Visa-Korruption vor Bundes-Strafgericht
Das Bundesstrafgericht hat seit Donnerstag erstmals einen Fall von Visa-Korruption zu beurteilen. Angeklagt ist der Ex-Honorarkonsul von Oman.
Der heute 78-jährige soll fast 160 Visa ausgestellt und dafür mehr als 200’000 Franken kassiert haben. Bei den Strafverfolgungsbehörden sind vier weitere Visa-Fälle pendent.
Die Bundesanwaltschaft hat für den ehemaligen Vize-Honorarkonsul in Oman eine Gefängnisstrafe von 18 Monaten bedingt gefordert. Der ehemalige stellvertretende Honorarkonsul ist teilweise geständig. Er ist der Urkundenfälschung im Amt, der Unterdrückung von Urkunden, der passiven Bestechung sowie Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern (ANAG) angeklagt.
Mittäter aus Bangladesh
Die ihm zur Last gelegten Delikte gehen auf die Zeitperiode 1999 bis 2003 zurück. Er soll laut Anklage widerrechtlich 134 Visa für Menschen aus Bangladesch sowie 24 Visa für Menschen aus anderen Staaten ausgestellt haben.
Statt der üblichen Gebühr von 40 Franken soll er durchschnittlich 1575 Franken dafür kassiert haben. Nach Abzug der üblichen Visa-Gebühren flossen demnach über 205’000 Franken in seine eigene Tasche.
Das Geld hat der Angeklagte laut eigenen Aussagen grösstenteils seiner damaligen philippinischen Haushälterin und Freundin gegeben, mit der er ein gemeinsames Kind hat.
Die Visa-Anträge wurden ihm jeweils von einem Mittäter aus Bangladesch übergeben. Dieser Mann wurde im vergangenen Mail in Oman wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu anderthalb Jahren Gefängnis und Landesverweis verurteilt.
Angeklagter bestreitet Zahl
Die Manipulation der Visa-Anträge erfolgte laut den Aussagen des Angeklagten jeweils freitags in seiner Wohnung. Der Freitag sei in Oman Feiertag und deshalb habe er die für die Visa-Anträge notwendigen Stempel unbemerkt nach Hause nehmen können.
Er belastete den Mittäter, der ihm jeweils die Anträge zukommen liess. Dieser habe seine Unterschrift auf den Visa gefälscht.
Der Angeklagte anerkannte zwar die ihm vorgeworfene Manipulation von Visa-Anträgen, bestritt aber deren Anzahl und den angeblich für die ausgestellten Visa kassierten Betrag. Er protestierte zudem gegen den Vorwurf, eine Weisung des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten (EDA) missachtet zu haben.
Gemäss dieser Weisung hätte er nur Staatsangehörigen von Oman Visa ausstellen dürfen. Sein Vorgesetzter, der Konsul, habe ihn mündlich dazu ermächtigt, auch Visa für Bürger von Bangladesch und anderen Ländern ausstellen zu dürfen.
Vier weitere Fälle in Arbeit
Nach den Aussagen des Angeklagten sollten die Menschen aus Bangladesch mit den von ihm ausgestellten Visa nicht in die Schweiz reisen, weil dort die Gefahr bestand, dass bei Asylgesuchen das widerrechtlich ausgestellte Visum hätte erkannt werden können. Deshalb hätten sie nach Italien reisen sollen.
Wann das Bundesstrafgericht das Urteil fällt, ist noch offen. Bei den Schweizer Strafverfolgungsbehörden sind derzeit noch vier weitere Fälle von Visa-Korruption pendent. Die Fälle betreffen Peru, Moskau, Nigeria und Serbien.
swissinfo und Agenturen
Die Schweizer Strafverfolgungs-Behörden beschäftigen sich mit insgesamt fünf Fällen von Visa-Korruption.
Oman ist der erste Fall, der von einem Gericht beurteilt wird. Die andern Fälle betreffen Peru, Moskau, Nigeria und Serbien. Hier sind die Untersuchungen noch im Gang.
Jährlich stellt die Schweiz 500’000 Visa aus. 40’000 Visagesuche werden abgelehnt.
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