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Messerangriff in Österreich – Syrer ist laut Ermittlern Islamist

Keystone-SDA

Nach einem Messerangriff im österreichischen Villach mit einem 14-jährigen Todesopfer und fünf Verletzten haben die Ermittler den festgenommenen Attentäter als radikalen Islamisten eingestuft. Der 23-jährige Syrer habe sich offensichtlich innerhalb kürzester Zeit im Internet radikalisiert, sagte Innenminister Gerhard Karner. "Es handelt sich hier um einen islamistischen Anschlag mit IS-Bezug." IS steht für die Terrormiliz Islamischer Staat. In seiner Wohnung wurden eindeutige Hinweise auf islamistisches Gedankengut gefunden, darunter IS-Fahnen, wie Kärntens Polizeichefin Michaela Kohlweiss sagte.

(Keystone-SDA) Am Samstagnachmittag hatte der syrische Flüchtling wahllos auf Passanten im Zentrum der Stadt im südlichen Bundesland Kärnten eingestochen. Ein 14 Jahre alter Junge starb. Fünf weitere Personen wurden verletzt. Drei der Opfer wurden am Sonntag noch intensivmedizinisch behandelt.

Syrischer Essenslieferant stoppt Angreifer

Der Angriff wurde von einem syrischen Essenslieferanten gestoppt, der den Verdächtigen mit seinem Fahrzeug anfuhr. Kurz darauf wurde der Angreifer von zwei Polizistinnen festgenommen. Im Tumult herrsche zunächst Verwirrung über die Absichten des Essenslieferanten, der ebenfalls syrischer Flüchtling ist.

«Plötzlich schlugen dann mehrere Menschen auf mein Auto ein. Sie dachten wohl, dass ich einen Anschlag vorhabe. Ich habe das Auto versperrt und die Polizei angerufen», erzählte der 42-Jährige der «Kleinen Zeitung». Vertreter der Politik und der Polizei bedankten sich bei ihm dafür, dass er wohl noch Schlimmeres verhindert habe.

Attacke kurz nach Angriff in München

Nur zwei Tage zuvor war ein 24-jähriger Mann aus Afghanistan in München mit einem Auto in einen Demonstrationszug gefahren. Zwei Menschen, eine Mutter und ihr Kind, sind gestorben; Dutzende wurden verletzt. Auch bei diesem Fall gehen die Ermittler von einem islamistischen Hintergrund aus.

Der Verdächtige von Villach war zuvor noch nie ins Visier von Polizei oder Nachrichtendiensten geraten, sagt Polizeichefin Kohlweiss. Er habe aber vor seiner Tat einen Treueschwur auf den Islamischen Staat abgelegt. Der Angreifer hätte auch in Kauf genommen, im Zuge seiner Tat erschossen zu werden, sagte sie. Die Behörden gehen von einem Einzeltäter aus.

Innenminister will «anlasslose Massenüberprüfung»

Karner forderte als Reaktion auf den Anschlag die «anlasslose Massenüberprüfung» von bestimmten Zielgruppen wie syrischen und afghanischen Flüchtlingen. Eine Weiterentwicklung der Gesetze sei nötig, um dem Verfassungsschutz mehr Möglichkeiten einzuräumen.

Herbert Kickl, Chef der rechten FPÖ, sprach von einem «Systemversagen erster Güte, für das nun auch ein Jugendlicher in Villach mit seinem Leben bezahlen musste». Der Chef der stimmenstärksten Partei Österreichs warb erneut für restriktive Migrationspolitik unter seinem Schlagwort «Festung Österreich».

Sorge um Image der Syrer in Österreich

«Natürlich habe ich jetzt Sorge, dass die Menschen Schlechtes über uns denken, aber wir sind nicht so», sagte der Essenslieferant über die Sicht der Österreicher auf seine syrischen Landsleute. «Ich wünsche mir sehr, dass die Leute sehen, dass wir einfach hier sind, um mit unseren Kindern und Familien in Ruhe zu leben.»

Kärntens Ministerpräsident Peter Kaiser rief die Bevölkerung angesichts der emotional aufgeladenen Situation zur Geschlossenheit auf. «Bitte stehen wir in so schwierigen Zeiten zusammen», sagte der sozialdemokratische Politiker.

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