Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

US-Wahlen: «Amerikaner haben das schlechteste Steuersystem der Welt»

James Foley
James Foley, eingetragener Republikaner, lebt seit 2013 in der Schweiz. Courtesy James Foley

Einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten sprechen zwei Amerikaner in der Schweiz über die Politik in den USA und welche Rolle ihr Heimatland in der Welt spielen soll.

James Foley stammt ursprünglich aus New Orleans. Nachdem er in den 1990er Jahren in Deutschland und Belgien gelebt hatte, zog er 2013 in die Schweiz. Seither lebt er in Genf, arbeitet in der Automobilindustrie und spricht Französisch und Deutsch. Er ist aktives Mitglied der «Republicans OverseasExterner Link«, einer Interessenvertretung der Republikanischen Partei.

(Hier geht es zum Gespräch mit Jennifer Rodney, die sich bei Action Together: Zurich einsetzt:)

Mehr

swissinfo.ch: Wenn die Leute in der Schweiz erfahren, dass Sie Amerikaner sind, was sagen oder fragen sie als Erstes?

James Foley: Den meisten Schweizern, die ich kennenlerne, ist das egal. Meine Schweizer Freunde hier in Genf interessieren sich nur dafür, was im Kanton Genf vor sich geht. Das ist typisch schweizerisch. Egal, ob sie aus der französischsprachigen oder der deutschsprachigen Schweiz kommen, sie konzentrieren sich auf die kleine Welt um sie herum. Amerikaner und Schweizer haben etwas gemeinsam: Sie glauben beide, dass ihr Land im Zentrum des Universums liegt.

War Ihre Familie politisch aktiv?

Mein Vater war Republikaner, aber das war’s auch schon. Meine Mutter war «politisch agnostisch». Sie war inaktiv. Mein Vater kannte jeden, der in der Politik von Louisiana kandidierte, weil er lange Zeit Anwalt war. Aber das war kein wirklicher politischer Einfluss auf mich.

Gehören Sie jetzt einer politischen Partei in den USA an?

Ja, ich bin registrierter Republikaner in Louisiana, dem Ort, an dem ich zuletzt gelebt habe.

Wo waren Sie in der Nacht der letzten US-Präsidentschaftswahlen? Woran erinnern Sie sich?

Ich war in Genf. Wir hatten eine gemeinsame Veranstaltung mit den «Democrats Abroad». Wir hatten etwa 500 Gäste, die ganze Nacht lang lief Wahlberichterstattung, mit zwei grossen Wandbildschirmen. Ich war die ganze Nacht wach.

Mit wessen Sieg rechneten Sie, Hillary Clinton oder Donald Trump?

Oh, ich hatte erwartet, dass Hillary gewinnt, denn das hatten die Umfragen und die Presse die ganze Zeit gesagt. Trump war ein Protestkandidat, dachte ich, genau wie Bernie Sanders. Aber nachdem ich sah, dass Ohio Trump gewählt hat, dachte ich: «Die Wahl ist vorbei.» Und das war sie auch. Es wurde sehr, sehr ruhig im Saal. Es waren vor allem Demokraten an unserer Veranstaltung, die Mehrheit der Amerikaner in der Schweiz sind Demokraten.

Mit einem Wort: Wie würden Sie Ihre Reaktion auf die Wahl von Donald Trump beschreiben?

Überrascht. Einfach nur überrascht. Ich habe nicht Trump gewählt. Ich war Protest-Wähler, aber ich habe nicht für Trump gestimmt – ich habe für [den libertären Kandidaten] Gary Johnson gestimmt.

Wann und warum sind Sie politisch aktiv geworden?

Ich wurde politisch aktiv, nachdem ich 2001 nach Europa zurückgekehrte und vor allem nachdem ich 2013 in die Schweiz zog und andere Amerikaner traf, die den grössten Teil ihres Erwachsenenlebens in Übersee gelebt hatten. Nachdem FATCA – der Foreign Account Tax Compliance ActExterner Link – unter der Obama-Regierung verabschiedet worden war, wurde mir klar, dass wir US-Bürger im Ausland von unserer eigenen Regierung ignoriert werden. Wir müssen «Staub aufwirbeln», um unsere Vertreter dazu zu bringen, uns Aufmerksamkeit zu schenken.

Dringende Probleme

Sind Sie mit den Veränderungen, die in den USA in den letzten vier Jahren stattgefunden haben, zufrieden?

Ich habe gesehen, was Trump in den letzten knapp vier Jahren tat und kam zum Schluss, dass dies der beste Weg für das Land war. Ich dachte schon lange, dass Amerika seine Militärausgaben reduzieren sollte, vor allem bei der NATO. Der Kalte Krieg ist vorbei. Wir brauchen keine Truppen mehr in über 100 Ländern zu stationieren.

Welche Themen sind für Sie als Wähler besonders wichtig?

Steuerreform. Die Rückkehr unserer Truppen. Die Schulden senken. Recht und Ordnung.

Amerikaner haben das schlechteste Steuersystem der Welt, besonders wenn man im Ausland lebt. Ich muss meine Steuern jedes Jahr in drei Ländern einreichen: In der Schweiz, wo ich wohne. In Deutschland, wo mein Unternehmen ansässig ist. Und in den Vereinigten Staaten, weil ich US-Bürger bin. Die Vereinigten Staaten sind eines von nur zwei Ländern auf der Welt, in denen die Besteuerung auf der Staatsbürgerschaft basiert. Alle anderen Länder haben eine auf dem Wohnsitz basierende Besteuerung. Sie zahlen also dort Steuern, wo Sie leben und arbeiten.

FATCA ist ein riesiges Problem für Amerikaner im Ausland, und wenn Sie sich fragen, warum so viele Amerikaner in den letzten Jahren ihre Staatsbürgerschaft aufgegeben haben, dann ist das der Hauptgrund. Dies wurde unter Trump mit dem Gesetz über Steuersenkungen und Arbeitsplätze von 2017 teilweise entschärft.

Nun hoffen Republikaner, die im Ausland leben, dass Präsident Trump die auf der Staatsbürgerschaft basierende Besteuerung von Privatpersonen abschaffen wird. Er kann dies per Exekutiverlass tun.
 
Wie informieren Sie sich?

Das sind verschiedene Quellen, meistens online: Websites oder soziale Medien. Ich nutze viel Twitter und Parler.

Bei Republicans Overseas haben wir eine weltweite WhatsApp-Gruppe, in der wir ständig Informationen über verschiedene Dinge posten – Ideen, Ereignisse, Nachrichten-Feeds, Wahlergebnisse. Das gibt mir einen ziemlich guten Überblick darüber, was in der Welt vor sich geht.

Facebook benutze ich weniger. Wenn Sie bei Facebook oder Twitter konservativ sind, werden Sie herausgefiltert. Und meistens verärgern meine Facebook-Posts meine linken Freunde. Ich tue das nicht mit Absicht. Ich poste etwas Provokatives, oder etwas, das mich zum Nachdenken anregt. Und dann veröffentliche ich es auf Facebook und sage etwas wie «Hier ist ein anderer Standpunkt». Sie sollten die Stürme sehen, die das lostreten kann. Ich habe viele Freunde, die mich auf Facebook wegen meiner Unterstützung für Trump entfreundet haben. Dabei war ich zu Beginn nicht einmal Trump-Unterstützer.

Parteipolitik ohne Grenzen?

Worin sehen Sie die Hauptunterschiede zwischen der amerikanischen und der Schweizer Politik?

Das Problem der Schweizer Politik ist, dass die Kantone etwas wollen, das Volk etwas anderes und dann der Bundesrat sagt: «Ah, nein, wir machen etwas noch anderes.»

In der Schweiz denken alle, sie hätten etwas zu sagen. Dann macht die andere Seite, was sie will, das Volk wird wütend, wir halten nochmals ein Referendum darüber ab – und letztlich passiert nichts. Ich bin der örtlichen Schweizerischen Volkspartei beigetreten, weil ich etwas über die Schweizer Politik lernen wollte. Und je mehr ich darüber lerne, desto frustrierender ist es. Es sind viel mehr Parteien daran beteiligt. In den USA ist es entweder oder.

Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptunterschiede zwischen den beiden grossen US-Parteien, den Republikanern und den Demokraten?

Die Demokraten haben keinen Plan, sie stiften nur Chaos. Sie wollen der Polizei die Finanzierung entziehen. Sie wollen die USA zerstören. Trump hingegen will Amerika stärker machen.

Was glauben Sie, welche Rolle die USA heute in der Welt spielt?

Die USA lässt Länder ihr eigenes Ding machen, lässt Nationen Nationen sein. Ich bin Nationalist; ich bin kein Internationalist. Ich glaube nicht an eine Weltregierung. Ich glaube an Länder. Ich glaube an Währungen. Ich glaube an Grenzen. Wenn man keine Grenze hat, hat man kein Land.


Republicans OverseasExterner Link ist eine weltweite Interessenvertretungsorganisation der Republikanischen Partei mit Sitz in Washington, DC mit Mitgliedern und Einheiten überall auf der Welt. Foley sagt: «Wir haben eine kleine Gruppe hier in der Schweiz, unser Engagement ist freiwillig.»

Laut ihrer Website wollen die Republicans Overseas «die in Übersee lebenden Amerikaner politisch informieren und ihnen einen Mechanismus bieten, politische Anliegen an hochrangige Politiker und Präsidentschaftskandidaten weiterzuleiten.»


Es gibt zwischen 2,9 und 6,5 Millionen wahlberechtigte Amerikanerinnen und Amerikaner, die im Ausland leben. Je nach Quelle haben zwischen 7% und 25% von ihnen an der letzten Präsidentschaftswahl teilgenommen. US-Bürger, die sich aus dem Ausland zur Stimmabgabe registrieren lassen möchten, können die Richtlinien ihres Bundesstaates einsehen und einen Stimmzettel auf votefromabroad.orgExterner Link anfordern. Aufgrund der diesjährigen Herausforderungen mit dem US-Postdienst ermutigen die Bundesstaaten die Wähler, so früh wie möglich einen Stimmzettel zu beantragen.

Wahlhilfen

Vote From AbroadExterner Link: Eine unparteiische Abstimmungsplattform

Federal Voting Assistance ProgramExterner Link: Die Regierungsseite für Wählerregistrierung und Stimmzettel

American Citizens AbroadExterner Link: Eine Mitgliederorganisation, die Informationen und Lobbying anbietet

Republicans OverseasExterner Link: Eine Mitgliederorganisation für Republikaner

Democrats AbroadExterner Link: Eine Mitgliederorganisation für Demokraten 

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Diskutieren Sie mit!

Ihre Beiträge müssen unseren Richtlinien entsprechen. Wenn Sie Fragen haben oder ein Thema für eine Debatte vorschlagen möchten, wenden Sie sich bitte an uns!

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft