Nicht alle Staudämme in der Schweiz sind bei Erdbeben sicher
(Keystone-SDA) Die Betreiber von Staudämmen müssen nachweisen, dass ihre Anlagen erdbebensicher sind. Dafür hatten sie bis Ende März Zeit. Allerdings sind beim Bund erst 142 von 206 Dossiers eingegangen – obwohl die Betreiber zehn Jahre Zeit hatten. Sechs Dämme müssen nachgebessert werden.
Dies teilte das Bundesamt für Energie (BFE) mit. Die Betreiber müssen nachweisen, dass bei einem extremen Erdbeben ein Versagen der Anlage ausgeschlossen werden kann.
Obwohl das Bundesamt erst 58 der eingereichten Dossiers überprüft hat, zieht es eine positive Bilanz. Generell zeige die Praxis, dass Talsperren Erdbeben gut widerstehen, sagte Georges Darbre vom BFE auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Darbre ist Leiter Sektion Talsperren und Beauftragter für die Sicherheit der Talsperren.
Trotzdem müssen an sechs Anlagen Nachbesserungen gemacht werden. Bei den umfassendsten Massnahmen beim Staudamm Les Toules VS ging es laut Darbre um Investitionen von rund 40 Millionen Franken. Dass auffallend häufig Staudämme im Wallis betroffen sind, führt Darbre auf die Zahl der Anlagen kombiniert mit der erhöhten Seismizität zurück.
Nachweis zu erbringen ist aufwendig
Bei den Anlagen, für welche die Unterlagen fristgerecht eingereicht wurden, handelt es sich laut BFE um 80 Prozent der grössten 77 Staudämme in der Schweiz. Dass es nicht mehr gewesen ist, hänge damit zusammen, dass der Prozess sehr aufwendig sei, sagte Darbre.
«Betreiber müssen ein spezialisiertes Ingenieurbüro mit der Durchführung der Nachweise beauftragen. Diese kann mehrere Monate dauern.» Allerdings verhehlt Darbre keineswegs, dass manche Betreiber zu lange abgewartet hätten, bevor sie aktiv geworden sind.
Das Bundesamt hat deshalb 45 Anlagen eine Fristverlängerung gewährt, obwohl den Betreibern zehn Jahre Zeit eingeräumt wurde. 2003 hatte das BFE eine Kampagne begonnen, um die Erdbebensicherheit von Stauanlagen zu überprüfen.
Aus diesem Grund verneint Darbre auch einen direkten Zusammenhang mit der Atomkatastrophe in Fukushima vor zwei Jahren. Manche Betreiber hätten aber erkannt, dass der Nachweis einer erdbebensicheren Anlage vorteilhaft sein könne.
Schwere Vorwürfe von Greenpeace
Im März hatte die Umweltorganisation Greenpeace schwere Vorwürfe gegen das BFE erhoben. Dieses habe bei der Prüfung der Erdbebensicherheit des Staudamms von Mühleberg BE oberhalb des dortigen Kernkraftwerks eine Expertenfirma dazu angewiesen, Sicherheitsfaktoren zu ignorieren und den Sicherheitsnachweis für die Staumauer durchzuwinken.
Das BFE bekräftigte daraufhin, dass die Stauanlage Wohlensee die aktuellen Sicherheitsanforderungen erfülle. Gemäss Darbre sind keine weitere Beschwerden hängig.
Die Erdbebensicherheit ist nicht nur für den Staudamm selbst nachzuweisen, sondern umfasst auch Nebenanlagen wie Ablässe oder den Stauraum. Abhängig von ihrer Grösse werden die Anlagen dabei in drei Klassen eingeteilt. Die grössten Anlagen müssen dabei einem Erdbeben standhalten können, wie es jeweils alle 10’000 Jahre einmal vorkommt.