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WM 2006: Die Schweiz muss in die Verlängerung

Die Schweiz ist am Boden - doch nur provisorisch. Keystone

Die Schweizer Fussballer haben am Mittwoch die WM-Qualifikation verpasst. Das Ticket zur WM 2006 hängt nun von zwei Barrage-Spielen gegen die Türkei ab.

Trotzdem verlangt ihr Einsatz in der Qualifikationsrunde Respekt. Sie zeigten sich kämpferisch und haben zu einer vielversprechenden neuen Identität gefunden.

Mittwoch, 22 Uhr 35. Das Urteil ist gefallen: Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft hat sich nicht direkt für die WM-Endrunde 2006 in Deutschland qualifiziert. Dies, obwohl sie in der Qualifikationsrunde kein einziges Spiel verloren hat.

Trotz dem torlosen Match in Dublin hat die Schweizer Mannschaft jedoch noch nicht alles verloren in diesem Abenteuer. Noch ist eine Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland möglich. Dank dem zweiten Platz in der Gruppe 4 der WM-Qualifikation erhält die Schweiz in den Barrage-Spielen eine zweite Chance.

Am 12. und am 16. November spielt die Schweizer Nationalelf gegen die Türkei. Auch wenn diese im FIFA-Ranking vor der Schweiz liegt, sind die Chancen noch intakt. Unter sechs europäischen Mannschaften werden drei WM-Tickets verteilt.

Solidarität, Vertrauen und Opferbereitschaft

Als im Dezember 2003 die Gruppen für die WM-Qualifikation feststanden, prognostizierten Beobachter bereits einen zweiten Platz für Köbi Kuhns Truppe. Sie sollten Recht behalten.

Trotzdem hätte niemand gedacht, dass die Schweiz Frankreich den ersten Platz der Gruppe bis zur letzten Minute streitig machen könnte. Oder dass sie im März dem Weltmeister von 1998 im Stade de France ein 0:0 abringen und sieben Monate später die Partie im Stade de Suisse trotz 1:1 sogar dominieren würden.

Die Schweizer Nationalmannschaft hat echte Fortschritte gemacht. Wie diejenige, die Mitte der 90er-Jahre beeindruckte, als sie 1994 an der WM in den USA und 1996 an der EM in England teilnahm.

Roy Hodgson, damaliger Trainer der Schweizer, wusste das Beste aus seiner eingeschworenen Gruppe herauszuholen. Zehn Jahre später scheint dies auch dem 62-jährigen Köbi Kuhn zu gelingen. Dies hat ihm vor zwei Wochen die Vertragsverlängerung bis 2008 beschert.

Kuhn hat es geschafft, seinem Team einige einfache, aber wirksame Werte einzudrillen: Solidarität, Vertrauen und Opferbereitschaft in jedem Moment des Spiels. Das Resultat: Der einzige Star der Mannschaft ist die Mannschaft selber.

Die letzten geharnischten Attacken einiger Medien gegen den Nationaltorhüter Pascal Zuberbühler vom FC Basel bestätigen dies. Denn trotz der schweren Anwürfe zeigte die Nationalelf nicht das geringste Zeichen von Schwäche. Kurz gesagt: Sie hielt zusammen.

Nachwuchsförderung hat Probe bestanden

Dies ist jedoch nicht allein Kuhns Verdienst. Auch Spieler und Talentsucher haben einiges dazu beigetragen, dass sich verschiedene nationale Mannschaften auf dem internationalen Parkett auszeichnen konnten.

2002 wurden die «unter 17-Jährigen» (U17) Europameister, währenddem die «U21» den Halbfinal erreicht hatten. Zwei Jahre später verabschiedeten sich die «U19» erst beim zweitletzten Match aus der EM. Schliesslich konnten die «U20» im Juni dieses Jahres an der WM in den Niederlanden teilnehmen.

Viele der damals beteiligten Spieler bilden heute den Kern der Nationalmannschaft. Und darin liegt eine weitere Stärke des Schweizer Fussballs: seine Jugend.

Ausser dem 34-jährigen Zuberbühler ist keiner der nationalen Auswahl über 30. Vier unter ihnen haben kaum die 20 erreicht. Drei dieser Spieler gehören bereits fest zum Kader: Philippe Senderos (20), Tranquillo Barnetta (20) und Johan Vonlanthen (19). Und Valon Behrami (20) hatte einen ersten kurzen Einsatz in Bern im Spiel gegen Frankreich.

Euro 2008 anvisiert

Diese Nationalmannschaft mit viel Auslanderfahrung – 14 der 20 Spieler arbeiten für einen ausländischen Klub – hat eine grosse Zukunft.

Denn auch wenn alle Blicke derzeit Richtung WM in Deutschland gehen, profiliert sie sich bereits für die Euro 2008 in Österreich und der Schweiz, wo sie als Gastgeberland gesetzt ist.

Auf eigenem Boden hat diese Mannschaft gute Chancen. Bereits heute beweist sie, dass sie noch einige Trümpfe im Ärmel hat.

swissinfo, Raphael Donzel
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

Die Schweizer Nationalmannschaft:
Durchschnittsalter: 25,3 Jahre
14 von 20 Männern spielen im Ausland
Nur 6 der Spieler haben bereits mehr als 30 Länderspiele absolviert (Johann Vogel, Raphaël Wicky, Patrick Müller, Alexander Frei, Pascal Zuberbühler und Ricardo Cabanas)

Die 27 bisher für die WM 2006 in Deutschland qualifizierten Teams in der Übersicht.

Europa (total 14 Teams): Deutschland (Gastgeber), Portugal, England, Frankreich, Holland, Italien, Kroatien, Polen, Schweden, Serbien-Montenegro, Ukraine.

Südamerika (4-5): Argentinien, Brasilien (Titelverteidiger), Paraguay, Ecuador.

Asien (4-5): Iran, Japan, Saudi-Arabien, Südkorea.

Afrika (5): Angola, Elfenbeinküste, Ghana, Tunesien, Togo.

Nord-, Zentralamerika und Karibik (3-4): Mexiko, USA, Costa Rica.

Ozeanien (0-1): Noch kein Team qualifiziert.

Insgesamt werden in den Barrage-Spielen noch fünf Plätze vergeben (Europa 3, Rest 2).

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