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Vogelgrippe: Keine Hysterie angezeigt

Laut Bundesrat Pascel Couchepin gibt es keinen Grund für eine Vogelgrippe-Hysterie. Keystone

Bundesrat Pascal Couchepin, verantwortlich für das öffentliche Gesundheitswesen, kritisiert die Hysterie in Bezug auf ein Pandemie-Risiko.

Um die Bevölkerung der Schweiz zu beruhigen, hat der Gesundheitsminister versichert, die Regierung habe adäquate Massnahmen zum Kampf gegen die Vogelgrippe ergriffen.

Der Bundesrat, die Landesregierung, will die Information über die Vogelgrippe intensivieren und nach seinen wöchentlichen Sitzungen seine obersten Fachleute auftreten lassen.

So werden die Direktoren der Bundesämter für Gesundheit (BAG) und Veterinärwesen (BVET), Thomas Zeltner und Hans Wyss, jeweils am Mittwoch Red und Antwort über die neueste Entwicklung der Tierseuche stehen.

Adäquate Reaktion

Angesichts der Tatsache, dass in Europa bisher kein einziger Mensch mit dem Vogelgrippevirus H5N1 angesteckt worden sei, hätten seine Fachbehörden rational, faktengestützt und adäquat reagiert, sagte Couchepin.

Man müsse die Geflügelpest, die eine Tierkrankheit sei, unterscheiden von einer Wintergrippe, die Menschen befalle, sagte Couchepin. Krank seien in Europa erst Vögel und Hühner.

Das Vogelgrippevirus müsste mutieren, bevor es von Mensch zu Mensch überspringen könnte. Das sei theoretisch möglich, aber sehr ungewiss, ja unwahrscheinlich.

Impfstoff ausgeschrieben

Zur Zeit sei kein Impfstoff gegen H5N1 auf dem Markt, sagte Zeltner. Das BAG habe aber eine internationale Ausschreibung für den Kauf von 100’000 Dosen eines noch zu entwickelnden Impfstoffs lanciert. Der Grippe-Impfstoff für die Saison 2005/06 schütze nicht vor dem Vogelgrippevirus.

Gegenwärtig werde ein Pflichtlager für einen Pandemiefall aufgebaut. Die eingelagerten Mengen des antiviralen Medikaments Tamiflu für 2 Mio. Behandlungen reichten aus, um alle Erkrankten der ersten Pandemiewelle zu behandeln sowie das Medizinal- und Pflegepersonal prophylaktisch zu schützen.

Verzehnfachung der Tamiflu-Produktion geplant

Der Schweizer Pharmakonzern Roche will die Produktion seines Medikaments Tamiflu bis Mitte 2006 verzehnfachen.

Roche hat in den USA eine weitere Produktionsanlage genehmigt. Damit gebe es weltweit mehr als ein Dutzend Produktionsstätten für Tamiflu. Der Konzern erklärte sich auch bereit, Unterlizenzen an Regierungen oder Unternehmen zu vergeben, um einem möglichen Nachfrageboom besser gerecht zu werden.

Produktionsanlagen in der Schweiz

Vor wenigen Tagen hatten das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Firma Berna Biotech über den Bau neuer Produktionsanlagen in der Schweiz verhandelt.

Mit 10 bis 12 Mio. Franken vom Bund könnte das Unternehmen seine Anlagen aufrüsten, um die Versorgung der Schweiz mit einem Impfstoff sicherzustellen.

Schon heute stellt Berna Grippeimpfungen in der Schweiz her. Allerdings muss das Unternehmen die Grundstoffe dafür importieren, und die Abfüllanlagen stehen im Ausland. Unabhängig kann Berna nur kleinere Mengen herstellen.

Der Wirkstoff für die im Pandemiefall vom BAG geplante flächendeckende Impfung der Schweizer Bevölkerung könnte auch aus dem Ausland importiert werden. Die Beschaffung im Ausland dürfte im Krisenfall aber sehr unsicher sein.

Freilandhaltung bleibt

Die Vogelgrippe sei bei einheimischen Geflügel seit 1930 nicht mehr aufgetreten, sagte BVET-Direktor Wyss. Die Ansteckungsgefahr sei derzeit gering.

Sein Amt beurteile die Lage täglich. Wenn sich das Risiko einer Einschleppung verändere, werde es die gegenwärtig gültigen Massnahmen verschärfen.

Die in vier deutschen Bundesländern eingeführte Einschränkung der Freilandhaltung von Geflügel sei aus heutiger Sicht in der Schweiz nicht angezeigt, bleibe aber eine Option, sagte Wyss.

Kritik aus dem Ständerat

Der Gesundheitsminister kam auch eine Führungsübung der Landesregierung vom Januar 2005 zu sprechen, bei der es um das Thema «Epidemie in der Schweiz» gegangen sei, rief Couchepin in Erinnerung. Dabei sei auch die Problematik der Medikamentenversorgung für den Fall einer Pandemie untersucht worden. Ob die Schweiz in dem Zusammenhang autark werden solle, werde überprüft.

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK) hatte den Bundesrat aufgefordert, die Versorgungsprobleme bei Impfstoffen gegen die Vogelgrippe so schnell wie möglich zu lösen. Der Bundesrat müsse der Pandemie-Vorsorge eine hohe Priorität einräumen.

swissinfo und Agenturen

Das Virus H5N1 ist erstmals 1997 in Hongkong aufgetaucht.

2004 hat sich die Vogelgrippe auf verschiedene asiatische Länder ausgebreitet, unter ihnen Vietnam, Indonesien, Kambodscha, China, Thailand und Südkorea.

In diesem Sommer trat sie auch in Russland und Kasachstan auf. In den letzten Tagen wurde sie auch in der Türkei, Rumänien und offenbar auch Griechenland festgestellt.

Bislang sind weltweit rund 60 Menschen an der Vogelgrippe gestorben.

Im Moment gibt es keinen Impfstoff gegen den H5N1-Vogelgrippe-Virus.

Mehrere Impfstoffe befinden sich in der Testphase.

Der Impfstoff gegen die saisonale Grippe schützt nicht vor der Vogelgrippe.

Eine Impfung würde allerdings verhindern, dass beide Viren gleichzeitig in einem Menschen sein könnten.

In so einem Fall könnte das Zusammenkommen beider Viren einen neuen Virus schaffen, der die Stärke des Tiervirusses mit einem menschlichen Virus kombinieren würde.

Erst dieser neue Virus könnte eine Pandemie auslösen.

Aus diesem Grund sollten sich Personen, die Kontakt mit Geflügel oder Vögeln haben, gegen die saisonale Grippe impfen lassen.

Sonst bleibt die Impf-Empfehlung für ältere Menschen oder Patienten bestehen.

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