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Krisenstab des EDA ist nicht arbeitslos

Der Aufstand der Rothemden in Bangkok sorgte bei Schweizern in Thailand für Angst und Unsicherheit. Keystone

Das Krisenmanagement-Zentrum des Schweizer Aussenministeriums hat den Auftrag, Schweizer Bürgerinnen und Bürgern in schwierigen Situationen zu helfen. Seit Anfang Jahr gab es immer etwas zu tun. Nun ist eine Verstärkung dieser Struktur geplant.

Erdbeben in Haiti, entführte Schweizer auf den Philippinen und im Tschad, eine politische Krise in Thailand: Während den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat die politische Division VI des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bereits 12 mal einen Krisenstab oder eine Task Force eingerichtet.

Zusätzlich zu diesen Notsituationen wird der konsularische Schutz täglich für individuelle Angelegenheiten benutzt, die meistens in den Medien nicht oder kaum erwähnt werden, aber trotzdem grosse diplomatische Anstrengungen erfordern.

«Wir müssen mehr Krisensituationen bewältigen als früher», sagt Markus Börlin gegenüber swissinfo.ch. Er ist der Chef der Politischen Abteilung VI.

Nach zehn Jahren im Dienst der politischen Abteilung VI sagt der Diplomat, dass die Erwartungen der Menschen in Schwierigkeiten im Ausland zugenommen hätten, gleichermassen wie diejenigen der Öffentlichkeit, der Medien und der politischen Verantwortlichen.

Unrealistische Erwartungen

«Die Leute haben manchmal auch unrealistische Erwartungen, was die Geschwindigkeit und das Ausmass der staatlichen Hilfe betrifft, besonders, weil man oft den Einfluss der Botschaften auf die lokalen Behörden überschätzt», merkt Börlin an.

Auch die zeitliche Abfolge von benötigtem Krisenmanagement hat sich gemäss Börlin gesteigert. Der Einsatz moderner Kommunikationsmittel wie beispielsweise Twitter, wie es im Iran, in Bangkok oder Haiti der Fall war, hat zu dieser Beschleunigung beigetragen.

Im Falle einer Krise «muss die Maschinerie sofort in Gang gesetzt werden», sagt Markus Börlin. Wenn eine Hotline eingerichtet werden muss, sind 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des EDA, alle freiwillig, mobilisierbar.

Dieser Service wurde nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf New York und Washington professionalisiert, als in wenigen Stunden tausende Anrufe beim EDA eingingen.

Um dem Anstieg der Krisensituationen und ihrer Komplexität gerecht zu werden, ist vorgesehen, ein neues Krisenmanagement-Zentrum in Bern einzurichten. Es wird telefonisch während 24 Stunden bedient sein.

Grenzen erreicht

Das Miliz-Pikettsystem hat seine Grenzen erreicht, wie der Verantwortliche des EDA kürzlich anlässlich der Krise in Thailand festgestellt hat. Die Schweizer Botschaft in Bangkok, die mitten im betroffenen Stadtteil angesiedelt ist, musste ihre Geschäfte zeitweise andernorts weiterführen und war somit nicht voll funktionsfähig.

Damit musste Bern Vermittlerin spielen, auch während der Nacht: «In fünf Tagen haben wir 36’000 SMS und E-Mails an die über 6000 Schweizerinnen und Schweizer in Thailand verschickt», erklärt Christian Dussey, Chef Krisenmanagement und Reisehinweise im EDA.

Die Verbesserung der Kapazitäten im Krisenmanagement der Botschaften ist daher eine der grossen Baustellen in der Politischen Abteilung VI. Jede Schweizer Vertretung sollte ein Krisen-Dispositiv haben, das regelmässig neu bewertet wird.

Heisst das, dass die Reaktion einiger Botschaften bei früheren Krisen nicht angemessen war? Börlin und Dussey ziehen es vor, von fehlender Erfahrung zu sprechen. Denn es gibt Länder, in denen ein Botschafter 5 bis 6 Jahre arbeitet, ohne je mit einer grösseren Krise konfrontiert geworden zu sein.

Bereit sein

Doch in den Schweizer Botschaften gibt es ein zunehmendes Bewusstsein, wie wichtig es ist, für eine «grosse Krise» bereit zu sein. Parallel zu den obligatorischen Krisenmanagement-Kursen ersuchten die Leiter der Botschaften um weitergehende Kurse in diesem Bereich, betont Dussey.

Es gibt indessen aussergewöhnliche Situationen, wie der Tsunami am Jahresende 2004. In einer solchen Lage kann eine Botschaft nicht alles allein machen. Deshalb wurde ein Pool mit 220 Experten, ebenfalls freiwillige Mitarbeiter des EDA, gebildet, um in solchen Fällen die Botschaften zu unterstützen.

Nach all den vielen Jahren der Krisenerfahrungen ist Markus Börlin, der schon bald das Botschafteramt in Den Haag übernimmt, manchmal erstaunt über das Verhalten von Schweizern im Ausland, die manchmal trotz der Warnungen in der Rubrik «Ratschläge an Reisende» auf der EDA-Website unbedachte Risiken eingehen.

Federico Bragagnigni, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen: Eveline Kobler)

Rund 2500 bis 3000 Schweizer Fans reisten der Schweizer Nationalmannschaft nach Südafrika nach, um die Spiele vor Ort zu verfolgen.

Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat für sie eigens ein mobiles Konsulat eingerichtet.

In den drei südafrikanischen WM-Städten Durban, Port Elizabeth und Bloemfontein wurden in der Nähe der Stadien Minibusse platziert, wo sich Schweizer bei Bedarf hinwenden konnten.

Konsularische Fälle im engeren Sinn gab es laut EDA lediglich ein halbes Dutzend: Das Konsulats-Team bearbeitete mehrere Passverluste, stellte so genannte Laissez-passer für die Rückreise in die Schweiz sowie Beglaubigungen aus.

Mit dem Aus des Schweizer WM-Traums in Südafrika geht laut EDA-Sprecher Georg Farago auch die Mission des fahrenden Konsulats zu Ende.

Die politische Abteilung VI des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wurde 1999 nach dem Terroranschlag in Luxor geschaffen, um bei Grossereignissen ein effizientes Krisenmanagement zu gewährleisten.

Die Abteilung umfasst den Auslandschweizerdienst, die Sektion Konsularischer Schutz und die Dienststelle Reisehinweise und Krisenmanagement.

Der Auslandschweizerdienst vertritt rund 700’000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

Die Dienststelle Reisehinweise und Krisenmanagement bietet namentlich Reisehinweise und Informationen über die Sicherheitslage in 157 Ländern.

Die Sektion Konsularischer Schutz bearbeitet jährlich rund 1000 Fälle.

In den ersten 6 Monaten des laufenden Jahres hat das EDA 12 Mal eine Task Force oder einen Krisenstab eingesetzt:

– Erdbeben in Haiti (12. Jan.)
– Blockierte Touristen in Machu Picchu (26. Jan.)
– Erdbeben in Chile (27. Feb.)
– Militärputsch in Guinea Bissau (1. April)
– Geiselnahme eines Schweizers auf den Philippinen (5. April, befreit am 16. Juni)
– Putsch und Zusammenstösse in Kirgistan (7. April)
– Geiselnahme eines Schweizer IKRK-Mitarbeiters in der Deomkratischen Republik Kongo (8. April, befreit am 16. April)
– Vulkanausbruch in Island (18.-22. April)
– Politische Krise und Zusammenstösse in Thailand (März-24. Mai)
– Zusammenstösse in Jamaika (24.-27. Mai)
– Zusammenstösse in Kirgistan, Evakuierung von Schweizern im Süden des Landes (10. Juni)
– Geiselnahme eines Schweizers in Tschad (6.-15. Juni)

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