Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Vespa: Der Scooter mit dem Stachel

Vor 75 Jahren wurde die erste Vespa in Rom der Öffentlichkeit vorgestellt. Seither ist der spritzige Motorroller weltweit zum Synonym für Freiheit und Mode geworden – und die Schweiz erhielt ihr eigenes Sondermodell.

In den Sommermonaten sind die kultigen Roller überall im Alpenland zu sehen. «Die Schweiz wurde wegen der Nähe zu Italien zu einem Hotspot für Vespa-Bastler – das Land hat eine grosse Gemeinschaft von Italienerinnen und Italienern der zweiten Generation, welche die Schweizer sicherlich mit diesem Virus infiziert haben», sagt Silke Küste, Mitglied des Vespa Clubs Zürich und Gestalterin des Club-Magazins.

Robust, erschwinglich und leicht zu fahren: Das waren die wichtigsten Anforderungen an ein kleines Motorrad, die Enrico Piaggio an den Ingenieur Corradino D’Ascanio stellte. Ausserdem sollte es die Kleidung des Fahrers sauber halten.

Piaggio hatte ein Luftfahrt-Unternehmen geerbt, doch nachdem dieses während des Zweiten Weltkriegs durch alliierte Bombenangriffe zerstört worden war, suchte er nach einem Plan B. Er spürte, dass in einem zerrütteten Land ein gewisses Freiheitsgefühl gefragt war, und beschloss, ein persönliches und billiges Massen-Transportmittel zu entwickeln: einen motorisierten Roller.

Corradino D Ascanio
Der Vater des innovativen Vespa-Rollers: Corradino D’Ascanio, Ingenieur aus Popoli, Italien. wikipedia.org

D’Ascanio erreichte dies durch die Verwendung von leichten, aber soliden Materialien – ursprünglich aus Ersatzteilen von Mussolinis Flugzeugen gebaut – und kombinierte die Beliebtheit des zweirädrigen Verkehrsmittels mit dem Komfort eines Autos. Wegen seines einzigartigen Designs, besonders des Lenkers, und seines unverwechselbaren Geräuschs wurde der Roller «Vespa» genannt, italienisch für Wespe.

Es war ein sofortiger Erfolg. Jungen im Teenageralter (und ältere Männer, die noch zu Hause wohnten) konnten ihre Liebsten an einen privaten Ort bringen, und immer mehr Frauen fanden Gefallen am Vespa-Fahren, da keine schweren Lederanzüge nötig waren. Ausserdem konnte sie leicht repariert werden.

Vespas in der Schweiz

Das Konzept des neuen Vespa-Rollers verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und die Schweiz griff den Trend auf, indem sie im Mai 1951 die erste Internationale Vespa Rally in GenfExterner Link veranstaltete.

Mehr als 500 Fahrzeuge aus ganz Europa nahmen daran teil. Nach diesem Erfolg wurde 1952 der Vespa Club Schweiz gegründet.

«Die Schweiz war das erste Land, das Vespas importierte», sagt Küste. «Das Modell Vespa Rally 175, das zwischen 1970 und 1973 gebaut wurde, wurde speziell für den Schweizer Markt hergestellt, um den Motorfahrzeug-Steuern in der Schweiz zu entsprechen.»

Bis 1960 war der weltweite Absatz auf zwei Millionen Stück angewachsen. Die Vespa war zu einem Lebensstil geworden und erregte als Requisite für Filmstars und als Fahrzeug der Wahl für die britische Mod-Subkultur Aufmerksamkeit.

Seitdem wurden Millionen weiterer Exemplare hergestellt und in die ganze Welt exportiert, unter anderem für Kampagnen von Modelabels wie Agent Provocateur, Vivienne Westwood, Givenchy und Dolce & Gabbana.

Küste schätzt, dass es in der Schweiz heute 50 offizielle Clubs mit mehr als 1000 Mitgliedern sowie 30 bis 40 inoffizielle Clubs gibt. Das nächste Jahrestreffen der internationalen Vespa-Organisation (Vespa World DaysExterner Link) wird in der Schweiz stattfinden, wurde aber wegen der Pandemie auf 2023 verschoben.

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft