Sozialhilfe wird in Bern nicht gekürzt
Kürzungen bei der Sozialhilfe, eine höhere Steuer für Topverdiener, eine umstrittene Sonderjagd und eine Gondelbahn in ein Unesco-Weltnaturerbe: drei kantonale Abstimmungen und eine kommunale, die auch ausserhalb der betroffenen Regionen aufhorchen lassen.
Die Bernerinnen und Berner stimmten über eine Kürzung der Sozialhilfe ab. Diese betrifft vor allem junge Erwachsene und vorläufig aufgenommene Ausländer. Gleichzeitig sollen die Anreize für einen Berufseinstieg erhöht werden.
Die umstrittenen Änderungen des Sozialhilfegesetzes hätten es ermöglicht, den Grundbedarf um 8 bis 30% unter die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) zu senken. Bern wäre damit der erste Kanton gewesen, der die nationalen Skos-Richtlinien unterschritten hätte.
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Bern entscheidet über Kürzung der Sozialhilfe
Mit den Leistungskürzungen wollte die bürgerliche Parlamentsmehrheit erreichen, dass Sozialhilfebezüger im Kanton Bern keinen höheren Lebensstandard erreichen als Niedriglohn-Verdiener. Im Gegenzug hätten die Anreize für die berufliche Integration verstärkt werden sollen.
Bekämpft worden war die Revision vom links-grünen Komitee «Für eine wirksame Sozialhilfe» mit einem eigenen Volksvorschlag. Dieser orientierte sich an den Skos-Richtlinien und sah darüber hinaus eine bessere Unterstützung für über 55-jährige Ausgesteuerte vor. Auch der Volksvorschlag fiel beim Stimmvolk durch.
Die Abstimmung setzt für die ganze Schweiz ein Signal. In mehreren Kantonen sind ähnliche Vorstösse hängig, so etwa in den Kantonen Aargau und Basel-Landschaft.
Ja zu höheren Steuern für Grossverdiener
Eine faustdicke Überraschung gibt es bei der Topverdiener-Initiative im Kanton Basel-Stadt: Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger des Kantons wollen die Topverdiener stärker besteuern. Eine Volksinitiative der Jungsozialisten wird mit 52,7% der Stimmen angenommen.
Das Begehren mit dem Titel «Für gerechte Einkommenssteuern in Basel» zielt auf Personen mit einem Jahreseinkommen von über 200’000 Franken. Diese sollen nicht mehr wie bisher einem Grenzsteuersatz von 26%, sondern neu einem Satz von 28% unterliegen. Wer 300’000 Franken oder mehr verdient, soll gar 29% an die Kantonskasse abliefern.
Jung- und Muttertiere schiessen
Im Kanton Graubünden werden über 5000 Hirsche und Tausende Rehe weiterhin auf einer zweistufigen Jagd geschossen. Eine Volksinitiative zur Abschaffung der Sonderjagd im Spätherbst, lanciert aus Jäger- und Naturschutzkreisen, wurde trotz Rekordzahl von Unterschriften an der Urne verworfen.
Die Initianten wollten den zweiten Teil des zweistufigen Jagdkonzepts liquidieren, die Sonderjagd. Diese wird Ende November und Anfang Dezember durchgeführt, wenn auf der ordentlichen Jagd im September zu wenige Hirsche und/oder Rehe geschossen worden sind.
Die Sonderjagd ist seit Jahren umstritten, weil die Vorschriften gelockert wurden. Jung- und Muttertiere dürfen dann geschossen werden. Gegner kritisierten, es komme auf der Sonderjagd zu moralisch, ethisch und jagdlich verwerflichen Szenen.
Die zweistufige Bündner Jagd ist seit 1989 gesetzlich etabliert. Die Volksinitiative zur Abschaffung der Sonderjagd hatte im Parlament, im Bündner Grossen Rat, keine Chance. Nur ein einziger Grossrat von insgesamt 120 stimmte ihr zu.
Flims erhält eine neue Pendelbahn
Das Unesco-Weltnaturerbe Tektonikarena Sardona wird von der Bündner Seite her neu erschlossen. Die Stimmberechtigten in Flims hiessen einen Kredit von 20 Millionen Franken an den Bau einer neuen Pendelbahn mit einem soliden Ja gut.
Der Endpunkt der neuen Bahn soll zu einem Besucherzentrum mit integriertem Restaurant ins Weltnaturerbe-Gebiet oberhalb von Flims führen.
Besucherinnen und Besucher sollen dort unmittelbar vor dem Unesco-Weltnaturerbe Tektonikarena Sardona stehen und die Tschingelhörner mit dem Martinsloch bestaunen können. Die Tektonikarena ist auch bekannt unter dem Namen Glarner Hauptüberschiebung. Das Gebiet im Kantonsdreieck von St. Gallen, Glarus und Graubünden wurde 2008 von der Unesco in den Stand eines Weltnaturerbes gehoben.
Mit der Neuerschliessung soll die Region zum Magnet werden für Natur-, Kultur-, Sport- und Freizeitreisende. Die Gesamtkosten der neuen Bahn belaufen sich auf 80 Millionen Franken. Ebenfalls 20 Millionen Franken soll die Weisse Arena AG beisteuern. Die restliche Finanzierung von 40 Millionen Franken soll über einen Bankkredit und Beiträge erfolgen.
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