Personenfreizügigkeit: Gegen 60% Ja
Das Schweizer Stimmvolk sagt laut provisorischem Endergebnis mit 59,6% deutlich Ja zur Fortführung des freien Personenverkehrs mit der EU und dessen Ausweitung auf Rumänien und Bulgarien. Die Stimmbeteiligung dürfte 52% betragen.
Alle drei Hochrechnungen des Instituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse zum freien Personenverkehr zeigen ein klares Resultat: Sie sagen einen Ja-Anteil von 59% zum freien Personenverkehr voraus.
Die Unterstützung der Personenfreizügigkeit dürfte damit im Vergleich zur letzten Abstimmung zum gleichen Thema sogar noch gestiegen sein.
Zur Stimmbeteiligung liegt nun eine erste Trendrechnung vor: Sie besagt eine überdurchschnittlich hohe Beteiligung von 52%.
Derzeit liegen definitive Resultate aus 25 Kantonen vor, von denen lediglich vier Nein sagten.
Am deutlichsten sagte der Kanton Waadt mit 70% Ja. Zustimmende Mehrheiten zwischen 50,3 und 69,4% gab es auch in den Kantonen Jura, Uri, Solothurn, Appenzell-Ausserrhoden, Zug, Luzern, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau, Aargau, Basel-Landschaft, Obwalden, Nidwalden, Graubünden, Genf, Bern, Zürich, Neuenburg, Wallis und Basel-Stadt.
Nein zur Paketvorlage für die unbefristete Weiterführung der Personenfreizügigkeit und deren Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien sagten die Stimmberechtigten mit Nein-Anteilen zwischen 65,8 und 51% in den Kantonen Tessin, Schwyz, Appenzell-Innerrhoden und Glarus.
Kritisiertes Paket
Konkret ging es bei der Abstimmung eigentlich um zwei Vorlagen: Um die Fortführung der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union (EU) sowie um die Ausweitung dieses Abkommens auf die neuen Mitgliedsländer Rumänien und Bulgarien.
Die Fortführung des Abkommens über den freien Personenverkehr war von Beginn weg auf sieben Jahre befristet und wäre deshalb automatisch an die Urne gekommen.
Das Abkommen ist seit Juni 2002 in Kraft und gilt seit April 2006 auch für jene Länder, die seit 2004 zur EU gehören. Es wurde auch kaum bestritten.
Umstritten hingegen war die Ausdehnung des Abkommens auf die beiden neuen osteuropäischen EU-Mitglieder Rumänien und Bulgarien, die 2007 der Union beigetreten sind.
Angst vor Zuwanderung
Dass die beiden Vorlagen vom Parlament in ein Päckchen gepackt worden sind, hatte denn auch die grösste Kritik ausgelöst und schliesslich zum Referendum gegen die Vorlage geführt. Der Tenor: Die Päckchenlösung sei undemokratisch, weil sie keine Unterscheidung zulasse.
Die Gegner der Vorlage stammten vorwiegend aus dem rechten politischen Lager. Sie waren zwar mehrheitlich auch für die Weiterführung des freien Personenverkehrs, doch vehement gegen deren Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien.
Sie befürchteten eine Einwanderungswelle, den Import von Kriminalität und eine zunehmende Belastung der Sozialhilfe. Zudem betonten sie, dass die Schweiz bei einem Ja rund 257 Millionen Franken an Kohäsionsgeldern zugunsten von Rumänien und Bulgarien zahlen müsse.
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Freier Personenverkehr
Bewährtes weiterführen
Ganz anders tönte es von einer Mehrheit der politischen Parteien und der Wirtschaft. Für sie war klar, dass die Personenfreizügigkeit der Schweiz mehr Vor- als Nachteile bringt. Die Schweizer Unternehmen seien auf diese Arbeitskräfte angewiesen, hiess es.
Die Schweiz könne es sich nicht leisten, mit EU-Ländern unterschiedlich umzugehen. Und die Befürworter betonten, die Freizügigkeit erlaube es auch tausenden Schweizerinnen und Schweizern, im Ausland eine Arbeit aufzunehmen.
Schliesslich warnten die Befürworter davor, dass eine Ablehnung des Pakets die gesamten Bilateralen Abkommen gefährden könnte. Denn der freie Personenverkehr ist ein Bestandteil der Bilateralen I.
swissinfo, Christian Raaflaub
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Bilaterale Abkommen
Das Abkommen erlaubt Bürgern der Schweiz und der EU, das Land frei auszuwählen, in dem sie leben und arbeiten wollen.
Bedingungen: Eine Aufenthaltsbewilligung erhält, wer im Besitz eines Arbeitsvertrags ist, eine selbständigerwerbende Arbeit oder ausreichende finanzielle Mittel nachweisen kann und krankenversichert ist.
Um Phänomene wie Lohn- oder Sozialdumping zu verhindern, hat die Eidgenossenschaft flankierende Massnahmen in Kraft gesetzt. Im Fall von wiederholtem Lohndumping können Massnahmen getroffen werden, die obligatorische Mindestlöhne vorsehen.
Die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Bulgarien und Rumänien soll schrittweise erfolgen. Während sieben Jahren ab Inkrafttreten gelten für die Zuwanderung verschiedene Beschränkungen: Kontingente, Inländervorrang, vorgängige Kontrollen der Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Am 25. September 2005 stimmte die Schweiz über den Bundesbeschluss zur Ausdehnung des Personenfreizügigkeits-Abkommens auf die damals neuen EU-Staaten in Ost- und Südeuropa ab sowie über die Revision der flankierenden Massnahmen, also über die heute geltende Personenfreizügigkeit zwischen der EU und der Schweiz.
Damals votierten 56% für die Vorlage, 44% dagegen. Die Stimmbeteiligung lag bei 54%.
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