binnenmarkts in der EU zeichnet sich auch in der Schweiz eine Marktöffnung gegenüber dem Ausland ab. Diese zieht in der Schweiz unter anderem den Wunsch nach Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips (Erleichterung des Warenverkehrs wie innerhalb der EU) nach sich.

Früher vor allem ein Anliegen des Freihandels, gehört dieses Prinzip heute zu den Schlüsselforderungen der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS): Auch sie möchte eine Marktöffnung, aber verbunden mit einem Ausbau der Verbraucherrechte.

Billigpreis oder Verbraucherschutz

Marktöffner und Konsumentenschützer finden somit in ihren Anstrengungen für tiefere Preise zusammen. Doch verbergen sich hinter diesem gemeinsamen Vorgehen auch bereits erste Zielkonflikte:

Besonders bei den Lebensmitteln praktiziert die Schweiz nämlich strengere Standards als die EU. So kennt die EU keine Herkunftsdeklaration. Der bundesrätliche Gesetzesentwurf zum Cassis-de-Dijon-Prinzip will diese, in der Schweiz noch obligatorische Deklarationspflicht, ebenfalls abschaffen.

Dem stimmen in der Vernehmlassung zum Entwurf die Marktöffner zu, die Konsumentenschützer nicht: Diese Deklaration sei, auch wenn sie handelseinschränkend wirken könnte, eine zu bewahrende Errungenschaft. Sie werde benötigt, betonen auch Konsumentenschützer aus Deutschland, um gewisse Nachteile des Cassis-de-Dijon-Prinzips auszugleichen.

Lieber Herkunftspflicht als herkunftslos?

Als Nachteil par excellence wird auf das Beispiel des europäischen herkunftslosen Fleischmarkts verwiesen: Es gebe einen «schwunghaften illegalen Handel mit Tiermehl und Schlachtabfällen in Nicht-EU-Länder,» sagt Thilo Bode, Geschäftsführer von Foodwatch, Berlin.

Dort werden mit diesen Abfällen Nutztiere gefüttert, was in der EU verboten sei. Und es sei nicht auszuschliessen, «dass solche Tiere dann wiederum auf europäischen Tellern, also auch in der Schweiz, landen».

Allgemein zählen Handelsschranken, wie Importabsprachen oder Verbote von Parallelimporten, zu den wichtigsten Diskriminierungsfaktoren, denen der Schweizer Konsument seit Jahrzehnten ausgesetzt ist.

Auch deshalb lagen bei Warenimporten im Detailhandel 2006 laut BAK Basel Economics die Beschaffungskosten in der Schweiz gegenüber Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich bis fast 40% höher.

Zersplitterte Schweiz

Vergleicht man die behördliche Situation der Schweiz mit jener im Ausland, fällt eine stärkere institutionelle Zersplitterung auf. Auf Bundesebene zum Beispiel teilt sich das Büro für Konsumentenfragen die Arbeit mit Kommissionen, Staatssekretariaten, Bundesämtern.

Daneben spezialisiert sich der Preisüberwacher mit 17 Mitarbeitenden auf öffentlichen Preismissbrauch.

In Deutschland dagegen sorgt sich vor allem das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz um das Wohl der Konsumenten.

Schliesslich sorgen sich nicht weniger als vier nichtstaatliche Konsumenten-Organisationen, die alle vom Bund subventioniert werden, für Verbraucherinformation und -schutz: Die eher kritisch eingestellte Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), das eher bürgerlich agierende Konsumentenforum (kf) und je eine Organisation in der West- und Südschweiz.

Mit Konsumentenrechten im Verzug

Der Konsumentenschutz-Artikel figuriert in der Schweiz seit 1981 in der Bundesverfassung. Dennoch hinke im Vergleich zum Ausland die Schweiz «bezüglich der Konsumentenrechte hinter dem Niveau der EU hinterher, fast wie ein Entwicklungsland», urteilt Jacqueline Bachmann, SKS-Geschäftsführerin, gegenüber swissinfo.

So gebe es keine genügende Produktesicherheit. Weder müssten Fahrzeuge bei Mängeln zurückgerufen noch Kleingedrucktes mit missbräuchlichen Klauseln für nichtig erklärt werden.

swissinfo, Alexander Künzle

Seit US-Präsident John F. Kennedy 1962 erstmals die Grundrechte der Konsumentinnen und Konsumenten aufgezählt hatte, sind 45 Jahre verlangen.

Auf diese Erklärung geht der jeweils auf den 15. März gesetzte Welttag der Konsumentenrechte zurück. Das Thema dieses Jahr ist dem aggressiven Telemarketing gewidmet.

Dabei wird eine Empfehlung gegen unerwünschte, aggressive und missbräuchliche Telefonanrufe gestartet.

Die vier Verbraucher-Grundrechte von John F. Kennedy: Sicherheit und sichere Produkte, umfassende Informationen, freie Wahl und das Recht, angehört zu werden.

Laut dem Cassis-de-Dijon-Prinzip darf ein Produkt, das legal in einem EU-Land hergestellt und vertrieben wird, frei in den anderen EU-Ländern zirkulieren.

Der Handel darf nur dann Hemmnissen unterworfen werden, wenn Gefahren für die Gesundheit vorliegen.

Würde die Schweiz das Prinzip ebenfalls anwenden, könnten Waren importiert werden, ohne dass sie den Schweizer Normen angepasst werden müssen.

Es käme zu spürbaren Verbilligungen von importierter Ware.

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