Vier Rechtsextreme wegen Rassismus verurteilt
Vier Vorstandsmitglieder einer rechtsextremen Partei sind in der Schweiz wegen Rassen-Diskriminierung zu Bussen verurteilt worden.
Die Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) wurde bekannt wegen der Wahl zweier Mitglieder in Exekutive und Legislative von zwei Gemeinden.
Das aargauische Bezirksamt Aarau hat vier Vorstandsmitglieder der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) wegen Rassendiskriminierung zu Bussen zwischen 300 und 500 Franken verurteilt. Darunter ist auch der schweizerische Parteipräsident Jonas Gysin.
Die PNOS hatte 2003 im Nationalratswahlkampf im Kanton Aargau ein kaum abgeändertes Plakat der Schweizer Nationalsozialisten von 1933 zur Kampagne genutzt. Auf dem Plakat «Wir säubern» werden Bonzen, Kommunisten und Juden von einem Schweizer Kreuz weggefegt.
Deshalb reichte Heinz Kaiser, Projektleiter gegen Gewalt und Rassismus bei der Gruppierung Schweizer WeltbürgerInnen, im August 2003 eine Anzeige wegen Rassendiskriminierung ein, wie er am Montag zu einem Bericht im der Tageszeitung «Blick» sagte. Neben Gysin wohnen noch zwei weitere der Verurteilten im Aargau, der vierte ist im Kanton Basellandschaft zu Hause.
Die vier PNOS-Vorstandsmitglieder akzeptieren die Bussen wegen Rassismus nicht. Das Urteil des Bezirksamts Aarau werde angefochten, teilte die Gruppierung inzwischen mit.
Aufruf zum Rassenhass
Die PNOS habe öffentlich gegen Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass und Diskriminierung aufgerufen, heisst es im Urteil vom 1. Juli. Sie habe «öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sind».
Das Gericht verurteilte die vier Rechtsextremen auch wegen der Annahme und Veröffentlichung des 20-Punkte-Parteiprogramms. Dieses beinhaltet eine kollektive Schmähung der Ausländer, indem diesen Menschenrechte abgesprochen werden und zur Rückführung kulturfremder Ausländer aufgerufen wird.
Bereits mehrere PNOS-Mitglieder verurteilt
Für PNOS-Präsident Gysin ist dies nicht die erste Verurteilung: Im September 2003 wurde er bereits wegen Tätlichkeiten zu 30 Tagen Haft bedingt verknurrt.
Im Oktober letzten Jahres mussten sich zudem zwei Mitglieder der PNOS vor Gericht verantworten. Im bernischen Aarwangen wurde der designierte PNOS-Stützpunktleiter wegen Raufhandels, Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung zu 20 Tagen Gefängnis bedingt und 800 Franken Busse verurteilt.
Verstoss gegen Antirassismus-Strafnorm
Im freiburgischen Tafers wurde ein 34-jähriger PNOS-Verbindungsmann aus dem Sensebezirk zu einer Busse von 500 Franken verurteilt. Er hatte ein Flugblatt gegen die geplante Einrichtung eines Zentrums für Asylsuchende in Plaffeien verteilt und damit die Antirassismus-Strafnorm verletzt.
Im November 2003 war PNOS-Gründer Sacha Kunz vom Strafgericht Baselland wegen Angriffs, einfacher Körperverletzung und Tätlichkeiten zu 16 Monaten Gefängnis bedingt verurteilt worden. Kunz war von Oktober 1999 bis Juni 2002 in sechs Fällen in tätliche Auseinandersetzungen verwickelt, die teils Verletzte forderten.
Die PNOS konnte in den letzten Monaten jedoch einige politische Erfolge verbuchen: Im Oktober 2004 wurde Tobias Hirschi in Langenthal in den Stadtrat (Stadtparlament) gewählt. PNOS-Mitglied «X»* schafte es im April 2005 auf Anhieb in den Gemeinderat (Exekutive) in der Solothurner Gemeinde Günsberg.
Erstes Urteil
Guido Balmer, Sprecher des Bundesamtes für Polizei (fedpol) sagte, der Dienst für Analyse und Prävention habe die Urteile noch nicht einsehen können. PNOS-Exponenten seien zwar bereits mehrfach wegen rassistischer Äusserungen oder auch wegen Körperverletzung verurteilt worden.
Seines Wissens habe bislang aber noch kein Schweizer Gericht auf Grund des PNOS-Parteiprogramms ein Urteil gefällt, sagte Balmer.
Die Frage, ob der PNOS ein Verbot in der Schweiz drohen könnte, blieb vorerst unbeantwortet. Die Bundesverfassung räumt einzig dem Bundesrat das Recht ein, eine Organisation zu verbieten. Ein solches Verbot sprach der Bundesrat in der jüngeren Vergangenheit gegen die Terror-Organisation Al Kaida aus.
Verbot heikel
In Anbetracht der Entwicklungen im Extremismus und Terrorismus könne es allenfalls Sinn machen, wenn ein Organisationsverbot auf einer gesetzlich tieferen Stufe unter Einräumung eines Rekursrechts ausgesprochen werden könnte, sagte Balmer.
Weil die freie Meinungsäusserung in der Verfassung festgeschrieben sei, halte er das aber für ein sehr heikles Thema, so der Fedpol-Sprecher.
Seit Gründung unter Beobachtung
Die PNOS ist seit ihrer Gründung im Sommer 2000 im Blickfeld der Staatsschützer. Damals waren am 1. August einige hundert Skinheads auf dem Rütli aufmarschiert und hatten die offizielle Feier mit rechtsextremen Parolen gestört.
Kurz darauf war die Partei gegründet worden. Die Bundespolizei musste in ihrem jüngsten, Ende Mai veröffentlichten Sicherheitsbericht vermerken, dass der PNOS mit einigen kommunalen Wahlerfolgen der Einstieg in die institutionelle Politik gelungen sei.
swissinfo und Agenturen
(*Auf Wunsch der Person hat swissinfo.ch den Namen nachträglich aus dem Artikel entfernt. N.d.R.)
Laut dem Extremismus-Bericht 2004 des Bundes zählt die PNOS ungefähr 100 bis 130 Mitglieder.
Etwa 60 davon gehören der Kantonalsektion beider Basel an.
Die PNOS wurde im September 2000 gegründet, nach einem Aufmarsch einiger hundert Skinheads bei der 1. Augustfeier auf dem Rütli.
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