Vogelgrippe bleibt Bedrohung Nummer eins
Eine menschliche Vogelgrippe-Pandemie stellt für die Gesundheit weltweit noch immer die grösste Bedrohung dar. Dies sagte ein Schweizer Vertreter vor Beginn der 60. Versammlung der WHO.
Auch wenn die Vogelgrippe in den letzten Monaten nicht in den Schlagzeilen stand, wird sie die 10-tägige Sitzung der Weltgesundheits-Organisation dominieren, die am Montag in Genf begann.
«Die Vogelgrippe grassiert noch immer, und es gibt regelmässig Übertragungen von Vögeln auf Menschen. Das bedeutet, dass die Bedrohung noch immer existiert», erklärte Gaudenz Silberschmidt, Leiter für internationale Angelegenheiten im Bundesamt für Gesundheit (BAG), gegenüber swissinfo.
«Wir wissen noch immer nicht, wann das Virus mutieren wird und auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Die Vorbereitungen auf eine Pandemie sind zwar fortgeschritten, müssen aber in allen Ländern noch weiter gehen.»
Zwei Themen, über die an der Tagung heftig debattiert werden dürfte, sind der Zugang zu Virusproben und zu Impfungen.
Indonesien, das am meisten Vogelgrippe-Opfer zu beklagen hat, verlangt besseren Zugang zu Impfungen. Als Gegenleistung bietet es Virusproben.
An einem WHO-Treffen von Ende letztem Monat wurde beschlossen, dass die Weltorganisation die Möglichkeit eines internationalen Vorrats an Impfstoff prüfen solle, um die nationalen Anstrengungen zu unterstützen. Auch dies wird an der Konferenz diskutiert.
Schweiz rüstet auf
Die Schweiz wird anfangs Sommer von der britisch-amerikanischen Firma GlaxoSmithKline acht Millionen Dosen Impfstoff erhalten – genug für die gesamte Bevölkerung.
Die Angst, das tödliche H5N1-Virus könnte sich weiter ausbreiten, dominierte die Presse in den letzten drei Jahren. In Europa traten während der Zugvogel-Saison keine Fälle auf.
Von Februar bis März letzten Jahres wurden in der Schweiz 32 tote Wildvögel gefunden, die vom H5N1 befallen waren.
Auch wenn die Vogelgrippe aus dem Visier der breiten Öffentlichkeit in der Schweiz und anderen europäischen Ländern verschwunden ist, besteht die Bedrohung laut Silberschmidt nach wie vor.
Infiziertes Geflügel
Gemäss Zahlen der WHO sind seit 2003 172 Menschen gestorben, die mit krankem Geflügel in Kontakt gekommen waren. Im laufenden Jahr gab es in Asien 14 Todesfälle.
«Bis zu einem gewissen Grad ist es hilfreich, dass die riesige Medienpräsenz nachgelassen hat, so können die Vorbereitungen ruhig vorangehen. Auf der anderen Seite brauchen wir die Öffentlichkeit, damit die Bedrohung Ernst genommen wird», so Silberschmidt.
Weitere Themen, die an der WHO-Sitzung thematisiert werden, sind die Anwendung der Internationalen Gesundheits-Regeln, die Vernichtung von gelagerten Pockenviren, die Kontrolle von Malaria und Tuberkulose sowie die Ausrottung von Kinderlähmung.
Taiwans Beitrittsgesuch zur WHO wird ebenfalls für Diskussionen sorgen. Taiwan, das Beobachterstatus hat, versucht seit 1997 vergeblich, in die Weltgesundheits-Organisation aufgenommen zu werden.
«Die Schweiz vertritt gegenüber China eine einzige Politik. Sollte das geändert werden, dann müsste das in der UNO geschehen und nicht in einer Sonderorganisation. Wir sind nicht für Versuche durch die Hintertür, um eine Agentur zu politisieren», erklärt Silberschmidt.
swissinfo, Adam Beaumont, Genf
(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)
Die Jahresversammlung der WHO ist das oberste Entscheidungsorgan der Weltgesundheits-Organisation.
Sie findet jedes Jahr im Mai in Genf statt. 193 Mitgliedstaaten nehmen daran teil.
Die Hauptaufgabe der Versammlung ist, die Politik der WHO zu bestimmen.
Auf der diesjährigen Traktandenliste stehen die Ausrottung der Kinderlähmung, Tuberkulose, Gesundheits- und Ersthilfesysteme, Mundhygiene, Genderfragen sowie die Vogelgrippe und Pandemien.
Mit Blick auf eine Grippe-Pandemie sollten sich alle Schweizer Haushalte bereits jetzt 50 Hygienemasken pro Person beschaffen.
Das empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Geeignete Masken würden vom Detailhandel paketweise angeboten.
Das Bundesamt rät zudem, im Pandemiefall die Hände regelmässig mit Seife zu waschen.
Zum Husten und Niesen seien Papiertaschentücher zu verwenden, die anschliessend entsorgt werden müssten. Auf das Händeschütteln sollte zum Schutz vor Ansteckung verzichtet werden.
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