Neues Filmstudio will dem Schweizer Film zu mehr Wachstum verhelfen
Die Swiss Studios, ein Zusammenschluss von fünf Filmproduktionsgesellschaften, wollen den Schweizer Film stärken und internationaler machen. Wie soll das gehen? Ein Gespräch mit CEO Malte Probst, der weiss, dass am Ende auch Kunst und Kommerz zusammenfinden müssen.
(Keystone-SDA) Als sich Ende Oktober 2024 fünf Filmproduktionsgesellschaften zu den Swiss Studios zusammengeschlossen haben, sorgte das für einiges Aufsehen in der Branche.
Das neue Gebilde will ein Zentrum für Schweizer Film- und Fernsehprojekte werden. «Mehr Ideen sollen zur Marktreife gebracht werden», sagt CEO Malte Probst im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Neue finanzielle Möglichkeiten sollen erschlossen und Synergien erkannt und besser genutzt werden.
Nach knapp drei Monaten sagt Probst: «Wir sind bereits im Markt angekommen und konnten schon einiges bewegen.» Aber: «Unsere Botschaft ist wohl noch nicht überall ganz angekommen.» Er habe hier und dort den Eindruck, dass Ängste bestehen, jemand würde ausgeschlossen. «Wir nehmen niemandem etwas weg und auch Projekte, die nicht aus den Küchen der fünf beteiligten Produktionsgesellschaften kommen, sind willkommen», so Probst. Das Ziel sei klar: «Wir wollen den Schweizer Film gemeinsam voranbringen und internationaler machen.»
Als konkretes Beispiel nennt Probst den Film «Die Königin des Eigers» von Michael Bühler, der 2026 veröffentlicht werden soll. Das sei eine ungemein beeindruckende Geschichte um eine starke, doch kaum bekannte Frau. «Wie können wir dieses Fiction Documentary grösser machen?»
Vereinfacht gesagt durchläuft ein Filmprojekt fünf Stadien, bis es auf der Leinwand zu sehen ist: Die Idee führt zum Drehbuch. Anschliessend geht es um die Förderung und die Finanzierung. Dann wird gedreht und zuletzt steht die Vermarktung im Zentrum.
So bringen sich die Swiss Studios ein
Die erste Idee
«Wir erhalten laufend Ideen zugeschickt», so Probst. Die Aufgabe sei es nun, diese zu sichten, sich zusammenzusetzen und die Vorschläge zu beurteilen. Die zentralen Fragen seien: Für wen ist das Projekt gedacht? Wer soll sich das anschauen? Was lässt sich wie erzählen? Gibt es bereits ähnlich gelagerte Projekte? Weiter gehe es auch darum, den Blick zu weiten und zu schauen, was sich international verkaufen lässt, so Probst.
Der Schritt zum Drehbuch
Gäbe es von ihrer Seite zu einem Projekt grünes Licht, gehe es darum, «für ein Drehbuch zu sorgen, das überzeugt», so der CEO. Gleichzeitig würde evaluiert, über welche Kanäle die Filme, Dokus und Serien vorfinanziert werden können und welche Zusammenarbeiten mit TV-Anstalten oder Streaming-Anbietern denkbar sind. Momentan befinden sich laut Probst rund 60 Projekte parallel in unterschiedlichen Stadien. «Rund zwölf verfolgen wir derzeit weiter», sagt der frühere Manager von Sky-Deutschland, der zuletzt bei Blue Entertainment als CPO Fiction gearbeitet hat.
Die Frage der Finanzierung
Ein Film- oder TV-Projekt zu finanzieren, sei der komplexeste und mitunter mühsamste Teil der Reise, sagt Probst – «Das Piece de résistance», wie er es nennt. Regionale Förderung sei nötig und richtig, so Probst, «kann aber auch schwerfällig und unüberschaubar sein und reicht für ein international ausgerichtetes Projekt nicht».
Trotz der Lex Netflix, die Streamingplattformen wie Netflix dazu verpflichtet, einen Teil ihres in der Schweiz erzielten Umsatzes in Schweizer Produktionen zu investieren, werde sehr zurückhaltend gefördert. «Von einem Automatismus sind wir weit entfernt», so Probst. Das habe auch damit zu tun, dass TV-Anstalten und Streaming-Anbieter Programminhalte brauchen, die beim Publikum ankommen und deshalb nicht selten starke Mitspracherechte fordern. «Das kann zu Spannungen führen», so Probst. Alles könne auf diese eine pragmatische Frage zurückgeführt werden: Was macht Sinn?
Jetzt wird gedreht
Mittelfristig wollen die Swiss Studios laut Probst eine in wichtigen Positionen festangestellte Crew haben, die für die eigenen, aber auch für Projekte Dritter zur Verfügung steht. «Ausserdem wollen wir helfen, Fachleute und Talente in der Schweiz auszubilden», so Probst. «Nicht zuletzt wollen wir wo immer möglich digitalisieren, und mit all diesen Massnahmen helfen, den Produktionsstandort Schweiz zu stärken und zukunftssicher zu machen.»
Die Vermarktung ist entscheidend
Probst weiss um das Spannungsfeld zwischen Produktion und Vermarkter. Die eine Seite wolle oft an ihren Ideen und Idealen festhalten. Die andere wolle Geld verdienen. Hier brauche es viel Austausch und vor allem die Fähigkeit und den Willen zu Kompromissen. «Es gibt nämlich keine allgemeingültige Antwort. Die muss immer wieder ausgehandelt werden», so Probst. Denn: Nichts verkaufe sich automatisch. Probst mag zum Beispiel Dialektproduktionen, gibt aber zu bedenken: «Wenn wir etwas nur in einem Schweizer Dialekt lancieren, machen wir die Zielgruppe von Anfang an kleiner.»
Probst weiss auch um das Spannungsfeld zwischen Kunst und Kommerz. Er ist dort gänzlich pragmatisch: «Kommerz ist nicht grundsätzlich dümmlich und Kunst nicht grundsätzlich besser.» Oder noch einfacher formuliert: «Kunst und Entertainment finden im besten Falle zusammen.»
Malte Probst ist zufrieden mit der bislang erreichten Resonanz und formuliert das Ziel so: «Die Swiss Studios sollen nichts weniger sein als Wachstumshelfer des Schweizer Films.»*
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*Dieser Text von Raphael Amstutz, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.