Verpasste Gelegenheit
Am Samstag hätte in Davos eine grosse Demonstration stattfinden sollen. Stattdessen zogen ein paar hundert Personen durch den Ort.
Die angereiste Präsidentin der SP Schweiz, Christiane Brunner, sprach enttäuscht von einer verpassten Gelegenheit.
«Ich bin extrem enttäuscht. Viele Demonstranten wollten nach Davos kommen, um gegenüber dem WEF friedlich ihre Anti-Globalisierungs-Haltung kund zu tun. Sie wurden daran gehindert, weil Mitglieder des Oltner Bündnisses die Züge blockierten.»
So die Reaktion von Christiane Brunner, der Parteipräsidentin der SP Schweiz, gegenüver swissinfo. Sie war für die Demonstration extra angereist und hatte schon am frühen Vormittag die Kontrollen passiert.
Das Verhalten der Polizei sei zwar unverhältnismässig gewesen, doch verantwortlich für das Scheitern der offiziellen Veranstaltung sei das «Oltner Bündnis».
Vielversprechender Anfang
Dabei fing alles vielversprechend an: Strahlender Sonnenschein in Davos, über 1000 angereiste Demonstranten aus dem In- und Ausland. Man wartete entspannt auf die Durchführung einer grossen friedlichen Demonstration gegen das WEF und einen drohenden Irak-Krieg.
Ein beeindruckendes Aufgebot an internationaler und nationaler Presse wollte den Anlass dokumentieren.
«Grounding» in Landquart
Doch es sollte anders kommen. Stundenlang wartete man in Davos auf die Ankunft weiterer 3000 Demonstrations-Teilnehmer aus Landquart – vergebens. Trotz eitel Sonnenschein verwandelten sich die Füsse langsam in Eisblöcke.
Widersprüchliche Informationen sorgten zunehmend für Verwirrung. Die Polizei schien schliesslich ihr Wort – nur Gepäckkontrollen in den Zügen – gebrochen zu haben. Das «Oltner Bündnis» verweigerte darauf ein Entegegenkommen seinerseits. Es kam zu Scharmützeln mit der Polizei und diese setzte Tränengas, Gummischrot und Wasserwerfer ein.
Am fortgeschrittenen Nachmittag schwand schliesslich die letzte Hoffnung, es möge noch zu einer grossen offiziellen Demonstration in Davos kommen.
Absage der offiziellen Demonstration
Gegen 15.30 Uhr sagte das «Oltner Bündnis» schliesslich vor Ort die Demonstration offiziell ab – und sorgte für Unmut unter den Anwesenden.
Trotzdem wollte sich niemand – auch nicht Vertreter aus Politik und NGOs – offziell zum Vorgehen des «Oltner Bündnisses» äussern. Zudem wusste niemand, was genau in Landquart und Fideris passiert war.
Der «harte Kern» demonstrierte trotzdem
Ein paar Hundert Demonstranten liessen sich nicht abhalten und zogen schliesslich mit dreistündiger Verspätung von Davos Dorf nach Davos Platz.
Sie verbrannten vor dem Rathaus in Davos-Platz symbolisch die Bewilligung für die Demonstration und in der Nähe des Kongresszentrums eine US-Flagge. Die Kälte und hereinbrechende Dunkelheit setzte schliesslich den Aktivitäten in Davos ein Ende.
Ausschreitungen in Bern am Abend
Anschliessend begaben sich mehrere Hundert Aktivisten von Landquart und Zürich nach Bern. Die Scharmützel zwischen der Polizei, die auch einen Wasserwerfer einsetzte, und den Demonstranten fanden in der Region Bahnhof statt und verlagerten sich später auf die Uniterrasse.
Aktivisten, darunter viele Vermummte, schlugen auch Scheiben von Geschäftern und des beim Bahnhof gelegenen Hotels Schweizerhof ein. Am späten Samstagabend dauerten die Auseinandersetzungen noch an. Die Lage in Zürich blieb ruhig.
swissinfo-Sonderkorrespondentin Elvira Wiegers, Davos
Die offizielle Gross-Demonstration in Davos fand nicht statt.
Mehrere Tausend Menschen konnten nicht nach Davos reisen.
Vertreter des «Oltner Bündnis» hielten die Zufahrt nach Davos aus Protest gegen die Polizei blockiert.
In Landquart kam es zu Ausschreitungen, die Polizei setzte Tränengas und Gummischrot ein.
Eine nicht-offizielle Demonstration in Davos fand mit mehrstündiger Verspätung dennoch statt.
Die SP-Parteipräsidentin Brunner äussert sich enttäuscht über die verpasste Chance der Meinungsäusserung.
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