Verfahren wegen CIA-Überflügen eröffnet
Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat wegen mutmasslichen Überflügen von US-Flugzeugen im Dienste der CIA ein Verfahren eröffnet.
Bisher ist von 73 Überflügen die Rede, bei denen der US-Geheimdienst auch Gefangene transportiert haben soll.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) ist nach mehrwöchigen Vorabklärungen im Laufe dieser Woche zur Verfahrenseröffnung geschritten, wie Sprecher Hansjürg Mark Wiedmer am Freitag bekannt gab.
Laut BA besteht der Verdacht auf verbotene Handlungen für einen fremden Staat. Auslöser war unter anderem die Bestätigung des Schweizer Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL), dass am Tag der Entführung des Mailänder Imams Abu Omar im Jahre 2003 ein für das US-Verteidigungsministerium immatrikulierter Jet zwei Mal die Schweiz überflog. Die Route führte vom deutschen Ramstein nach Aviano in Norditalien und zurück.
Im Falle eines konkreten Verdachts, dass die Souveränität der Schweiz verletzt wurde, ist die BA auch von Amtes wegen zum Handeln verpflichtet. Wiedmer schätzte aber die Aussichten, den Fall je vor Gericht zu bringen, eher als gering ein.
Die Bundesanwaltschaft versteht ihr Verfahren als Beitrag zu den auf verschiedener Ebene laufenden Bemühungen, Licht ins Dunkel der CIA-Affäre um geheime Gefängnisse und Festgehaltene in Europa zu bringen.
Warten auf Antwort
Das BAZL hat inzwischen die Bewegungen jener Flugzeuge bis ins Jahr 2001 zurückverfolgt, die laut Berichten von Medien und Menschenrechts-Organisationen dem US-Geheimdienst CIA für Gefangenentransporte gedient haben sollen. Dabei kamen bisher 73 Überflüge zum Vorschein. Die Zahl der Landungen solcher Flugzeuge in der Schweiz beläuft sich auf vier. Sie betrafen alle Genf.
In der Schweiz haben sich bereits mehrere Stellen in die CIA-Affäre eingeschaltet. Die Aufsichtsdelegation des Parlaments (Geschäftsprüfungs-Kommission) verlangt vom Bundesrat einen Bericht über die mögliche Benutzung der Schweiz und ihres Luftraumes für aussergerichtliche Gefangenentransporte der USA.
Der Bundesrat wiederum verlangte von den USA Aufklärung über Überflüge und Landungen ziviler Flugzeuge in der Schweiz in den Jahren 2003 und 2004. Eine Antwort auf die Frage, ob während der Flüge über die Schweiz und den Landungen auf Schweizer Boden Gefangene transportiert worden seien, ist Washington aber bisher schuldig geblieben.
Verdacht erhärtet
Der Tessiner Ständerat Dick Marty, der für den Europarat eine Untersuchung über die geheimen CIA-Aktivitäten in Europa leitet, warf dem Bundesrat mangelnde Aktivität vor. Dieser solle mit Nachdruck präzise Auskünfte über alle Flüge verlangen, welche die Schweiz betreffen. Der Ermittler glaubt, dass CIA-Gefangenentransporte über die Schweiz die Neutralität verletzt haben.
Erst am Dienstag hatte Marty über den Stand seiner Untersuchungen über angebliche CIA-Geheimgefängnisse und Gefangenenflüge in Europa informiert. Er sagte dabei, die vorliegenden Informationen hätten den Verdacht auf Menschenrechtsverletzungen erhärtet.
swissinfo und Agenturen
Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat wegen Überflügen von US-Flugzeugen im Dienste der CIA ein Verfahren eröffnet.
Die Schweizer Regierung hatte bereits am 6. Dezember von Washington Auskunft verlangt über vier Landungen und 30 Überflüge von US-Maschinen.
Am 2. November berichtete die «Washington Post», dass die USA in Osteuropa Gefangenenlager «im Sowjetstil» aufgebaut hätten, um Terror-Verdächtige zu verhören.
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