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Von Wutanfällen als Teenager zum erhabenen Erfolg

RDB

1997 war Roger Federer ein talentierter, zu Wutausfällen neigender 16-Jähriger. Sechs Jahre später sinkt er als Sieger auf dem Center Court von Wimbledon in die Knie. Ein Jugendtraum geht in Erfüllung.

Die Entwicklung eines der herausragendsten Tennisspieler der Welt hat wenig Blut, aber viel Schweiss, Mühe und auch Tränen gekostet.

Federer war nie extravertiert oder arrogant, ehrgeizig hingegen schon. Als 15-Jähriger im nationalen Schweizer Tennis-Zentrum in Ecublens hatte er seine sportlichen Ziele auflisten müssen.

Während andere «Profis werden» oder «unter die Top 100 vorstossen» wollten, erklärte Federer, er wolle «in die Top Ten vorstossen und später die Nummer 1 werden».

«Ich glaube, Rogers Ehrgeiz kommt daher, dass er nicht 100-Prozent Schweizer ist», sagt Seppli Kacovski, Federers erster Trainer. «Sein Vater ist Schweizer, die Ruhe hat Roger von ihm; den Ehrgeiz und die Willenskraft von seiner Mutter (Südafrikanerin).»

Doch die Gelassenheit gehörte nicht immer zu Roger Federer. «Ich hatte die Angewohnheit, mein Racket herumzuwerfen, das kann man sich kaum vorstellen heute», räumt er ein. «Im Alter von 16 Jahren wurde ich ständig aus den Trainings-Stunden verwiesen.»

Mit 17 entschied er sich, einen Sport-Psychologen zu konsultieren. Dieser half ihm dabei, sich vom explosiven McEnroe-Rande des psychologischen Spektrums hin in Richtung Gelassenheit der schwedischen Tennis-Legende Björn Borg zu entwickeln.

Einen Unterschied zu Borg gibt es allerdings, Federers Reaktion auf Erfolg. «Es gibt Leute, die nicht lächeln, wenn sie gewinnen, und solche, die noch nach Wochen ein Lächeln auf dem Gesicht haben. Und bei mir fliessen die Tränen», hatte Federer nach seinem ersten Wimbledon-Titel erklärt.

Durchbruch

Federer hatte stete Fortschritte gemacht – Schweizer Junioren-Meister 1997, Junioren-Sieger in Wimbledon 1998 – doch wirklich Notiz nahm die Welt von ihm, als er 2001 in Wimbledon im Viertelfinal den siebenfachen Sieger Pete Sampras schlug. Es war übrigens das einzige Mal, dass die beiden aufeinander trafen.

Von da an rückte Federer immer weiter nach oben auf der Weltrang-Liste. Mit seinem klaren Sieg über Mark Philippoussis wurde er schliesslich am 6. Juli 2003 der erste Schweizer Mann, der einen Grand-Slam-Titel errang.

«Ich denke, der springende Punkt in Federers Karriere ist all das, was Anfang 2004 geschah. Nach dem Sieg von 2003 in Wimbledon gewann er den Tennis Masters Cup, das Australien Open 2004 und wurde die Nummer 1», erklärt René Stauffer gegenüber swissinfo. Stauffer ist der Autor des Buches «Das Tennisgenie. Eine Roger-Federer-Biografie.»

«All das wirkte wie ein Befreiungsschlag. Er erklärte, dass er an diesem Punkt auch hätte aufhören können, denn er hatte geschafft, was er sich zum Ziel gesetzt hatte. Alles weitere seither ist ein zusätzlicher Bonus.»

Geheimnis des Erfolgs

Stauffer beschreibt Federer als «ein Puzzle, das viel Zeit brauchte, bis es fertig war. Dafür ist jetzt alles umso schöner».

Federer habe «alles, was er braucht, gilt als ‹volles Paket›. Er hat die mentale Stärke und die athletischen Fähigkeiten. Es ist einfach wunderbar, ihn spielen zu sehen», schwärmt Stauffer.

«Es ist kein Wunder, dass er drei Mal zum Welt-Sportler des Jahres ernannt wurde. Das zeigt auch, dass Federer nicht nur ein guter Tennisspieler ist, sondern ein Athlet, der es wohl auch in vielen anderen Sportarten weit hätte bringen können.»

Ähnlich tönt es bei Kacovski: «Ich bin persönlich überzeugt, wenn er Fussball gewählt hätte, wäre er in die Schweizer Nationalmannschaft vorgestossen.»

Federer räumt ein, seine restriktive Spielplanung sei «ein wichtiger Faktor meines Erfolges, sie hilft mir dabei, Verletzungen zu kurieren und mentalen Abstand zu nehmen».

Für 2007 hat Federer 19 Turniere auf dem Plan. Während bei Rafael Nadal, der derzeitigen Nummer Zwei, allein im ersten Halbjahr 15 Wettkämpfe auf dem Programm stehen.

Stressresistent

Daneben spielt Federers mentale Stärke, seine Fähigkeit, mit Druck umgehen zu können, unter Stress gar zu Hochform aufzulaufen, eine wichtige Rolle für seinen Erfolg.

«Jeder Mensch hat seine eigene Belastungsschwelle. Diese liegt bei Roger an einem andern Punkt als bei vielen weniger erfolgreichen Spielern», erklärt Roland Carlstedt, ein klinischer Psychologe und Vorsitzender des Amerikanischen Verbands der Sport-Psychologen, gegenüber swissinfo.

«Federer könnte unter Druck geraten, wenn er kurz davor steht, den Grand-Slam-Titel-Rekord von Pete Sampras zu brechen.» In einem solchen Moment könnte der Druck auch bei Federer ein Niveau erreichen, das sich negativ auswirken könnte, sagt Carlstedt.

Nach dem vierten Sieg beim Dubai Open 2007 hatte Federer erklärt: «Früher dachte ich immer, es gehe vor allem um Technik und Taktik, aber mittlerweile ist fast jedes Spiel eine mentale und physische Frage.»

Und er ergänzte: «Ich versuche, mich anzuspornen zu guten Bewegungen, mich nicht aufzuregen, eine positive Einstellung zu bewahren. In dem Bereich habe ich über die Jahre die grössten Fortschritte erzielt. Unter Druck sehe ich die Dinge meist sehr klar.»

Carlstedt schätzt, dass es zur Zeit für Federers Rivalen nicht gut aussieht. «Roger hat einfach alles. Wenn jemand diese technischen, körperlichen und athletischen Grundlagen mit sich bringt, sind wahrscheinlich drei Viertel der Schlacht geschlagen.»

Der Psychologe schliesst: «Wenn dann noch das immense Vertrauen dazu kommt, gekoppelt an ein starkes psychologisches Athleten-Profil, das er meiner Ansicht nach hat, ist er praktisch unschlagbar.»

swissinfo, Thomas Stephens
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Roger Federers Plätze auf der Weltrangliste der ATP (jeweils Anfang Jahr):
1999 – 302
2000 – 64
2001 – 29
2002 – 13
2003 – 6
2004 – 2
2005 – 1
2006 – 1
2007 – 1

Geburtsdatum: 8. August, 1981
Grösse: 185cm
Gewicht: 80kg
Spiel: Rechtshänder (einhändige Rückhand)
Profi seit: 1998
Trainer: Tony Roche (bis 12. Mai 2007), gegenwärtig ohne Trainer.

(Stand am 1. Mai 2007)
Einzel-Spiele: 501 Gewinne, 128 Niederlagen
Einzel-Turnier-Titel: 47
Karrieren-Preisgelder: 30’136’828 Dollar

Roger Federer kam am 8. August 1981 in Binningen, Kanton Basel-Landschaft, zur Welt. Seine Kindheit verbrachte er im benachbarten Münchenstein.

Seine Schwester Diana ist 20 Monate älter; sie ist Krankenschwester.

Sein Vater Robbie ist aus der Deutschschweiz, seine Mutter Lynnette stammt aus Südafrika.

Rogers Vater hatte für die Basler Chemie-Firma Ciba-Geigy gearbeitet; 1970 lernte er in der südafrikanischen Niederlassung der Firma bei Johannesburg seine spätere Frau kennen. Heute arbeiten beide für Roger Federer Management.

Seit 2000 ist Miroslava «Mirka» Vavrinec Roger Federers Freundin. Die frühere Tennisspielerin hatte ihre Karriere im Jahr 2002 nach einer Fussverletzung aufgegeben.

Vavrinec war in der heutigen Slowakei zur Welt gekommen, lebt aber seit ihrem zweiten Lebensjahr in der Schweiz. Die beiden lernten sich 2000 an den Olympischen Spielen in Sydney kennen. Vavrinec ist heute Federers Managerin.

Nach Angaben der offiziellen Website von Roger Federer zählt der Star unter anderem «Kartenspiele (Jassen), Kricket und Tischtennis» zu seinen Hobbies. Federer ist zudem bekannt als Fussball- und Playstation-Fan.

Federer spricht Deutsch, Französisch und Englisch. Dazu kommt Schweizer-Deutsch, seine Muttersprache, wenn auch nicht die Sprache seiner Mutter.

Heute lebt Federer mit Vavrinec in Oberwil, Kanton Basel-Landschaft. Anfang Mai gab es Berichte, wonach das Paar auch eine Wohnung in Bäch, im steuergünstigen Kanton Schwyz, mieten werde, mit Blick auf den Zürichsee.

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