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Micheline Calmy-Rey verteidigt Teheran-Besuch

Auch Micheline Calmy-Reys Kopftuch sorgte in der Schweiz für Gesprächsstoff. Keystone

Die Aussenministerin weist Kritik an ihrer letzten Iran-Reise zurück, insbesondere an der Unterzeichnung eines wichtigen Gasliefervertrags: "Ich habe es gemacht, und ich würde es wieder tun!"

Micheline Calmy-Rey verneint, vom iranischen Regime instrumentalisiert worden zu sein. Sie habe vielmehr die Schweizerische Menschenrechts-Position klar zum Ausdruck gebracht.

«Ich habe unsere Vorstellung der Menschenrechte im direkten Gespräch mit dem Präsidenten, mit dem Aussenminister und vor der Presse verteidigt», erklärte Calmy-Rey in einer schriftlichen Stellungnahme zu einem Bericht in der «NZZ am Sonntag».

«Ich betonte, dass Prügelstrafen, Amputationen und Steinigungen inakzeptabel seien», so Calmy-Rey. Sie habe Präsident Mahmud Ahmadinejad auch sagen können, dass es inakzeptabel sei, Israel von der Landkarte streichen zu wollen. «Ich sagte, dass Israel zur Staatengemeinschaft gehört.»

Interessen der Schweiz verteidigt

Auch die Kritik an ihrer Beiwohnung der Unterzeichnung eines Gas-Liefervertrages wies die Aussenministerin zurück. Der Vertrag habe eine strategische Bedeutung für die Schweiz. «Möglicherweise decken sich unsere Interessen nicht mit denjenigen anderer Länder, aber es ist meine Pflicht, sie zu verteidigen.»

Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) habe dazu beigetragen, dass der Vertrag unterzeichnet werden konnte, erklärte Calmy-Rey weiter. Mehrere Staaten, insbesondere die USA und Israel, hatten den Vertragsabschluss stark kritisiert.

Taten wiegen schwerer als Worte

Der israelische Botschafter in Bern, Ilan Elgar, bekräftigte diese Kritik in der Sonntagspresse. Auch wenn der Handel nicht gegen den Wortlaut der Sanktionen verstosse, verletze er sicher deren Geist, erklärte Elgar in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» und in einem Kommentar in der Zeitung «Sonntag».

Er habe Verständnis für die wirtschaftlichen Interessen der Schweiz. «Für uns geht es aber nicht um Wirtschaftsinteressen. Für uns geht es um die nackte Existenz.»

Zwar habe sich Calmy-Rey bei ihrem Besuch wörtlich von den verbalen Angriffen Irans gegen Israel distanziert und die Frage der Menschenrechtsverletzungen angesprochen, dies sei jedoch «kein Gegengewicht für den enormen Gasliefervertrag, bei dem es um Milliarden von Franken geht». Denn: «Taten sprechen eine lautere Sprache als Worte».

USA krebsen zurück

Auch die USA hatten Micheline Calmy-Reys Reise zur Vertragsunterzeichnung zwischen der Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg und der iranischen staatlichen Gasexportgesellschaft harsch kritisiert.

Inzwischen sind sie jedoch zurückgekrebst: Gegenüber der «SonntagsZeitung» sagte die Sprecherin der US-Botschaft in Bern: «Die Schweiz hat mit diesem Vertrag kein UNO-Sanktionsregime verletzt.»

Kopftuchkritik

Zu dem weitherum kritisierten Bild, das Calmy-Rey mit Kopftuch und lachend mit Ahmadinedschad zeigt, sagte die Aussenministerin, sie habe den Fotografen zunächst den Rücken zugedreht. Als diese protestiert hätten, habe sie lachen müssen.

Das Gespräch selber sei «in einem von Ernst und gegenseitigem Zuhören geprägten Klima» verlaufen. Denn die von beiden Seiten dargelegten Positionen hätten nach vertieften Erklärungen verlangt.

swissinfo und Agenturen

Micheline Calmy-Rey weilte vom 16. bis 17 März in Iran.

Im Zentrum ihres offiziellen Besuches standen das Kernenergie-Dossier, die Menschenrechte und die Unterzeichnung eines Gasliefervertrags zwischen der staatlichen iranischen Gasliefergesellschaft und der Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg.

Noch am Tag des Abschlusses hat die US-Botschaft in Bern dieses Abkommen verurteilt. Es verstosse gegen den Geist der UNO-Sanktionen gegen die Islamische Republik. Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ist dagegen der Ansicht, das Abkommen sei zu den Sanktionen kompatibel.

Am Mittwoch sprach das israelische Aussenministerium von einem «unfreundlichen Akt gegen Israel» und bestellte den neuen Botschafter der Schweiz ein.

Die USA sind inzwischen von ihren Vorwürfen gegenüber der Schweiz wieder abgerückt.

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