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«Via Alpina»: Zu Fuss über die Alpen

Die "Via Alpina" folgt bereits vorhandenen Wanderrouten und verbindet sie zu einem transnationalen Netz. swissinfo.ch

5000 Kilometer Bergpfade von Triest bis Monaco: Die "Via Alpina" ist die erste Wanderroute, die sich quer durch die Alpen schlängelt.

Das 1999 entstandene Projekt will den sanften Tourismus in den Alpen fördern. Am 1. August findet die Eröffnung des Schweizer Abschnitts statt.

Offiziell gibt es sie erst seit der Sommersaison 2003, die «Via Alpina»: Fünf Wanderrouten nicht quer über, sondern längs durch die Alpen mit insgesamt mehr als 5000 Kilometern Wegstrecke bei über 300 Tagesetappen.

Farbige Wege

Herzstück ist der so genannte «Rote Weg» (163 Etappen) von Triest nach dem Fürstentum Monaco, der durch sämtliche Alpenstaaten führt: Italien, Slowenien, Österreich, Deutschland, Liechtenstein, die Schweiz, Frankreich und Monaco.

Der «Grüne Weg» (13 Etappen) ist eine Abkürzung des roten Weges auf Schweizer und Liechtensteiner Boden.

Der «Gelbe Weg» (37 Etappen) führt von Triest über Bozen bis in den Bregenzer Wald. Auf dieser Route wird der höchste Punkt der «Via Alpina» überhaupt überquert: das Niederjoch (3017 m) in den Ötztaler Alpen.

Der «Blaue Weg» (61 Etappen) beginnt (oder endet, je nach Gusto) in Monaco und bringt einen durch die Cottischen, südlichen Grajischen und Walliser Alpen.

Der «Violette Weg» (64 Etappen) schließlich, der auch quer durch die Bayerischen Alpen führt, zweigt im slowenischen Triglav-Nationalpark vom «roten Faden» ab, um in den Allgäuer Alpen wieder an ihn anzuknüpfen.

Nachhaltige Entwicklung

Das Projekt «Via Alpina» wurde vor fünf Jahren von der französischen «Grande Traversée des Alpes» (GTA) lanciert. Die GTA ist ein 1971 gegründeter Verein, der sich speziell mit dem Wandertourismus befasst.

Die «Via Alpina» soll sich völkerverbindend auswirken und vor allem ärmeren Alpenregionen durch den sanften Tourismus des Wanderns zu mehr Wirtschaftskraft verhelfen.

Das Projekt wird vom ständigen Komitee der Alpenkonvention unterstützt und mit Geldern der acht daran beteiligten EU-Länder finanziert; dies im Rahmen des Programms Interreg III B «Alpenraum».

Unbekanntere Regionen

«Das Projekt will den Bergregionen dabei helfen, ihre landschaftlichen und kulturellen Resourcen dauerhaft zu nutzen», sagt Marcel Grandjean, Schweizer Verantwortlicher für die «Via Alpina», gegenüber swissinfo. Die Wanderrouten durchqueren weniger bekannte Regionen, die vom Massentourismus entfernt sind.

Die übernationale Koordination der «Via Alpina» liegt in den Händen eines Promotionsvereins. Die Verantwortung für die praktische Realisierung des Projektes haben jedoch nationale und lokale Vereine oder Organisationen.

Für Geografie-Professor und Alpen-Experte Werner Bätzing von der Universität Erlangen-Nürnberg ist die «Via Alpina» ein gutes Beispiel für die Promotion «eines sozial und ökologisch verträglichen Tourismus mit dezentraler Struktur, der gleichwohl den ganzen Alpenraum umfasst».

Signalisation und Führer

In einer ersten Phase, die im Herbst dieses Jahres abgeschlossen sein sollte, werden die fünf Wanderrouten mit dem Logo der «Via Alpina» oder kleinen Informationstafeln signalisiert. Die Routen folgen bereits vorhandenen Wegen, die – mit wenigen Ausnahmen – nicht neu gestaltet werden mussten.

In Deutschland, Österreich, Liechtenstein und dem Fürstentum Monaco steht die Signalisierung bereits, in der Schweiz, Italien und Slowenien befindet sie sich im Aufbau.

Im Kanton Graubünden, wo die Wanderrouten bereits signalisiert sind, findet am 1. August im Puschlav die nationale Einweihung der «Via Alpina» statt.

Bald im Internet

Die technischen Informationen über die Wanderrouten inklusive Übernachtungs-Möglichkeiten werden in den kommenden Monaten auf der Internet-Site der «Via Alpina» abrufbar sein.

Weiter vorgesehen ist die Veröffentlichung von Führern mit Informationen über die Wandergebiete und über die Daten der Wanderrouten. «Sechs Bände in deutscher, französischer, italienischer und englischer Sprache, die 2005 in Fachverlagen erscheinen sollen», freut sich Nathalie Morelle, europäische Koordinatorin der «Via Alpina».

Nur Bayern ist vorgeprellt und hat schon 2003 einen eigenen Führer herausgegeben.

Touristisches Angebot

In einer zweiten Phase (2005-2007) sollte ein spezielles touristisches Angebot im Zusammenhang mit der «Via Alpina» entwickelt werden, in Zusammenarbeit mit den lokalen Verkehrsbüros. Ein Gesuch um Finanzierung dieser Etappe wurde eben erst bei Interreg eingereicht.

«In der Praxis werden die Touristen ein Wander-Arrangement auf der ‹Via Alpina›-Route buchen können, das auch Logis und Infos über Wegstrecke und Region umfasst», erklärt Nathalie Morelle.

«Das Angebot soll sich an Touristen richten, die sich nicht gewöhnt sind, grosse Alpendurchquerungen in eigener Regie zu organisieren.»

Alpine Identität

«Via Alpina» ist für Nathalie Morelle nicht nur irgendein touristisches Projekt. «Es ist ein Schaufenster für das Erbe der Region und repräsentiert die Alpenkonvention.»

Als erstes Netz von Wanderrouten, welche die Alpen durchqueren, reiht sich die «Via Alpina» ein in eine breitere Diskussion über die alpine Identität, über die Rolle der Alpen im neuen Europa. Eine Diskussion, die bereits vor Jahrzehnten begonnen hat.

«Das neue Interesse an den Alpen als Gesamtraum ist ein Phänomen der Nachkriegszeit», erklärt Jon Mathieu, Direktor des Istituto di Storia delle Alpi (ISAlp) in Lugano. «Ein Phänomen, das mit zwei Bewegungen zu tun hat: der europäischen Integration und dem Regionalismus.»

Bis zum Zweiten Weltkrieg war der Alpenraum charakterisiert durch die zahlreichen Grenzen der europäischen Nationalstaaten. Seit 1945 konnte er sich dann Gedanken über die eigene Identität machen, in einer Zeit der wachsenden Durchlässigkeit der Grenzen in Europa.

Auf den Routen der «Via Alpina» zu wandern heisst also auch, die Alpen als gemeinsamen Raum (wieder) zu entdecken, einen Raum, der doch charakterisiert wird durch kulturelle, sprachliche und landschaftliche Unterschiede.

«Viele Menschen wollen die Alpen gerade in ihren Unterschieden kennen lernen», so Mathieu weiter. «Es wäre langweilig, wenn man auf den Wanderrouten immer dieselben Dinge antreffen würde. Mir persönlich gefällt eine Durchmischung immer.»

swissinfo, Andrea Tognina
(Übertragung aus dem Italienischen: Jean-Michel Berthoud)

5000 km Wanderrouten
950 km in der Schweiz
5 Wanderrouten (rot, grün, gelb, blau, violett)
Budget 2001-2004: 2,5 Mio. Euro (davon 950’000 Euro vom EU-Interreg-Programm)

Die fünf Wanderrouten der «Via Alpina» sind lange, bereits existierende Wege. Sie durchqueren viele kulturelle und landschaftlich interessante Regionen, darunter zahlreiche Naturparks und früher hochfrequentierte Verbindungswege.

Auf der «Via Alpina», die zwischen dem Fürstentum Monaco und Triest den ganzen europäischen Alpenraum durchquert, kommt man an einigen der berühmtesten Städte in den Bergen vorbei. Gleichzeitig überschreitet man mehr als 60mal die Grenzen zwischen den Alpenländern.

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