Vom letzten Rang ins Rennen um EU-Domains
Im Dezember beginnt die Registrierung von Internet-Adressen mit ".eu"-Endung. In der Schweiz kann dabei nur mithalten, wer eine Post-Adresse in der EU hat.
Nach EU-Regeln kann die Schweiz öffentliche Bezeichnungen nicht schützen und Adressen wie schweiz.eu oder matterhorn.eu ans Ausland verlieren.
Mit der Domain «.eu» erhält erstmals eine Staatengemeinschaft einen eigenen Adressraum im Internet. Deswegen gelten für die Registrierung der so genannten «dotEU» auch besondere Regeln.
Staatliche Institutionen und öffentliche Bezeichnungen von Nicht-EU-Ländern können nicht geschützt werden. Es sei denn, erstere hätten eine Post-Adresse in der EU und zweitere wären in einem Land der Union registriert.
Dies sei selten bis nie der Fall, sagt Beat Fehr, der eines der beiden Schweizer Internetunternehmen leitet, die von der Europäischen Union akkreditiert wurden, EU-Adressen zu verkaufen.
Deshalb, so Fehr gegenüber swissinfo, laufe die Schweiz Gefahr, Internetadressen wie schweiz.eu, matterhorn.eu oder swissinfo.eu ans Ausland zu verlieren.
Kein Interesse bei Behörden
Fehr hat ein klares Interesse daran, seine Kunden aus der Schweiz, die bei ihm eine «dotEU» vorregistrieren liessen, auch wirklich beliefern zu können. Die Zeit werde langsam knapp, stellt er fest.
Auf seine verschiedenen Vorstösse bei der Bundesverwaltung, der Landesregierung (Bundesrat) und der Wirtschaft, sich bei der EU für eine Ausweitung der «dotEU»-Registrierung auf alle europäischen Länder einzusetzen, habe er kaum Reaktionen erhalten.
Für ihn ist deshalb klar: «Das Problem mit der Registrierung von EU-Domänen wird in der Schweiz weder von Politik, Wirtschaft noch Behörden wirklich ernst genommen.»
Schwaches Interesse bei Wirtschaft
«Wir können nun einmal nicht so tun, als ob wir in der EU wären», sagt Peter Fischer, Vizedirektor des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM), gegenüber swissinfo.
Mit dem Vorwurf von Fehr konfrontiert, erklärt er, dass sowohl das BAKOM wie auch andere Bundesstellen sich «sehr wohl» mit dieser Frage auseinandergesetzt hätten.
Aber zum einen verfügten viele Schweizer Unternehmen, die im europäischen Raum Handel trieben, oft auch über einen Sitz in der EU und zum andern hätten die Bedürfnisabklärungen des BAKOM gezeigt, dass die Schweizer Wirtschaft nur «mittelintensiv» an so genannten «dotEU» interessiert sei.
EU bleibt hart
Vor drei Jahren habe das BAKOM das Gespräch mit der EU gesucht. «Diese zeigte sich aber von der absoluten Seite. Nicht nur gegenüber der Schweiz, sondern auch den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) wollte sie die EU-Adressen nicht freigeben».
Seither stünden sie mit der Union wegen dieser Frage in ständigem Kontakt, «bisher jedoch ohne Ergebnis». Abschliessend könne diese Frage wohl nur als Teil neuer bilateralen Verhandlungen geklärt werden. Und solche seien bis jetzt nicht vorgesehen, so Fischer weiter.
Vorausgesetzt, dass die EU ihre Regeln nicht doch noch in letzter Minute lockert, startet die Schweiz beim Ansturm auf EU-Adressen, der am 7. Dezember losgeht und in drei Phasen abläuft, vom letzten Platz.
Mit «DotEU» gegen Übermacht von «Dotcoms»
Die EU-Kommission hatte am 3. Oktober 2000 beschlossen, für den europäischen Raum eine eigene Domäne einzurichten als Gegengewicht zu den amerikanisch dominierten Dotcoms, den Seiten mit «.com»-Endungen.
Die «dotEU» sollte nur Organisationen, Firmen und Personen mit Sitz in der EU zur Verfügung stehen. Allerdings räumte die Kommission in einer Verordnung vom 22. April 2002 ein, dass die Anforderungen der EU-Adresse allenfalls auf Länder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ausgeweitet werden könnten.
Da die Schweiz 1992 einen Beitritt zum EWR abgelehnt hatte, bliebe sie auch bei einer möglichen Lockerung der Bestimmungen für die «dotEU» aussen vor.
Es bleiben die Lücken
So bleibt Schweizerinnen und Schweizern, die unbedingt eine «.eu»-Adresse registrieren wollten, laut Fehr nichts anderes übrig, als in der EU eine Einzelfirma zu gründen. «Das kostet in Deutschland nur 25 Euro. Unternehmen können in Grossbritannien über Internet für 34 Pfund sogar eine Firma gründen», erklärt er.
Diese Option hätten Ämter und Behörden allerdings nicht. Wenn die Schweiz dann doch einmal der EU beitreten sollte, seien die Adressen unwiderrufbar vergeben, sagt Fehr und gibt zu bedenken: «Es wäre doch schade, wenn matterhorn.eu jemandem in Polen, ch.eu einem Litauer und schweiz.eu einem Spanier gehören würde.»
swissinfo, Nicole Aeby
Am 7. Dezember 2005 beginnt die Registrierung von Internetadressen mit der Endung «.eu».
Sie wird in drei Phasen ablaufen: Bis 7. Februar 2006 können sich die in der EU registrierten Wort- und Bildmarken sowie die öffentlichen Einrichtungen, bis 7. April die Unternehmen sowie die nicht registrierten Marken und danach alle anderen Interessierten anmelden.
Eine EU-Adresse erhält, wer eine Postanschrift in einem der 25 EU-Länder besitzt.
In der Schweiz sind zwei Internetanbieter ermächtigt, EU-Adressen zu registrieren.
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