«Wir wollen nicht das Schweizer Volk angreifen»
Individuelle Wiedergutmachung ist nicht das oberste Ziel der Apartheid-Opfer.
Für Neville Gabriel, der die Klage mit Organisationen in der Schweiz koordiniert, geht es um die Anerkennung gemachter Fehler und um Wiederaufbau.
Sie arbeiten seit 4 Jahren an der Erstellung der Klagen. Was sind Ihre zentralen Punkte?
Neville Gabriel: Wir wünschen uns, dass die angeklagten Unternehmen ihr Unrecht anerkennen. Dass sie uns sagen: «Was wir während der Apartheid gemacht haben, war nicht in Ordnung.»
Zudem sollen sie sich in Wiederaufbau- und Entwicklungsprogrammen engagieren.
Sie sollten auch Personen, die es nötig haben, individuell unterstützen. Unsere Aktion soll helfen, eine neue Ethik zu entwickeln, einen neuen Verhaltenskodex, wie westliche Firmen in Entwicklungsländern arbeiten sollten.
Unser Ziel ist, dass die existierenden Regeln für Recht, Justiz und Transparenz angewendet werden. Wenn das Justizverfahren gerecht sein soll, muss man auf alle relevanten, auch geheimen Dokumente Zugriff erhalten.
Sie verlangen keine individuelle, materielle Entschädigung für die Opfer der Apartheid?
Das ist nicht unsere Priorität. Es gibt viele Möglichkeiten von nichtfinanzieller Wiedergutmachung. Das Erlassen von Schulden ist eine, Investitionen in die Entwicklung sind eine andere.
Befürchten Sie abwehrende Reaktionen aus der Schweiz, wie sie bei der Affäre um die jüdischen Nachrichtenlosen Vermögen stattfanden?
Unser Prozess ist kein Angriff auf das Schweizer Volk! Die Klage erstreckt sich auf Unternehmen aus verschiedenen Ländern. Unter diesen befinden sich auch Schweizer Banken. Aber die Schweizer Bürger sind nicht angeklagt.
Unsere Hauptanliegen sind – um es noch einmal zu sagen – Transparenz schaffen und Respekt vor den Menschenrechten zu schaffen. Dies sind Werte, die auch in der Schweiz hochgehalten werden. Wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit.
Die Schweizer Regierung hat bis jetzt noch keine klare Haltung erkennen lassen. Sie befürwortet weder die Klage noch die Abweisung derselben. Wir haben die Banken mehrmals aufgefordert, an der öffentlichen Diskussion in der Schweiz teilzunehmen. Sie haben dies jedoch immer zurückgewiesen.
Swissinfo, Ariane Gigon Bormann
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