Warnung vor Infektionskrankheiten
Neue Infektionskrankheiten verbreiten sich immer schneller: So lautet das Ergebnis des Weltgesundheitsberichts 2007, der am Donnerstag in Genf präsentiert wurde.
Die Weltgesundheits-Organisation (WHO) empfiehlt eine bessere internationale Zusammenarbeit, um die Gesundheitsrisiken des 21. Jahrhunderts anzugehen. Der Appell wird auch von der Schweiz gehört.
«Noch vor 20 Jahren wurden die Infektionskrankheiten nicht als eine grosse Gefahr betrachtet», sagt Gaudenz Silberschmidt, Chef der Abteilung Internationales im Bundesamt für Gesundheit (BAG) gegenüber swissinfo.
«Heute sind sie für alle Länder, auch für die Schweiz, eine Bedrohung und Herausforderung.»
Silberschmidt kann dem alarmierenden Fazit des Berichts der Weltgesundheits-Organisation nur zustimmen. Laut der UNO-Organisation sind seit 1967 39 neue Krankheitserreger aufgetreten, darunter Aids, die Viren der hoch ansteckenden Fiebererkrankungen Ebola und Marburg sowie das SARS-Syndrom.
Aber auch jahrhundertealte Krankheiten wie die Grippe, Malaria und Tuberkulose bedrohen die Gesundheit aufgrund von Virus-Mutationen, Antibiotika-Resistenzen und der Schwäche der Gesundheitssysteme, wie es im WHO-Bericht weiter heisst.
Zu den neuen Gesundheitsrisiken zählen nicht nur Epidemien, sondern auch Ernährungskrankheiten, chemische, biologische und nukleare Unfälle oder Angriffe, industrielle Verschmutzung und klimatische Veränderungen.
«All dies könnte Millionen von Menschen in zahlreichen Ländern in Gefahr bringen», warnt der Bericht mit dem Titel «Eine sicherere Zukunft».
Sicherheitsnetz
Der Bericht empfiehlt eine Serie von Massnahmen, darunter die uneingeschränkte Anwendung des Internationalen Reglements für Gesundheit, das seit Juni dieses Jahres in Kraft ist. Laut Gaudenz Silberschmidt kann so das weltweite Schutzsystem gegen Krankheiten gestärkt werden.
Das neue Reglement für die 193 WHO-Mitgliedsländer hält fest, wie die Länder ihre dringlichsten Bedürfnisse bezüglich öffentlicher Gesundheit einschätzen und der WHO mitteilen sollen.
Es definiert zudem die Art und Weise, wie auf Bedrohungen der Gesundheit reagiert werden soll. «Die WHO setzt ein Dringlichkeitskomitee ein, und die Direktion erarbeitet Massnahmen und Empfehlungen für die Staaten», sagt Silberschmidt.
Die Anwendung des Reglements erweist sich für die Schwellenländer als besonders schwierig. Aber wie der Experte betont, sind unterstützende Massnahmen vorgesehen.
Folgen für die Schweiz
«Im Rahmen der WHO hat die Schweiz vorgeschlagen, für die armen Länder einen internationalen Vorrat an Impfstoff anzulegen. Wir sind ausserdem aktiv im Komitee für geistiges Eigentum, Innovation und öffentliche Gesundheit», sagt Silberschmidt.
Das heisst, dass selbst ein reiches Land wie die Schweiz ihr Dispositiv an das internationale Reglement anpassen muss. Aus diesem Grund wird jetzt das Gesetz über die Epidemien revidiert.
«Das neue Gesetz sollte es erlauben, die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen klar zu definieren, oder anders gesagt, definieren, wer in einem Krisenfall was macht», präzisiert Silberschmidt.
Die Schweizer Regierung will auch ein bilaterales Abkommen im Bereich Gesundheit mit der Europäischen Union (EU) aushandeln. «Das BAG wird dem Bundesrat Ende Jahr ein entsprechendes Verhandlungsmandat erteilen», so Silberschmidt.
Ein solches Abkommen würde der Schweiz die Integration ins Europäische Präventions- und Kontrollzentrum für Krankheiten in Stockholm erlauben. Ein Zentrum, das Europa vor Infektionskrankheiten schützen soll.
swissinfo, Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Susanne Schanda)
Integrale Befolgung des Internationalen Gesundheits-Reglements durch alle Länder.
Weltweite Zusammenarbeit für Überwachung, Alarm und Eingreifen im Fall von Epidemien.
Freier Zugang zu Wissen, Technologie und verschiedenen Materialien, darunter Viren und biologische Stichproben, die weltweit eine optimale Gesundheitssicherheit erlauben.
Weltweite Verantwortung zur Verbesserung der medizinisch-sanitären Kapazitäten in allen Ländern.
Intersektorielle Zusammenarbeit in den Regierungen.
Steigerung der Ressourcen auf nationaler und Weltebene in den Bereichen Ausbildung, Überwachung, Entwicklung der Labor-Kapazitäten, Interventionsnetze sowie Präventionskampagnen.
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