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Die Schweiz schaut Richtung Osten

Singapur: Ein weltweit bedeutender Stadtstaat mit hoher Schweizer Präsenz. Keystone

Am 6. Juli reist Bundespräsidentin und Wirtschaftsministerin Doris Leuthard nach Indonesien und Singapur. Es handelt sich um zwei sehr unterschiedliche Länder, die beide wichtige Partner für die Schweiz sind.

Der Staatsbesuch – vom 6. bis 10. Juli – wird es erlauben, die Beziehungen zu den beiden Ländern weiter zu vertiefen. Die Schweizer Regierung erachtet dies aus strategischer Sicht für sehr wichtig.

«Im Fall von Indonesien geht es um einen grossen Markt mit 230 Millionen Personen und interessanten Wachstumsraten von zirka 6 Prozent», hält Massimo Baggi, Leiter Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen mit Asien/Ozeanien im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) fest.

Genauso sieht dies Peter Flückiger, stellvertretender Leiter Aussenwirtschaft von Economiesuisse, dem Dachverband der Schweizer Unternehmen: «Indonesien gehört zu den Ländern, die sich in den kommenden Jahren stark entwickeln werden. Dies geht auch aus Umfragen bei unseren Mitgliedern hervor.»

Indonesien sei zudem ein stabiles Land mit einer begrenzten Staatsverschuldung. Bis heute konzentriert sich Indonesien vor allem auf den Binnenmarkt. Doch im Allgemeinen wird ein grosses Entwicklungspotential für die Wirtschaft erwartet.

Klassische Situation im Aussenhandel

Die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Indonesien sind eher gering: Waren und Dienstleistungen im Wert von 370 Millionen Franken werden nach Indonesien exportiert; die Importe belaufen sich umgekehrt auf 170 Millionen Franken (Stand 2009).

Die Schweiz liefert klassische Exportartikel wie Maschinen, Präzisionsinstrumente sowie chemische und pharmazeutische Produkte. Bei den Importen stehen Nahrungsmittel und Textilien an erster Stelle. «Eine klassische Aussenhandelssituation», meint Baggi.

Strategisches Interesse in Asien

Laut Baggi muss «das Interesse an Indonesien in einen weiteren Kontext gestellt werden, nämlich das strategische Interesse der Schweiz in Asien. Unser erster Aussenhandelspartner ist die Europäische Union, aber bereits an zweiter Stelle steht Asien – und nicht Nordamerika, wie viele glauben».

Mit asiatischen Ländern wickelt die Schweiz 11 bis 13 Prozent ihres Aussenhandels ab. Daher will die Schweiz mit allen Wirtschaftspartnern aus dieser Region – beispielsweise Japan, China, Indien, aber natürlich auch Indonesien – wirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen, welche es ermöglichen, an der dortigen Entwicklungen teilzuhaben.

Mit Japan hat die Schweiz bereits ein Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft abgeschlossen. Indonesien ist zudem eines der Schwerpunktländer der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz.

Konkrete Schritte

«In Bezug auf die Wirtschaftsbeziehungen haben wir schon eine bilaterale Kommission Schweiz-Indonesien gegründet. Zudem wurde das Doppelbesteuerungs-Abkommen erneuert, während das Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen angepasst wird. Schliesslich wurde eine Machbarkeitsstudie in Hinblick auf ein Partnerschafts- und Freihandelsabkommen abgeschlossen», fasst Baggi die jüngsten Entwicklungen zusammen.

Im Wirtschaftsministerium Seco hofft man, dass der Staatsbesuch den offenen Dossiers neue Impulse verleiht. Peter Flückiger von Economiesuisse ist seinerseits überzeugt, dass globale Abkommen den Handelsaustausch wesentlich erleichtern werden.

Religiös, aber moderat

Indonesien ist der grösste islamische Staat der Welt, aber im Land leben auch Gläubige einiger Minderheitenreligionen wie Christen, Hindus, Buddhisten. «Indonesien ist ein interessantes Beispiel für das Zusammenleben verschiedener Konfessionen, auch weil die lokalen religiösen Führer moderat auftreten», meint Baggi.

Schliesslich ist die Reise auch in Hinblick auf die Entwicklungen des Verbandes Südostasiatischer Nationen (Asean) interessant. Dieser hat seinen Sitz in Jakarta.

Die Schweiz will besser verstehen, wie sich diese Organisation als Motor einer regionalen Integration bewährt und welche Abkommen getroffen werden.

Finanzen und Forschung

Die Reise von Bundespräsidentin Doris Leuthard wird in Singapur abgeschlossen, dem internationalen Finanzzentrum Asiens. Doch nicht nur deshalb gibt es Parallelen zur Schweiz.

«Die dortige Wirtschaft hat bedeutende Investitionen in die Forschung und technologische Entwicklung gesteckt; so konnte sich das Land in diesem Bereich international erfolgreich positionieren», meint Biaggi.

Es ist kein Zufall, dass das Staatssekretariat für Erziehung und Wissenschaft eine Niederlassung der Schweizer Börse Swissnex gegründet hat. Die «Schweizer Häuser» fungieren als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Unternehmen und werden im Sinne einer Partnerschaft mit Privaten zum Teil von der Eidgenossenschaft finanziert.

Laut Baggi wird es interessant sein zu sehen, wie Singapur die wissenschaftliche Forschung unterstützt, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu stärken.

Für Peter Flückiger ist Singapur von Interesse, «weil es ein kleiner Staat ist, dessen Wirtschaft sich nach aussen orientiert». Der Stadtstaat fungiert als Handelsdrehscheibe im südostasiatischen Raum. Aus diesem Grund sind mehr als 200 Schweizer Firmen dort tätig.

Umgekehrt hat auch Singapur Interesse an der Schweiz: Man denke nur an den staatlichen Investitionsfonds aus Singapur, der die Kapitalerhöhung der UBS mitfinanzierte.

Andrea Clementi, swissinfo.ch
(Übertragen aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Indonesien wurde am 17. August 1945 proklamiert und am 27. Dezember 1949 von den Niederlanden unabhängig.

Die Schweiz anerkannte Indonesien im gleichen Jahr und eröffnete 1952 eine diplomatische Vertretung in der Hauptstadt Jakarta.

Bis 1997 war Indonesien ein Kernland für die schweizerische Entwicklungs-Zusammenarbeit, mit einem Investitionsvolumen von 277 Mio. Fr.

Danach engagierte sich die Schweiz vor allem in den Bereichen Friedensförderung und Menschenrechte: So unterstützt die Schweiz die Anwendung des Friedensvertrags in der Provinz Aceh zwischen der indonesischen Regierung und der Bewegung Freies Aceh.

Die Eidgenossenschaft unterstützte das Land nach dem katastrophalen Tsunami vom Dezember 2004.

Einwohner: rund 230 Millionen

Fläche: 1’904’443 km2

Volksgruppen: über 30 grosse Ethnien; Minderheiten: Chinesen (4 Mio.), Inder, Araber

Religionen: 88% Islam, 8% Christentum, 2% Hinduismus, 1% Buddhismus, 1% Naturreligionen

Sprache: Indonesisch

BIP pro Person: 2329 Dollar

Importe aus der Schweiz: 371 Mio. Fr.

Exporte in die Schweiz: 170 Mio. Fr.

(Quellen: EDA, Seco, 2009)

Einwohner: rund 4,8 Millionen

Fläche: 707 km2

Volksgruppen: 76 % Chinesen, 14 % Malaien, 8 % Hinduisten, 2 % andere

Religionen: Buddhismus (Chinesen), Islam (Malaien), andere

Sprachen: Chinesisch, Malaysisch (offizielle Sprachen), Englisch, Tamil

BIP pro Person: 31’027 Dollar

Niedergelassene Schweizer: 2269

Importe aus der Schweiz: 2,01 Mrd. Fr.

Exporte in die Schweiz: 614 Mio. Fr.

(Quellen: EDA, Seco, 2009)

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