BDP trotz Sieg in Bern weiter nur regionale Grösse
Sieg im Kanton Bern heisst noch lange nicht Erfolg im Berner Bundeshaus: Dies der Tenor in Schweizer Medien nach der erstmaligen Verteidigung eines BDP-Sitzes in einer Kantonsregierung.
Mit Beatrice Simon den Sitz des abtretenden Urs Gasche gehalten, im Kantonsparlament die Sitzzahl von 17 auf 25 erhöht, den Wähleranteil auf 15% hinaufgeschraubt: Die Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP), die Abspaltung der SVP, wird nicht nur von der Berner Presse, sondern auch Medien aus der ganzen Schweiz als grosse Siegerin der Berner Kantonalwahlen gefeiert.
«Der grosse Tag der BDP», verkündet Der Bund. Der «Triumph» gehe «überhaupt nicht zulasten der SVP», denn gebüsst hätten vor allem die Sozialdemokraten und der Freisinn.
«Streit beflügelt, Konkurrenz belebt», begründet die Berner Zeitung die Höhenflüge von BDP und SVP. Diese büsste nur drei Sitze ein und habe damit praktisch alte Stärke bewahren können.
Positives Echo aus der Westschweiz
Optimistisch tönt es auch aus der Westschweiz. «La dissisdence de l’UDC réussit un test national»- die SVP-Abspaltung besteht nationalen Test, schreibt die Lausanner 24heures.
Die Verteidigung des Regierungssitzes und die Steigerung im Parlament um knapp 50% wertet Le Temps als Durchbruch für die BDP. Dieser sei nicht auf Kosten der SVP erfolgt. «Das agrarische Schisma hat die konservative Wählerbasis im Kanton Bern spektakulär verbreitert», so die Genfer Zeitung.
Beste Wahlhelferin
Laut Tages-Anzeiger verhilft der einstige Dissidentenklub der Blocher-SVP als Hauptfeind zum nationalen Prestigerfolg: «Die SVP steht als unbezwingbar da» und steige als Favoritin in die nationalen Wahlen 2011.
Der Blick identifiziert dasselbe Siegerduo. «Die BDP jubelt. Und auch die SVP ist nicht unglücklich.» Auch die Boulevardzeitung blickt bereits Richtung Wahlen von nächstem Jahr. Der Sprung im Kanton Bern werde Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf etwas beruhigen. Denn Sitzverluste der BDP im Bundesparlament würden «das Wegbrechen ihres letzten Rests an parlamentarischer Hausmacht» bedeuten.
Dank des Berner Rückenwinds könne Widmer-Schlumpf ein bisschen aufatmen, schreibt auch die Neue Luzerner Zeitung. «Denn die BDP-Bundesrätin wird sich 2011 nur im Amt halten, wenn ihre Partei zulegen kann.»
Aber auch nach dem Berner Erfolg bleibe die BDP eine regionale Partei. Ihr Makel: Sie habe bisher den Schwung aus den Stammlanden noch kaum auf neue Kantone übertragen können.
Bei Lichte besehen…
Skepis bricht auch aus der Aargauer Zeitung durch. In der Regierungswahl habe die SVP der BDP schwache Konkurrenz geboten. «Die Blocher-Partei schickte zwei blasse Kandidaten ins Rennen, die es in einem anderen Kanton allenfalls in die Schulpflege ihrer Wohngemeinde schafften.»
Zwar habe die BDP Selbstbewusstsein für nächstes Jahr tanken können. «Für den Durchbruch als nationale Kraft – und damit zur echten Bundesratspartei – wird dies indes nicht reichen», so die Aargauer Zeitung.
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