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Bundesrat will neues Gesetz zu Potentatengeldern

Ein Bild von Ex-Diktator Jean-Claude Duvalier in der Duvalier-Foundation in Port-au-Prince. Keystone

Die in der Schweiz blockierten rund fünf Millionen Dollar des Duvalier-Clans können vorerst nicht an Haiti ausbezahlt werden. Dies entschied das Bundesgericht in Lausanne. Jetzt will der Bundesrat die Auszahlung an die Duvaliers mittels Gesetz verhindern.

Die Schweizer Regierung reagiert damit auf ein Urteil des Bundesgerichts. Dieses hatte am Mittwoch festgehalten, es gebe keine Rechtsgrundlage, um die Duvalier-Gelder an Haiti zurückzuerstatten.

Vor einem Jahr hatte das Bundesamt für Justiz entschieden, der Republik Haiti Rechtshilfe zu leisten und gegen 5 Millionen US-Dollar, die bei der UBS in Genf liegen, an den Inselstaat herauszugeben. Diese Gelder waren von Simone Duvalier, der Mutter des Ex-Diktators Jean-Claude Duvalier, in einer liechtensteinischen Stiftung namens Fondation Brouilly parkiert worden.

Langes Tauziehen

Das Bundesstrafgericht schützte den Entscheid des Bundesamts für Justiz am 12. August 2009. Es befand, durch die systematische Veruntreuung öffentlicher Gelder hätten sich die Mitglieder des Duvalier-Clans bereichert.

Der Diktator von Haiti, «Baby Doc» Duvalier, und seine Entourage hätten eine kriminelle Organisation gebildet, weshalb die Rechtshilfe gewährt und das Geld an die Republik Haiti ausbezahlt werden könne.

Eine gegen diesen Entscheid eingereichte Beschwerde der Brouilly-Stiftung hat das Bundesgericht nun gutgeheissen. Das Gericht weist in seinem Entscheid, der am 12. Januar 2010 und damit einen Tag vor dem Erdbeben erging, daraufhin, dass zwischen der Republik Haiti und der Schweiz kein Staatsvertrag bestehe und sich die Rechtshilfe deshalb nach schweizerischem Recht richte.

Dies mit der Konsequenz, dass keine Rechtshilfe geleistet werden kann, wenn die im Ausland begangene Straftat nach schweizerischem Recht verjährt ist. Damit gehörten die blockierten Gelder der Familie Duvalier.

Verjährung

Dem Duvalier-Clan wurde vorgeworfen, eine kriminelle Organisation aufgebaut und systematisch Gelder abgezweigt zu haben. Nach schweizerischem Recht verjährt diese Straftat nach 15 Jahren. Da das Duvalier-Regime im Jahre 1986 gestürzt wurde und die strafbaren Handlungen damals endeten, trat die Verjährung im Jahre 2001 ein.

Bereits im Jahre 2002 hatte das Bundesgericht die Herausgabe von Duvalier-Geldern mit dieser Begründung abgewiesen. Gleiches gilt nun auch für das Rechtshilfegesuch Haitis aus dem Jahre 2008.

Neues Instrument gegen Despotengelder

Das Bundesgericht selber ist wenig glücklich über diesen Entscheid. Es fordert deshalb den Gesetzgeber auf, für die Rückerstattung von Potentatengeldern ein angemessenes Instrument ins Gesetz aufzunehmen.

Dieser Aufforderung will der Bundesrat offenbar nachkommen, um eine Rückerstattung dieser «unrechtmässig erworbenen Vermögenswerte» an den Duvalier-Clan zu verhindern, wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitteilte.

Die Landesregierung beschloss deshalb, die Duvalier-Gelder gestützt auf die Bundesverfassung erneut zu blockieren. Das EDA wurde beauftragt, einen aufgrund eines parlamentarischen Vorstosses bereits in Angriff genommenen Gesetzesentwurf bis Ende Monat für die Vernehmlassung fertigzustellen. Dieser soll es erlauben, die Vermögenswerte zu beschlagnahmen.

Reaktionen

Laut dem Basler Strafrechtler Mark Pieth können Opfer des Duvalier-Regimes gestützt auf das Zivilrecht Schadenersatz und Genugtuung verlangen. Auch hier bleibe aber das Problem der Verjährung. Zudem käme das Geld nicht der Regierung Haitis zugute.

Pieth, der sich schon in den Fällen Marcos und Mobutu für die Rückzahlung der Potentaten-Gelder stark gemacht hatte, setzt darum auf die Politik. «Der Fall zeigt, wie dringend nötig ein neues Gesetz ist», sagte er. Die Voraussetzungen des derzeit hängigen Projekts seien aber so eng gefasst, dass eine Rückzahlung kaum je stattfinden könnte.

Nichtregierungs-Organisationen forderten schon seit Jahren gesetzliche Grundlagen für die Rückzahlung von Potentaten-Geldern, sagte Bruno Gurtner, ehemaliger Finanzspezialist von Alliance Sud und Vorsitzender des Internationalen Netzwerks für Steuergerechtigkeit.

Die Republik Haiti hatte kurz nach dem Sturz des Diktators Duvalier im Jahre 1986 ein Rechtshilfegesuch in der Schweiz eingereicht. Dem Duvalier-Clan wird vorgeworfen, dem haitianischen Volk zwischen 1971 und 1986 rund 900 Millionen US-Dollar gestohlen zu haben.

swissinfo.ch und Agenturen

7. Feb. 1986: Die fast 30-jährige Herrschaft des Duvalier-Clans in Haiti geht zu Ende. Jean-Claude Duvalier flieht nach Unruhen und auf amerikanischen Druck ins französische Exil.

Ab 1986: Die neue haitianische Regierung wirft dem Duvalier-Clan vor, zwischen 1971 und 1986 über 100 Mio. Dollar unterschlagen zu haben. Sie ersucht die Schweiz um Aushändigung von über 7 Mio. Franken von Jean-Claude Duvalier, die auf Schweizer Banken liegen. Bern erachtet das Rechtshilfegesuch als ungenügend und wartet auf ein Gerichtsurteil gegen Duvalier.

1987 bis 2004: Erneute Wirren und Bürgerkriege in Haiti, 2004 UNO-Intervention.

1991/2002: Weil in Haiti kein ordentliches Strafverfahren eingeleitet worden ist, lehnt die Schweiz die Herausgabe der Gelder mehrfach ab.

14. Juni 2002: Der Bundesrat sperrt die Duvalier-Gelder, um die Frage der Berechtigten zu klären. Die Blockade wird 2005 und 2007 verlängert.

Mai 2008: Haiti reicht ein gültiges Rechtshilfegesuch in Bern ein.

2. Juli 2008: Der Bundesrat hebt die Blockierung der Duvalier-Gelder auf.

12. Februar 2009: Das Bundesamt für Justiz entscheidet, die Duvalier-Gelder müssten an Haiti zurück gegeben und für Entwicklungsprojekte eingesetzt werden. Der Clan erhebt Einspruch.

April/August 2009: Das Bundesstrafgericht weist die Beschwerden ab. Die Duvaliers rekurrieren beim Bundesgericht.

3. Feb. 2010: Das Bundesgericht verweigert die Rückgabe der in der Schweiz blockierten Duvalier-Gelder an Haiti. Die dem Ex-Diktator Jean-Claude Duvalier vorgeworfenen Straftaten seien nach schweizerischem Strafrecht verjährt, weshalb keine Rechtshilfe möglich sei.

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