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Wirtschaft bis 2050 nachhaltig machen – zur Sicherung unseres Wohlstands

Swissinfo Redaktion

Die Schweiz, einst Pionierin im Umweltbereich, ist im Vergleich mit anderen Ländern zurückgefallen. Mit der Annahme der Initiative "Grüne Wirtschaft" könnten die Schweizer Stimmberechtigten das Ziel einer nachhaltigen Nutzung der Ressourcen erreichen und die Lebensqualität kommender Generationen sicherstellen, erklärt die grüne Nationalrätin Adèle Thorens Goumaz.

Trotz ihren Bemühungen in Sachen Recycling ist die Schweiz heute in Europa die zweitgrösste Produzentin von Siedlungsabfällen. Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien ist sie ins Hintertreffen geraten. Und über ihre Importe verursacht sie ausserhalb ihrer Grenzen grosse Umweltschäden. 

Adèle Thorens Goumaz sitzt seit 2007 für die Grüne Partei der Schweiz, welche die Volksinitiative «Grüne Wirtschaft» lancierte, im Nationalrat. Zwischen 2011 und 2015 war die Waadtländer Politikerin auch Co-Präsidentin der Grünen. Keystone

Die Initiative «Grüne Wirtschaft» will diese Tendenz umkehren, indem die Vision, bis 2050 eine nachhaltige Wirtschaft zu erreichen, in der Bundesverfassung verankert wird. Die Schweiz würde sich damit etwas mehr als eine Generation lang Zeit geben, die ökologischen Schulden abzubauen, die zum Schaden kommender Generationen angehäuft wurden.

Diese Vision ist nicht revolutionär. Der Bundesrat verfolgt sie auch in seinem Masterplan Cleantech. Und die Europäische Union hat sie jüngst ebenfalls angenommen. Zudem entspricht sie letztlich auch der Strategie «Vision 2050» des World Business Council for Sustainable Development, zu dem Unternehmen wie Firmenich, Novartis, Nestlé, ABB und Toyota gehören.

Damit unsere Wirtschaft bis 2050 nachhaltig wird, muss sie von einer linear funktionierenden Wirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft werden. Heute bauen wir Rohstoffe ab, die oft nicht erneuerbar sind, machen daraus Waren, die wir anschliessend nutzen und rasch wegwerfen. Die Initiative «Grüne Wirtschaft» würde die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft und nachhaltigen Ressourcennutzung in der Verfassung verankern: Das Ziel ist, möglichst viel genutztes Material mehrmals zu verwenden, es neuen Produktions- oder Nutzungskreisläufen zuzuführen, bevor es schliesslich ohne Schaden für die Natur entsorgt wird.

Erneuerbaren und effizienten Technologien muss Vorrang eingeräumt werden, und es müssen Produkte entwickelt werden, die angepasst, repariert, wiederverwertet und ökologisch entsorgt werden können. Abfälle, Verschmutzung und Verschwendung können so effizient verhindert werden.

Entsprechende Technologien der Kreislaufwirtschaft gibt es bereits. Um unsere Umweltbelastung zu reduzieren, müssen wir uns heute nicht mehr Entbehrungen auferlegen. Wir sind nicht mehr in den 1960er-Jahren: Es geht darum, besser zu produzieren, nicht darum, den Konsum einzuschränken. Die Initiative zielt nicht auf das individuelle Verhalten ab, sondern will Rahmenbedingungen für eine verantwortliche Wirtschaft etablieren.

Pragmatische Lösungen – im Dialog mit der Wirtschaft

Das Gemeinwesen kann erneuerbare Energien fördern, die umweltverträgliche Gestaltung von Produkten und Materialien unterstützen, neue Recycling-Bereiche schaffen, unnötiges Packmaterial vermeiden, die Verschwendung von Nahrungsmitteln reduzieren, verlangen, dass Apparate repariert werden können, oder auch neue Geschäftsmodelle bevorzugen, die auf Mieten ausgerichtet sind.

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Wir müssen auch handeln, was unsere ökologische Auswirkung im Ausland angeht. Diese stellt 70% unserer Umweltbelastung dar, und es besteht ein grosses Verbesserungspotential, das der Bundesrat bei seiner Bewertung der Initiative vernachlässigt hat. Es geht vor allem darum, beim Import von Produkten mit grosser Umweltbelastung, wie Palmöl, Holz, Fisch oder Baumwolle, umweltverträgliche Standards zu fördern.

Die Initiative «Grüne Wirtschaft» sieht keine verbindlichen Massnahmen vor, um das Ziel der nachhaltigen Wirtschaft zu erreichen: Bundesrat und Parlament werden die Prioritäten und Etappenziele festlegen. Diese werden den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Subsidiarität, der Verhältnismässigkeit und der freien Wirtschaft unterliegen; daher werden pragmatische Lösungen angestrebt, im Dialog mit der Wirtschaft.

Die Initiative wird denn auch von Swisscleantech und zahlreichen Unternehmen unterstützt, die verstehen, dass eine Wirtschaft, die auf Innovation und Effizienz beruht, wettbewerbsfähiger und autonomer ist und zudem Arbeitsplätze schafft. Auch Konsumenten-Organisationen unterstützen das Begehren: Konsumenten und Konsumentinnen haben genug von der Verschwendung und hoffen, einfacher zu nachhaltigeren Produkten zu kommen, und dies mit einem guten Gewissen. Die Initiative ist an sich eine Selbstverständlichkeit, denn nur eine nachhaltige Wirtschaft wird Wohlstand und Lebensqualität für unsere Kinder und Grosskinder sicherstellen können.

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten der Autorin müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.

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