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Schweiz könnte erneut über Ehepaar-Besteuerung abstimmen

Paar auf einer Bank
Verheiratete Paare, die höhere Steuern zahlen müssen, sind fünfmal zahlreicher als im Abstimmungsbüchlein angegeben war. Keystone

Zum ersten Mal in der politischen Geschichte der Schweiz könnte eine nationale Abstimmung wiederholt werden. Geht es nach dem Willen der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), sollte ihre eidgenössische Volksinitiative "Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe" erneut vors Stimmvolk. Sie war 2016 an der Urne knapp verworfen worden.

Die CVP hat in mehreren Kantonen eine Abstimmungsbeschwerde eingereicht. Das Stimmvolk sei vom Bund im Abstimmungsbüchlein mit den Informationen zum Urnengang hinters Licht geführt worden, macht die Partei geltend.

  • Die CVP will eine Wiederholung der Abstimmung über die Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe».
  • Wären die richtigen Zahlen im Abstimmungskampf genannt worden, hätten mehr dem Anliegen zugestimmt, argumentiert sie.

Der Bundesrat hatte am Freitag eingestanden, im damaligen Abstimmungskampf mit falschen Zahlen operiert zu haben. Statt nur 80’000 Doppelverdiener-Ehepaare sind tatsächlich 454’000 von der sogenannten «Heiratsstrafe» betroffen – also fünf Mal so viele.

Die CVP ist überzeugt, dass die Volksinitiative ohne diese Fehlinformationen erfolgreich gewesen wäre. Im Februar 2016 sagten 49,2 Prozent der Schweizer Ja – eine Mehrheit der Kantone hatte der Initiative zugestimmt.

>> Lesen Sie hier unseren Bericht vom damaligen Abstimmungssonntag 2016:

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«Heiratsstrafe» wird hauchdünn abgelehnt

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Am deutlichsten war die Zustimmung im Kanton Jura mit 60 Prozent, gefolgt vom Kanton Wallis mit 57 Prozent. Den Ausschlag gaben die Kantone mit grösseren Städten, welche die Initiative ablehnten: Basel-Stadt mit 61 Prozent, Zürich mit 57, Bern und Waadt mit 54 und Genf mit 53 Prozent. Nein sagten auch die Kantone Graubünden und Appenzell-Ausserrhoden,…

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Gravierende Fehlinformation

Im Abstimmungskampf gegen die Initiative habe der Bundesrat nämlich hauptsächlich mit diesen (tieferen) Zahlen argumentiert. Von einem klaren Volksentscheid könne unter diesen Voraussetzungen nicht ausgegangen werden.

Laut den neusten Angaben sei der gesamte Mittelstand von der Heiratsstrafe betroffen. Rechne man auch die von der Heiratsstrafe betroffenen Rentnerinnen und Rentner dazu, seien heute in der Schweiz rund 1,4 Millionen Personen Opfer der Heiratsstrafe, stellt die Partei fest.

>> SRF-Tagesschau-Beitrag vom 18.6.2018: Falsche Zahl bei HeiratsstrafeExterner Link

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Stimmvolk soll erneut abstimmen können

Die CVP hat deshalb, in verschiedenen Kantonen eine Beschwerde eingereicht, wie sie mitteilt. Ziel ist es, dass das Volk erneut über das Anliegen abstimmen kann.

Für die CVP ist nämlich klar: «Die heutige Benachteiligung von verheirateten und eingetragenen Paaren gegenüber Konkubinatspaaren im Steuerbereich muss beseitigt werden.»

>> SRF-Tagesschau-Beitrag vom 18.6.2018: Chancen auf WiederholungExterner Link


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Gesprächsstoff für Wahljahr

Laut SRF-Bundeshausredaktor Erwin Schmid hat die CVP drei Gründe, die Wiederholung der Abstimmung zu verlangen:

  • Es sei klar, dass das Volk unter der Annahme falscher Tatsachen entschieden habe.
  • Der Bundesrat hat eben erst eine neue Vorlage ins Parlament geschickt, die die Heiratsstrafe abschaffen will. Diese ist aber umstritten. Und so hofft die CVP nun, mit einer Wiederbelebung der Initiative könne sie im Parlament für eine Initiative Druck machen.
  • Und schliesslich käme es der CVP im kommenden Wahljahr nicht ungelegen, wenn sie mit dieser Initiative erneut ihr Kernthema bewirtschaften könnte.

Was die Chancen der Beschwerde vor Bundesgericht betreffen, so gehen die Meinungen laut dem SRF-Bundeshausredaktor auch unter spezialisierten Juristen stark auseinander.

Einfluss auf Abstimmungsresultat?

Die entscheidende Frage dürfte wohl diese sein: War es für das Abstimmungsresultat entscheidend, dass man davon ausging, dass nur sehr wenige Familien davon betroffen sind? Oder gab es andere Gründe, die ausschlaggebend waren? So sprächen Analysen zum Beispiel davon, dass die konservative Ehedefinition in der Initiative der CVP der ausschlaggebende Grund für das Nein gewesen sei.

Darum gäbe es namhafte Juristen, die glauben, dass die Beschwerde der CVP vor Bundesgericht einen schweren Stand haben könnte.

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