Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Parlamentswahl im Kosovo – Kurti-Regierung auf dem Prüfstand

Keystone-SDA

Nach vier Jahren mit einer Regierung des links-nationalen Ministerpräsidenten Albin Kurti wählen die Bürger im Kosovo ein neues Parlament. Meinungsumfragen sahen zuletzt Kurtis Partei Vetevendosje (Selbstbestimmung) klar in Führung. Anders als vor vier Jahren dürfte sie aber diesmal nicht auf knapp über 50 Prozent der Stimmen kommen. Im Wahlkampf bezeichnete Kurti die Abstimmung als "Referendum über unsere Regierung".

(Keystone-SDA) Als wichtigste Konkurrenten gelten die liberale Demokratische Partei (PDK) und die bürgerliche Demokratische Liga des Kosovos (LDK). Zehn der 120 Parlamentssitze sind der serbischen Volksgruppe und zehn weitere den anderen Minderheiten vorbehalten.

Das heute fast ausschliesslich von Albanern bewohnte Kosovo war früher eine serbische Provinz. 1998/99 reagierte Serbien auf einen bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner mit Massakern und Vertreibungen. Die Nato zwang Belgrad 1999 mit Luftangriffen zum Rückzug seiner Sicherheitskräfte aus der Provinz. Das Land wurde von der UN-Verwaltung Unmik regiert, bis es sich 2008 für unabhängig erklärte.

Damit liegt es an einer geopolitischen Konfliktlinie. Während Deutschland, die USA, die meisten EU-Länder und fast 100 weitere Staaten die Eigenstaatlichkeit des Kosovos anerkannten, taten das Serbien, Russland und China nicht. Zu Serbien bestehen deshalb starke Spannungen. Die Führung in Belgrad unter Präsident Aleksandar Vucic instrumentalisiert dabei auch die serbische Bevölkerung, die in einem kompakten Siedlungsgebiet im nördlichen Teil des Kosovos lebt.

Mit Trump droht schlechtes Verhältnis zu USA

Mit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump zeichnet sich eine Verschlechterung des Verhältnisses Kurtis zu den USA ab, dem wichtigsten militärischen Partner des Kosovos. Richard Grenell, Trumps Gesandter für Sondermissionen, griff Kurti in mehreren X-Postings kurz vor der Wahl scharf an, in denen er ihn der Unzuverlässigkeit bezichtigte. «Sowohl Republikaner als auch Demokraten haben Kurti beständig wegen einseitiger Handlungen kritisiert, die die Region destabilisieren. Auch die EU und die Nato taten es», schrieb er auf X.

Trumps Spitzendiplomat erwähnte nicht, dass EU, Nato und die USA – wenn auch verhalten – Belgrad dafür kritisierten, dass ein bewaffneter Stosstrupp aus Serbien im September 2023 im Norden des Kosovos eindrang, um weitere Kosovo-Serben zu einem bewaffneten Aufstand zu bewegen. Bei den Kämpfen starben ein kosovarischer Polizist und drei serbische Eindringlinge. Viele im Westen betrachten Vucic als «Stabilitätsfaktor» für die Region. Unter ihm fährt Serbien, das seit 2014 über einen EU-Beitritt verhandelt, einen Schlingerkurs zwischen dem Westen und Russland, gegen das es nach dem Ukraine-Krieg keine Sanktionen verhängt hat.

Grenell war schon während Trumps erster Präsidentschaft Balkangesandter. Im März 2020 veranlasste er in dieser Eigenschaft den Sturz Kurtis, nachdem dieser gerade mal sechs Wochen erstmals als Regierungschef im Amt gewesen war. Grund dafür war, dass sich der Kosovare nicht auf den eher Serbien-freundlichen Kurs des Trump-Teams zwingen lassen wollte.

Serbische Gebiete unter Kontrolle Pristinas

Kurti gelang es in seiner Regierungszeit, die von Serbien betriebenen Parallelstrukturen im Nordkosovo zu beseitigen. Dabei liess er unter anderem die Verwendung des serbischen Dinars als Zahlungsmittel unterbinden und serbische Postämter schliessen. Westliche Partner kritisierten ihn dafür, unter der kosovarischen Bevölkerung brachte es ihm viel Zustimmung ein. Zugleich wird Kurti vorgehalten, nur wenige seiner ambitiösen Reformversprechen eingelöst zu haben. Politische Gegner werfen ihm ausserdem vor, das Verhältnis zu den USA nachhaltig beschädigt zu haben.

Im alten Parlament hatte Kurtis Vetevendosje zusammen mit Abgeordneten der ethnischen Minderheiten eine bequeme Mehrheit. Nach dieser Wahl könnte es sein, dass sich Kurti für ein neues Regierungsmandat weitere Partner suchen muss. Die Wahllokale schliessen um 19.00 Uhr. Mit ersten Ergebnissen wird im Laufe des Abends gerechnet. Zudem dürften gleich nach Schliessung der Wahllokale die Ergebnisse von Nachwahlbefragungen vorliegen.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft