London zieht britische Richter vom Obersten Gericht Hongkongs ab
(Keystone-SDA) Als Reaktion auf die Beschränkungen durch das Pekinger Sicherheitsgesetz zieht die frühere Kolonialmacht Grossbritannien überraschend ihre Richter vom Obersten Gericht in Hongkong ab.
«Wir sehen einen systematischen Verfall der Freiheit und Demokratie in Hongkong», begründete die britische Aussenministerin Liz Truss am Mittwoch in London einer Mitteilung zufolge den Schritt.
Seit der Einführung des chinesischen Sicherheitsgesetzes im Jahr 2020 seien Meinungs- und Pressefreiheit systematisch unterdrückt worden. «Die Situation hat einen Kipppunkt erreicht, an dem es nicht länger haltbar für britische Richter ist, Teil des führenden Hongkonger Gerichts zu sein», sagte Truss weiter. Man riskiere ansonsten, die Unterdrückung in Chinas Sonderverwaltungsregion zu legimitieren.
Aus Sicht der britischen Regierung haben Richter aus Grossbritannien im Hongkonger Justizsystem bisher eine wichtige Rolle gespielt. China habe in den vergangenen Jahren jedoch deutlich die Rechte und Freiheiten der sieben Millionen Hongkonger sowie die unabhängige Gesetzgebung und Rechtsprechung eingeschränkt, auf die sich Peking und London im Jahr 1984 in ihrem gemeinsamen Erklärung zur Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie 1997 geeinigt hätten.
Der Supreme Court, das höchste britische Gericht, habe die Situation in Kooperation mit der britischen Regierung kontinuierlich geprüft und sei zu der Entscheidung gekommen, die britischen Richter abzuziehen, hiess es in der Mitteilung. Der Rückzug wirft aus Sicht von Beobachtern ein Schlaglicht auf die anhaltende Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit in Hongkong, die lange als einer der Gründe für den Erfolg der asiatischen Wirtschafts- und Finanzzentrum galt.
Dem Obersten Gericht (Court of Final Appeal) kommt die finale Interpretation und Auslegung von Gerichtsurteilen und Gesetzen zu – wenn auch nicht des seit 1997 geltende Grundgesetzes. Es besteht aus drei permanenten Richtern und bis zu 30 nicht dauerhaften Richtern aus Hongkong und auch aus anderen Common-Law-Ländern wie Grossbritannien, Australien oder Südafrika.